Aktionen offenbar gezielt geplant
Serbische Hooligans haben erneut für einen Skandal gesorgt. Mit dem erzwungenen Abbruch des EM-Qualifikationsspiels gegen Italien rückten angereiste Krawallmacher die Nationalelf Serbiens am Dienstagabend einmal mehr in ein schlechtes Licht. Serbiens Verbandspräsident Tomislav Karadzic bezeichnete die Vorkommnisse als „Schande“ und „Angriff auf unseren Staat“.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Nachdem gewaltbereite serbische Fußballfans bereits vor der Partie Feuerwerkskörper und Rauchbomben in den italienischen Zuschauersektor und auf das Spielfeld geworfen hatten, war die Partie bereits mit einer 25-minütigen Verspätung angepfiffen worden. Nach sechs Minuten musste dann aber endgültig abgebrochen werden. Erneut hatten Serben Knallkörper auf den Rasen geworfen und dabei auch Italiens Torhüter Emiliano Viviano in Gefahr gebracht. Nach Beratungen mit dem UEFA-Beobachter beendete der schottische Schiedsrichter Craig Thomson die Begegnung.

AP/Fabio Ferrari, Lapresse
Serbische Hooligans machten den Fußball in Genua zur Nebensache.
Gegen Mitternacht kam es erneut zu schweren Ausschreitungen. Serbische Hooligans versuchten, die Sperren rund um das Stadion zu durchbrechen. Sie bewarfen die Polizisten mit Knallkörpern, Glasflaschen, Steinen und Tränengas. Die Polizei lieferte sich mit den Hooligans eine regelrechte Straßenschlacht und bekam die Situation erst am Mittwoch in der Früh unter Kontrolle. Nachdem sie auf einem Parkplatz in Stadionnähe zusammengetrieben worden waren, verließen mehr als 2.000 serbische Fans Genua in Bussen unter Polizeieskorte.
138 Serben in Polizeigewahrsam
17 Serben wurden verhaftet, 138 befanden sich am Mittwoch noch in Polizeigewahrsam. Sie wurden von den Behörden identifiziert. Die Polizei beschlagnahmte Dutzende von Knallkörpern, Messer und weitere gefährliche Gegenstände. „Es hätte zu einer neuen Tragödie wie im Brüsseler Heysel-Stadion kommen können“, berichtete ein Polizeisprecher in Erinnerung an die Katastrophe 1985, als 39 Menschen zu Tode kamen. 20 Personen wurden diesmal bei den schweren Ausschreitungen verletzt. Die schwersten Blessuren erlitt ein Polizist durch die Explosion eines Feuerwerkkörpers vor seinem Gesicht.
Die Aktionen der Hooligans scheinen präzise geplant gewesen zu sein. Laut Karadzic hätten Anhänger die zuletzt unter den Erwartungen spielende Nationalelf „zwei Tage lang in ihrem Hotel belagert“. Bevorzugtes Ziel war dabei Torhüter Vladimir Stojkovic, der nach einem Angriff auf den Mannschaftsbus bei der Anreise ins Stadion sogar für seinen Ersatzmann Zeljko Brkic Platz machte.
Goalie Stojkovic tätlich angegriffen
Laut serbischen Medienberichten hatten Fans den Bus bei der Anfahrt ins Stadion Marassi abgepasst und mit Bengalen beworfen. Laut dem Nachrichtensender B-92 wären einige „Fans“ sogar in den Bus gelangt. Sie hätten eine Fackel entzündet und wollten Stojkovic damit attackieren. Dessen Teamkollegen hätten das gerade noch verhindert.
Der nun für Partizan Belgrad spielende Stojkovic hatte seine Karriere beim verhassten Stadtrivalen Roter Stern begonnen. Der 27-Jährige war bereits bei der 1:3-Heimniederlage gegen Estland am vergangenen Freitag permanent ausgepfiffen und derb beschimpft worden.
Der Coach der italienischen Nationalmannschaft, Cesare Prandelli, reagierte schockiert auf die Vorkommnisse. „Ich bin erschüttert und zutiefst enttäuscht. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Wie uns einige serbische Spieler gesagt haben, wurde alles im Voraus geplant“, sagte der Trainer. Der serbische Kapitän Dejan Stankovic, Mittelfeldspieler bei Inter Mailand, entschuldigte sich bei der italienischen Mannschaft.
„Stankovic ist in Tränen ausgebrochen“, sagte Italiens Gianluca Zambrotta. „Er hat sich entschuldigt und behauptet, dass die Ausschreitungen vor dem Match organisiert worden waren. Es ist ein Skandal, dass Kinder im Stadion diese verheerenden Szenen miterleben mussten.“
UEFA entscheidet über Sanktionen
Die UEFA wird nun entscheiden, ob die Spitzenpartie der Gruppe C nachgeholt oder Italien am grünen Tisch zum Sieger erklärt wird. Wahrscheinlich ist, dass die Partie nachträglich mit 3:0 für Italien strafverifiziert wird. Zunächst will man die Berichte der Offiziellen abwarten und bei der nächsten Sitzung der Strafkommission am 28. Oktober über Sanktionen entscheiden. Diese reichen von einer Geldstrafe über ein Stadionverbot bis zum Ausschluss aus laufenden oder künftigen Wettbewerben.
Letztere Variante scheint am wahrscheinlichsten zu sein. Serbien wird sich außerdem auf Sanktionen vonseiten des europäischen Fußballverbandes einstellen müssen. Italien hatte nach drei Spielen sieben Punkte auf dem Konto, Serbien liegt mit vier Zählern klar unter den Erwartungen.
Mafia hinter Krawallen?
Das serbische Boulevardblatt „Press“ behauptete am Mittwoch unter Berufung auf Polizeiquellen, dass hinter den Randalierern flüchtige serbische Mafia-Bosse stecken, die nach den Krawallen vom Sonntag bei einer Belgrader Homosexuellenparade Chaos stiften wollten. Die Ausschreitungen in Genua seien militärisch organisiert gewesen, mit dem Fußball habe das nichts zu tun gehabt.
Es gebe Pläne, breitere Unruhen in Serbien auszulösen, meinte die im Blatt zitierte Quelle auch in Anspielung auf den flüchtigen Mafia-Boss Darko Saric. Von offiziellen Stellen wurden die Angaben allerdings nicht bestätigt. Der Staatssekretär des Justizministeriums, Slobodan Homen, meinte gegenüber dem TV-Sender B-92, dass sich die Krawalle gegen den europäischen Weg Serbiens richten würden.
Links: