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„Hoch lebe Blatter“

Mit der Vergabe der WM-Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar hat die FIFA die Kommerzialisierung des Turniers weiter vorangetrieben. Während sich der Weltverband neue Impulse erhofft, fielen die Reaktionen in den Medien heftig aus. „Gegen Russland kann keiner was haben. Aber Katar ist der größte Witz aller Zeiten“, staunte das norwegische „Dagbladet“.

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Offensichtlich hatten FIFA-Präsident Joseph Blatter und die 22 stimmberechtigten Mitglieder des Exekutivkomitees mit ihrer Entscheidung auf neue Märkte und das große Geld gesetzt. „Hoch lebe Blatter. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass nur die Politik zählt, da ist er“, kommentierte die italienische „La Gazzetta dello Sport“. „Es geht ums Geschäft - mehr oder weniger schmutzig. Es geht um Blatter, der immer gewinnt, während der jüngste von vielen Skandalen einfach an ihm abperlt.“

Die Petro-Dollars der Scheichs aus dem Land am Persischen Golf und die Aussichten, eine ganze Region neu für den Fußball zu erschließen, waren offenbar Grund genug, komplettes Neuland zu betreten. „Nichts ist unmöglich. Vor allem nicht, wenn es um Macht und Geld geht - um das geht es beim Weltfußballverband eigentlich immer“, meinte die „Basler Zeitung“ lapidar.

„Die WM der Reichen“

Dass auch Russland der FIFA bei seiner abschließenden Präsentation im Falle des Zuschlages satte Millionengewinne in Aussicht gestellt hatte, bewog die „Corriere della Sera“, von einer „WM der Reichen“ zu sprechen. Kein Blatt vor den Mund nahm sich der schwedische „Expressen“, der von einer „trostlosen Entscheidung“ sprach. „Was haben Russland und Katar gemeinsam? Öleinnahmen und Korruption. Das scheint der FIFA zu gefallen“, fragte die Zeitung weiter.

In Belgien, das sich gemeinsam mit den Niederlanden für die Endrunde 2018 beworben hatte, versuchte man, die Gründe für die Niederlage sachlich zu analysieren. „Russland bekam den Zuschlag für die Weltmeisterschaft 2018 trotz veralteter Infrastruktur und der Größe des Landes, die zu Transportproblemen führen könnten. Entscheidend war die Unterstützung der politischen Amtsträger, vor allem Wladimir Putins“, meinte „La Derniere Heure-Les Sports“.

Selbst die russischen Medien sehen trotz Jubels nicht alles durch die rosarote Brille. „Für Russland kann die Fußball-WM eins der teuersten und schwierigsten Projekte seiner Geschichte werden“, schreibt der „Kommersant“. „Das bisherige Budget ist nur ein Tropfen im Meer der Kosten, die dem Land bevorstehen. Denn eine WM ist - anders als zum Beispiel die Olympischen Spiele in Sotschi - nicht auf nur eine Stadt beschränkt.“

„Wahl haftet etwas Irrationales an“

Im Gegensatz dazu muss sich Katar zumindest keine Sorgen um das Budget machen. Geplant sind zwölf Spielstätten, die Kosten werden mit 2,87 Milliarden Dollar veranschlagt. Geld spielt für die Scheichs aber keine Rolle. Das Hitzeproblem mit Temperaturen von bis zu 50 Grad lösen sie mit einer teuren technischen Revolution: Alle WM-Stadien werden klimatisiert sein.

„Die Wahl Katars ist überraschend, ihr haftet etwas Irrationales an“, so die „Neue Zürcher Zeitung“. „Offensichtlich wurden Katars Willen und Einfluss unterschätzt. Denn der Golf-Staat ist zwar kein Fußballland, verfolgt aber schon seit Jahren das Projekt, eine WM auszutragen. Das Bewerbungsdossier mit futuristischen und klimatisierten Stadien für drei Milliarden Dollar wirft Fragen auf.“

Auch der Schweizer „Blick“ vermutet, dass sich Blatter und Co. vom vielen Geld blenden ließen. „Dass die FIFA sich einen Dreck um die Fans schert, braucht sie uns nicht mehr zu beweisen. Was zählte, war die Steuerfreiheit. Das Geld im Überfluss. Und Blatters Eitelkeit, auch den Ostblock und den Nahen Osten mit einer WM zu beglücken.“

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