Kontinuität als nächstes Ziel
Monatelang hat ÖFB-Teamchef Dietmar Constantini an seinem Kader gebastelt. Über 40 Spieler berief der 55-Jährige seit seinem Amtsantritt im März 2009 ins Nationalteam, ohne dabei wirklich eine Stammformation gefunden zu haben. Nach drei EM-Quali-Spielen und sieben Punkten haben sich aber nun einige Spieler aufgedrängt, um endlich so etwas wie Kontinuität im ÖFB-Team einzuleiten.
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Willen, Entschlossenheit, Moral und Einsatz kann man dem gesamten Team absolut nicht abstreiten. Das alleine reicht aber noch lange nicht, um tatsächlich am Ende den Traum von einem Ticket für die EM-Runde zu realisieren. Bei Passgenauigkeit, Zuordnung und Raumaufteilung gilt es im taktisch-spielerischen Bereich zuzulegen. Auch in der Personalie sind noch Baustellen, obwohl sich gegen Kasachstan, Aserbaidschan und Belgien zumindest ein Gerüst herauskristallisiert hat.
Tormann:
Michael Gspurning, Helge Payer, Christian Gratzei und Jürgen Macho hüteten unter Constantini, der sich lange nicht auf eine Nummer eins festlegen wollte, bereits das ÖFB-Tor. Die Würfel sollten nun aber endgültig zugunsten Machos gefallen sein. Obwohl am zweiten Tor der Belgier nicht schuldlos, zeigte der 33-Jährige bei mehreren Glanzparaden seine Qualitäten und erhebt zu Recht Anspruch auf das Einserleiberl.

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Jürgen Macho war gegen Belgien sehr oft glänzend auf dem Posten.
Innenverteidigung:
Sattelfest sieht anders aus. Wenn bereits Belgien, das unbestritten in der Offensive individuelle Klasse besitzt, vier Tore erzielt und Chancen auf noch mehr Treffer hat, dann sollte das angesichts kommender Gegner wie Deutschland und Türkei zu denken geben. Sebastian Prödl leistet sich Stellungsfehler, die ins Auge gehen, und ist noch nicht der Abwehrchef, der für Ordnung sorgt. Auch „Aushilfskraft“ Franz Schiemer war gegen Belgien nicht immer Herr der Lage.
Für die nötige Stabilität könnte allerdings Emanuel Pogatetz sorgen. Ein fitter Pogatetz sollte in der Innenverteidigung gesetzt sein und mit seiner Routine für mehr Ordnung sorgen. Auch Aleksandar Dragovic ist weiter eine Alternative. Am wichtigsten wird aber sein, dass ein Innenverteidigerduo gebildet wird, das öfters zusammenspielt, denn auf keiner anderen Position ist blindes Verständnis so wichtig, wie auf dieser.

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Mainz-Legionär Fuchs ist links in der Viererkette nicht wegzudenken.
Außenverteidigung:
Christian Fuchs ist - auch aufgrund fehlender Alternativen - auf der linken Seite ein absoluter Fixposten. Wichtig wird sein, mit dem vor ihm sehr offensiv ausgerichteten Marko Arnautovic eine Abstimmung zu finden, damit Fuchs hinten nicht zu oft auf sich alleine gestellt ist und im Spiel nach vor auch seine Qualitäten einbringen kann.
Die rechte Abwehrseite ist hingegen eine der Baustellen im ÖFB-Team. Ekrem Dag konnte vor seiner Verletzung nicht unbedingt überzeugen. Auch Florian Klein ist wohl momentan nicht der gesuchte Spieler, der diese Position längerfristig besetzen könnte. Die Alternativen sind dünn gesät. György Garics ist bei Constantini unten durch. Franz Schiemer bekleidete bereits eine Zeitlang diese Position, ist aber an anderer Stelle besser aufgehoben.
Defensives Mittelfeld:
Diese Position ist ebenfalls ein Stiefkind im ÖFB-Team. Mit Paul Scharner, Julian Baumgartlinger, Franz Schiemer und Yasin Pehlivan kämen zwar dafür gleich vier Spieler infrage, keiner davon ist allerdings unumstritten und in seinem Spiel, das vor allem eine hohe Passgenauigkeit, technische Fähigkeiten, Ballsicherheit und ein großes Laufpensum erfordert, für das Nationalteam unersetzlich.
Scharner muss sich nicht nur wegen seiner völlig unnötigen und entbehrlichen Rot-Aktion hinterfragen. Die Leistungen des 30-Jährigen fallen im Nationalteam nicht so aus, wie man es von einem Spieler, der seit Jahren in England spielt, erwarten könnte. Viel eher ist er ohne Qualitätsverlust durch einen der drei anderen Spieler austauschbar. Aufgrund seiner Sperre von zumindest zwei Spielen, könnte Constantini eine Entscheidung bezüglich Scharner abgenommen werden.

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Junuzovic könnte auf Dauer die Position in der Zentrale bekleiden.
Offensives Mittelfeld:
Die Achse Arnautovic-Junuzovic-Kavlak hat Zukunft. Nicht nur, weil alle mit Anfang zwanzig noch sehr junge Spieler sind, sondern weil sie mit ihren Qualitäten für Spielkultur sorgen könnten. Arnautovic ist schwer zu kontrollieren und macht das ÖFB-Spiel damit unberechenbarer. Allerdings ist der 21-Jährige, der im Spiel nach hinten noch Mankos hat, auf der linken Seite wohl besser aufgehoben als rechts.
Junuzovic ist als zentraler Spielmacher sicher nicht ideal besetzt, konnte aber, nach einigen Experimenten auf dieser Position, diesen Part bislang am besten erfüllen. Kavlak hat wiederum das Auge, um seine Mitspieler mit Pässen zu füttern. Auch hier gilt, diesem Trio entsprechend Spielpraxis zu geben, um sich aufeinander abzustimmen. Mit Jakob Jantscher, Martin Harnik oder vielleicht auch wieder Ümit Korkmaz und David Alaba gibt es Alternativen.
Angriff:
Ausgehend von einem System mit einer Spitze wird es der Teamchef auf dieser Position schwer haben, sich bei den kommenden Spielen auf Stefan Maierhofer oder Marc Janko festzulegen. Maierhofer hat nach seinen Vorstellungen bei Constantini wohl einen Stein im Brett. Der Duisburg-Legionär ist kein Feinmechaniker und auch nicht der schnellste Spieler, überzeugte aber mit bedingungslosem Einsatz, großer Laufbereitschaft und als Antreiber.
Mit seiner Kampfkraft passt Maierhofer vielleicht besser ins Mannschaftsgefüge als Janko. Der Kapitän ist ohne Zweifel der bessere Fußballer, verschwindet aber allzu gerne von der Bildfläche, wenn ein Spiel nicht nach Wunsch läuft. Roman Wallner, Erwin Hoffer und Roland Linz, dessen Rolle als hängende Spitze wohl zu den Akten gelegt wurde, werden wahrscheinlich in Zukunft nur zu spiel- und systemabhängigen Einsätzen kommen.
Christian Wagner, ORF.at
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