„Der Sterbende muss runter vom Asphalt“
Nach dem tragischen Unfall von Shoya Tomizawa in Misano wird wieder über Sicherheit diskutiert. Doch der Tod wird im Motorradsport ständiger Begleiter bleiben. Umfangreiche Sicherheitsmechanismen bei Strecke und Ausrüstung werden Rennunfälle nie verhindern können. Sowohl der in Indianapolis verunglückte Peter Lenz als auch Tomizawa wurden nach Stürzen von nachfolgenden Fahrern überrollt.
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APA/EPA/ANSA
Schreckliche Bilder überschatteten den Grand Prix in Misamo.
Was Fans und Zuschauer am Sonntag fassungslos machte, war aber auch die kaltblütige Pietätlosigkeit, das WM-Rennen fortzusetzen. Als Tomizawa im Krankenhaus schon seinen schweren Verletzungen erlegen war, wurde sogar noch die Siegerehrung abgehalten. Dementsprechend heftig fielen am Montag auch die Reaktionen der internationalen Sportpresse aus - vor allem in den Motorradsport-Kernländern Italien und Spanien.
„La Repubblica“: „Die Show muss weitergehen, der Tod existiert nicht einmal. Er ist nicht da, wegradiert. Das ist es, was den Zuschauern vermittelt werden soll. Den Tod gibt es am Rande, in Form des prickelnden Risikos, das die Fans anzieht, aber ihnen nicht den Spaß verderben darf. In aller Eile wird Tomizawa von der Piste geschafft, ohne das Rennen zu unterbrechen. Der Sterbende muss runter vom Asphalt, aus den Augen, aus dem Rampenlicht der Fernsehschirme, aus dem Herzen des Publikums. Und so hat der Große Preis des Grauens eine weitere Runde gedreht.“
„La Gazzetta dello Sport“: „Man darf sich nicht hinter falschem Moralismus verstecken. Rennen sind gefährlich, und das Risiko gehört dazu. Aber wenn man innerhalb von sieben Tagen zweimal mit dem Tod konfrontiert wird, dann hinterlässt das Spuren. Warum hat man nicht die Siegerehrung verhindert? Das wäre eine Geste des Respekts gewesen. Man wäre das den armen Eltern in Japan schuldig gewesen, die soeben ihren Sohn live im Fernsehen haben sterben sehen.“
„Tuttosport“: „Ein Motorrad-Schock: Tod in Misano. Eine Tragödie.“
„Corriere dello Sport“: „Eine Tragödie in Misano. Aber das Rennen geht weiter und sorgt für heftigen Streit.“
„Il Giornale“: „Niemand hatte den Mut, das Rennen zu stoppen.“
„As“: „Tomizawa starb, weil er einen gefährlichen Beruf ausübte. Das Fahren von Motorradrennen ist ein Job für wagemutige Typen, die unbedingt schneller sein wollen als die Rivalen und die davon träumen, Rennen zu gewinnen und Titel zu holen. Beim Tod von Tomizawa muss sich niemand Nachlässigkeiten oder Fehler ankreiden lassen. Der Unfall war einfach Pech. Da kann man die Sache drehen und wenden, wie man will.“
„El País“: „Der Tod ist nicht das Ende eines Motorradrennens. Trotz des Unfalls von Tomizawa wurde die Rennveranstaltung nicht abgebrochen.“
„El Periodico de Catalunya“: „Die Spanier erreichten den sechsten Dreifach-Sieg der Saison, aber der Tod des Japaners Tomizawa überschattete alle Erfolge. Selbst die Sieger verließen Misano mit Tränen in den Augen. Sie wissen, dass es in zwei Wochen beim nächsten Rennen auch sie treffen kann.“
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