Gedenken in ruhigem Rahmen
Der erste Todestag von Robert Enke soll am Mittwoch in Hannover ruhig verlaufen. Die Tragödie um den ehemaligen deutschen Nationaltorwart macht auch ein Jahr danach viele Menschen traurig und betroffen. Er litt unter Depressionen und beging am 10. November 2009 Selbstmord.
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Doch anders als im letzten November, als die Anteilnahme ungeahnte Dimensionen annahm und zu der größten Trauerfeier im deutschen Sport führte, wird diesmal in einem sehr viel kleineren Rahmen an den Fußballprofi von Hannover 96 erinnert. Auf Wunsch der Witwe Teresa Enke ist die Öffentlichkeit bei der kleinen Zeremonie ausgeschlossen.

GEPA/Witters
Vor einem Jahr trauerten die Fans um Robert Enke.
Die 96-Profis bleiben ebenfalls unter sich. Coach Mirko Slomka hat für den Club von ÖFB-Legionär Emanuel Pogatetz ein Vormittagstraining ohne Zaungäste angesetzt. Freunde, Fans und Enkes Mitspieler können sich in einem extra aufgebauten Zelt im Nordbereich des Stadions an den Profi erinnern.
„Ein Stück mehr Menschlichkeit“
„Fußball ist nicht alles. Denkt nicht nur an den Schein. Denkt auch an das, was in den Menschen ist, an Zweifel und Schwäche“, hatte DFB-Präsident Theo Zwanziger bei der Trauerfeier vor einem Jahr gesagt. „Ein Stück mehr Menschlichkeit, ein Stück mehr Zivilcourage, ein Stück mehr Bekenntnis zur Würde des Menschen, des Nächsten, des anderen. Das wird Robert Enke gerecht.“
Was ist nach einem Jahr geblieben von den Appellen und Aufrufen zur Zivilcourage? „Von den Fans erwarte ich nicht, dass sie von heute auf morgen anders sind. Das sind Menschen unterschiedlichen Bildungsgrades, da sind Emotionen, da geht es ums Gewinnen“, so Zwanziger heute. „Was sich nun in unserer Gesellschaft seit dem schrecklichen Tod von Robert Enke geändert hat, das kann man nicht messen. Das sind Prozesse, die viele Jahre dauern. Für mich ist es jedenfalls gut, dass man sich ein Jahr danach wieder so intensiv mit diesem Thema beschäftigt.“
„Viel heiße Luft“
Zwischen November 2009 und November 2010 jedoch ließen die Themen Wettbetrug, Spielmanipulation, Gewaltausbrüche in den Stadien, Schiedsrichteraffären und Trainerrauswürfe die Forderungen Zwanzigers nach Fair Play und Respekt zu Worthülsen verkommen.
Laut Rene Adler hat sich nichts an den Sitten und dem Umgang im Profifußball geändert. „Nach dem tragischen Tod von Robert ist zwar viel heiße Luft fabriziert worden, geändert hat sich aber nichts. Aber so ist wohl dieses Geschäft“, sagte der Teamtorhüter von Bayer Leverkusen. Man bezeichne Fußballer schon einmal als moderne Gladiatoren, „und ich denke, dass da etwas dran ist“.
Die Leute kämen Woche für Woche ins Stadion, würden dafür sehr viel Geld bezahlen und wollten Kampf und Leidenschaft sehen. „Für Schwäche ist aber kein Platz, das wollen die Zuschauer nicht, das will die Gesellschaft nicht sehen. Ich bedauere das sehr“, sagte der Nachfolger von Enke im deutschen Nationalteam. Letztlich sei das wohl auch der Schnelllebigkeit des Fußballs geschuldet. „Wer heute noch der Messias ist, kann drei Tage später schon der Versager sein. Es gibt nur schwarz und weiß, keine Grautöne“, sagte Adler.
Wiederholung nicht ausgeschlossen
Auch der deutsche Sportphilosoph Gunter Gebauer warnte vor grenzenloser Gier nach unverwundbaren Helden und befürchtet eine Wiederholung der Ereignisse. „Ein Fall Enke könnte sich jederzeit wiederholen. Es ist nichts geschehen, was ihn verhindern könnte“, so Gebauer. Zwar gebe es in der Wahrnehmung einzelner Sportler und Zuschauer „eine gewisse Sensibilität für das Thema Depression“, aber „das Sportsystem selbst wird sich dadurch nicht verändern“.
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