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Es hat sich viel getan

Chronologie der wichtigsten Ereignisse in Dopingfällen, in die der Sportmanager und ehemalige Leichtathlet Stefan Matschiner verwickelt war. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

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2003: Der international mäßig erfolgreich gewesene Mittelstreckenläufer Matschiner gründet mit Manfred Kiesl die Athletenagentur International Sports Agency. Dessen Ehefrau Theresia Kiesl war 1996 Olympiadritte über 1.500 m. In Kiesls Wohnhaus waren 1997 Dopingmittel beschlagnahmt worden. Matschiner hat bis zum Auftauchen der ersten Dopingverdächtigungen zahlreiche Spitzenleichtathleten unter Vertrag. Außerdem nehmen mehrere heimische Sommer- und auch Wintersportler seine Dienste als Trainings- und Ernährungsberater in Anspruch.

18.02.2006: Matschiner weilt auf Einladung des für die folgenschweren Dopingrazzien in den Privatquartieren der österreichischen Langläufer und Biathleten hauptverantwortlichen und vom IOC gesperrten Trainers Walter Mayer als „Privatperson“ bei den Olympischen Winterspielen in Turin.

25. Juli 2007: Matschiners Schützling Michael Rasmussen steigt als Träger des Gelben Trikots bei der Tour de France aus. Der Däne wird beschuldigt, mehrere Dopingkontrollen verpasst zu haben. Rasmussen wird im Juli 2008 für zwei Jahre gesperrt.

9. Mai 2008: Mit Lisa Hütthaler wird eine Kundin des Sportmanagers positiv auf EPO getestet. Die Triathletin bestreitet zunächst Doping. Später wird die Wienerin, die außerdem wegen der versuchten Bestechung einer Labormitarbeiterin schuldig gesprochen wird, jahrelanges Doping zugeben. Im April 2009 wird sie für 18 Monate gesperrt.

August 2008: Das neue Anti-Doping-Gesetz mit schärferen Strafbestimmungen tritt in Kraft. Der Grundsatz, dass der dopende Sportler selbst straffrei bleibt, gilt jedoch weiter. Gerichtlich strafbar soll nur sein, wer Doping bei einer anderen Person anwendet oder auf der Verbotsliste stehende Substanzen in Verkehr bringt. Es drohen bis zu fünf Jahre Haft.

13. Oktober 2008: Radprofi Bernhard Kohl wird kurz vor der Wahl zu Österreichs Sportler des Jahres des Dopings überführt. Der Dritte der Tour de France wurde während der Rundfahrt positiv auf CERA getestet. Kohl, der bei Matschiner unter Vertrag steht, erklärt zwei Tage später an der Seite seines Managers, „der Versuchung erlegen“ zu sein. Ende November wird Kohl gesperrt. Umfassende Geständnisse über jahrelanges Doping folgen erst später.

Jänner 2009: Die zehnköpfige SoKo Doping wird im Bundeskriminalamt eingerichtet. Sie widmet sich Dopingverdachtsfällen und führt diesbezüglich Ermittlungen durch. Sie trägt bis Ende 2009 Tausende Seiten an Akten zusammen und ermittelt gegen zahlreiche Verdächtige aus dem Spitzen- und Breitensport. Auf ihre Ermittlungsergebnisse stützen sich auch etliche spätere Dopingverfahren der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA) gegen österreichische Sportler.

22. März 2009: Der ehemalige ÖSV-Erfolgstrainer Walter Mayer wird verhaftet. Mayer wird verdächtigt, EPO bezogen und weitergegeben zu haben. Drei Tage später wird gegen Mayer die U-Haft verhängt, sie dauert bis 30. April.

27. März 2009: Hütthaler nennt in einem verspäteten Dopinggeständnis im Zusammenhang mit Dopinglieferanten die Namen Andreas Zoubek und Matschiner. Letzterer soll die Triathletin mit EPO versorgt und auch Blutdoping betrieben haben. Auch Hütthalers Ex-Freund belastet Matschiner, der sich zu diesem Zeitpunkt in den USA aufhält. Der Sportmanager dementiert die Vorwürfe.

31. März 2009: Matschiner wird nach seiner Rückkehr nach Österreich wegen Verdunkelungs- und Tatbegehungsgefahr verhaftet und bleibt bis 7. Mai hinter Gittern. Nach Hütthaler belastet nun auch Kohl seinen ehemaligen Manager öffentlich schwer. Der Niederösterreicher gibt an, dass er seit seinem ersten Kontakt mit Matschiner im Jahr 2005 gedopt habe. Matschiner habe ihm EPO, Wachstumshormon, Insulin und Testosteron besorgt und Blutdoping durchgeführt.

Kohl gibt zudem an, Kunde von Humanplasma gewesen zu sein. Er sei mit Matschiner dreimal in der Wiener Plasmapheresestation im 9. Bezirk gewesen und hätte dort Blutdoping durchgeführt. Der letzte Bluttransfer habe im September 2008 stattgefunden - und damit in einer Zeit, für die das neue Anti-Doping-Gesetz gilt. Kohl kooperiert seit Jahresbeginn 2009 mit der SoKo Doping.

Mai 2009: Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun auch gegen Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann. Der Oberösterreicher steht demnach unter dem „begründeten Verdacht“ des Blutdopings. Er soll Miteigentümer der von der SoKo Doping im Zuge der Ermittlungen gegen Matschiner sichergestellten Blutzentrifuge gewesen sein.

31. Dezember 2009: Hoffmann erklärt nach der Suspendierung durch die Nationale Anti-Doping-Agentur seinen Rücktritt. Der Olympiasieger von 2002 bestreitet die Vorwürfe, wonach er Blutdoping betrieben haben soll.

10. Juni 2010: Anders als seine ehemaligen Schützlinge Kohl und Hoffmann, denen ein Strafprozess erspart bleibt, muss sich Matschiner vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft bringt beim Wiener Straflandesgericht einen Strafantrag gegen ihn ein. Darin wird dem Oberösterreicher Blutdoping im Sinne des §22a Anti-Doping-Gesetz vorgeworfen, wobei er dieses mittels einer eigens dafür angeschafften Blutzentrifuge betrieben haben soll.

Die Zentrifuge soll von Kohl, Rasmussen und Hoffmann mitfinanziert worden sein, was zumindest Kohl inzwischen auch zugegeben hat. Zudem wird Matschiner vorgeworfen, gegen §84 Arzneimittelgesetz verstoßen zu haben, indem er von 2005 bis 2008 Sportler mit illegalen Präparaten versorgt haben soll.

12. August 2010: Der Prozess gegen Matschiner am Wiener Straflandesgericht beginnt, mehrere Zeugen fehlen entschuldigt. Matschiner bekennt sich zum Teil schuldig. Von 2005 bis 2008 habe er an acht von ihm betreute Sportler illegale Präparate wie EPO, Testosteron und Wachstumshormone weitergegeben. Konkret versorgte er Kohl, dessen Schweizer Gerolsteiner-Teamkollegen Markus Zberg sowie Hütthaler. Die fünf weiteren Abnehmer nennt Matschiner jedoch nicht.

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