„Es war ein brillantes Finale“
„Die Freude, Europameister zu sein, ist viel größer, als unter zehn Sekunden zu rennen.“ So jubelte Christophe Lemaitre am Mittwochabend nach seinem Triumph über 100 m bei der EM in Barcelona. Der 20-jährige Franzose ist damit zum neuen Sprint-„Kometen“ Europas aufgestiegen. „Es ist das pure Glück. Ich wollte diese Medaille so sehr“, jubelte er nach seinem Sieg in 10,11 Sekunden.
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Es war die langsamste Siegerzeit seit 16 Jahren. Der schmächtige Lemaitre ist ein Gegenentwurf zu muskelbepackten Sprintern wie etwa Ex-Europameister Dwain Chambers. Als er mit einem Strohhut auf dem Kopf in den Katakomben des Olympiastadions von 1992 Rede und Antwort stand, wirkte er mehr wie ein verspielter Bub und nicht wie ein überlebensgroßer Actionheld a la Usain Bolt.
Die nach dem Finale angestellten Schwarz-Weiß-Vergleiche waren so überhaupt nicht nach seinem Geschmack, „abwegig“ fände er das. „Es kommt nicht auf die Hautfarbe an, sondern auf die Lust, die Bissigkeit, das Training. Das ist das Wichtigste.“
„Wie ein Verrückter beschleunigt“
Im EM-Finale musste der in der Olympia-Kandidatenstadt Annecy geborene Athlet hart um den Sieg kämpfen. „Ich hatte keinen tollen Start und habe dann wie ein Verrückter beschleunigt. Es war schwer“, berichtete Lemaitre, der als Jugendlicher zunächst mit Fußball und Rugby begann. Entdeckt wurde er von seinem Trainer Pierre Carraz, der ihn auf einem Marktplatz Probeläufe machen ließ. Um seine Körper zu schonen, lässt ihn der Coach zu 80 Prozent auf Rasen trainieren.

AP/Manu Fernandez
Christophe Lemaitre lässt sich von Dwain Chambers gratulieren
„Er ist talentiert, ehrgeizig und überhaupt nicht eingebildet“, urteilte Alain Blondel, der frühere französische Zehnkämpfer über den Elektrotechnik-Student aus Aix-les Bains. Den entfachten Rummel um seine Person versucht der eher introvertierte Lemaitre gelassen zu nehmen. „Das Interesse ist gewachsen, so wie für jeden Europameister“, meinte er, „aber ich weiß, dass es ein Teil meines Jobs ist - und ich tue mein Bestes.“
Noch einige Ziele unerreicht
Besser werden will er auch auf der Bahn. „Die zehn Sekunden zu unterbieten, sind nur ein Schritt gewesen, kein Ziel“, sagte Lemaitre, der sich eine Beschleunigung auf 9,92 Sekunden noch zutraut. „Da bleibt noch eine Menge Arbeit. Ich bin heiß“, sagte Lemaitre, der mit seinen 9,98 Sekunden bei den französischen Meisterschaften einen Titel für die Ewigkeit gewann: Erster weißer Sprinter, der unter der Zehn-Sekunden-Barriere blieb.
Lemaitre hat nun mit möglichen Siegen über 200 Meter - das Halbfinale erreichte er am Donnerstag locker mit 20,64 Sekunden - und der Sprint-Staffel die Chance mit einem Titel-Triple erfolgreichster Athlet der EM zu werden. Trotzdem will er weiter studieren und sich seinen ruhigen Hobbys widmen: Fernsehen und sich mit dem Computer beschäftigen.
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