Korruption überschattet Doppelvergabe
Elf Länder fiebern einer Premiere des Fußball-Weltverbands (FIFA) am Donnerstag (voraussichtlich ab 16.00 Uhr) im FIFA-Hauptsitz in Zürich entgegen. Das Exekutivkomitee vergibt erstmals zwei Weltmeisterschaften gleichzeitig. Die Vergabe stand im Vorfeld allerdings im Schatten von Korruptionsvorwürfen.
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Die WM 2018 wird in Europa stattfinden, die WM 2022 geht an Nordamerika, Asien oder Australien. Für 2018 bewerben sich England und Russland solo sowie Spanien/Portugal und Niederlande/Belgien mit gemeinsamen Kandidaturen. Für 2022 sind Australien, die USA, Japan, Südkorea und Katar im Rennen.
Bestechungsvorwürfe im Vorfeld
Die Bewerber kreuzen mit hochkarätigen Unterstützern in Zürich auf, von Prinz William und David Beckham für England bis zu den Regierungschefs der Kandidatenländer. Doch Reynald Temarii aus Tahiti und Amos Adamu aus Nigeria konnten auch vom britischen Thronfolger und von Fußballikonen nicht aus den Schlagzeilen verdrängt werden. Die beiden mittlerweile suspendierten Mitglieder des Exekutivkomitees standen im Mittelpunkt von Bestechungsvorwürfen im Zuge der WM-Vergabe, die von der englischen Zeitung „Sunday Times“ aufgedeckt wurden.
Die Spitzenfunktionäre sollen bereit gewesen sein, ihre Stimmen bei der Vergabe der WM 2018 und 2022 zu verkaufen. Die Ethikkommission der FIFA griff hart durch. Temarii wurde ein Jahr lang von allen Aktivitäten im Fußball ausgeschlossen, Adamu für drei Jahre. Daher werden nur 22 der 24 Mitglieder des Exekutivkomitees am Donnerstag abstimmen.

Reuters/Andrew Winning
David Beckham versucht die WM 2018 nach England zu holen.
Beckham glaubt weiter an England
Ob die Korruptionsvorwürfe und Aufdeckungen in den englischen Medien die englische Bewerbung beeinträchtigen, ist schwer zu sagen. Die Bewerbung selbst wurde von der FIFA in ihrem Evaluierungsbericht als sehr gut eingestuft. Englands „Fußballbotschafter“ Beckham sieht die Chancen weiter intakt. „Was wir klargemacht haben ist, dass wir bei einer Zusage für die WM in unserem Land unsere Medien hinter uns stehen haben“, sagte Beckham gegenüber TV-Reportern.
England sowie Spanien/Portugal als Veranstalter gelten als nahezu risikolos, Russland stünde dagegen noch vor großen Herausforderungen, vor allem hinsichtlich der Infrastruktur (Flughafen und Transport). Gegen Spanien/Portugal bzw. Niederlande/Belgien stehen allerdings Bedenken der FIFA betreffend gemeinsame Kandidatur von zwei Ländern. Dafür kann sich Spanien der Unterstützung des zehn Länder umfassenden Kontinentalverbands Südamerika sicher sein, erklärte CONMEBOL-Generalsekretär Eduardo Deluca in der vergangenen Woche.
Katar setzt auf „WM der kurzen Wege“
Für 2022 hoffen die USA (Veranstalter 1994) sowie Japan und Südkorea, die gemeinsam 2002 die WM organisiert haben, zum zweiten Mal auf den Zuschlag. Australien würde als erster Staat Ozeaniens ein Turnier veranstalten und gilt gerade deshalb als großer Favorit. In Katar, das auf eine „WM der kurzen Wege“ setzt, spielt Geld keine Rolle.
42,9 Milliarden US-Dollar wollen die Scheichs in die Infrastruktur investieren. Alleine drei Milliarden für Stadien, die danach teilweise komplett wieder abgebaut würden. Zehn der zwölf Spielstätten würden innerhalb von 25 bis 30 Kilometer stehen. Größtes Handicap des Wüstenstaats dürften wohl die klimatischen Bedingungen sein. Der FIFA-Evaluierungsbericht spricht bei einer befürchteten Hitze von 50 Grad Celsius von einem Gesundheitsrisiko für die Spieler, dem wollen die WM-Planer allerdings mit einem Kühlsystem begegnen.

AP/Seth Wenig
Bill Clinton will mit den USA einen weiteren Volltreffer landen.
USA vertrauen auf Clinton und Freeman
Die US-Amerikaner vertrauen bei ihrer Präsentation auf den Charme von Ex-Präsident Bill Clinton sowie auf den charismatischen Filmstar Morgan Freeman. Bewerbungschef Sunil Gulati erklärte zuversichtlich: „Die FIFA weiß, dass wir das können, wir haben es schon einmal gut gemacht, und wir können das nochmal machen.“
Die USA sind für Japans OK-Chef Junji Ogura „aufgrund der großen Kapazität der Stadien“ Favorit. „Viele Zuschauer bedeuten viele Einnahmen, und das ist es, was sich die FIFA erhofft“, beantwortete Ogura die Frage nach dem stärksten Konkurrenten der Japaner.
Doppelvergabe als Relikt
Die Doppelvergabe ist ein Relikt des Rotationsprinzips bei der WM-Vergabe, die nach der WM 2006 in Deutschland eingeführt, mittlerweile aber wieder beendet worden ist. Für die WM 2010 (in Südafrika) waren daher nur afrikanische Kandidaten zugelassen, für 2014 (in Brasilien) nur südamerikanische Verbände.
Für 2018 und 2022 sollten ursprünglich Bewerbungen aus allen Kontinenten in Betracht gezogen werden, weshalb sich die Kandidaten zunächst meist für beide Turniere bewarben. Zu Jahresbeginn allerdings schwenkte die FIFA um, weshalb die WM in acht Jahren in Europa stattfindet. Mit der Doppelvergabe soll den Veranstaltern zudem eine längere Vorbereitungszeit ermöglicht werden.
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