„Ich bin ein Leistungscoach“
Kurz vor dem Rückrundenstart der deutschen Bundesliga hat Bayern München mit einem Wechsel auf der Torhüterposition aufhorchen lassen. Statt Stammkeeper Jörg Butt wird im Frühjahr Thomas Kraft der nötige Rückhalt für eine erfolgreiche Aufholjagd auf Spitzenreiter Dortmund sein. „Kraft ist Torwart Nummer eins“, sagte Trainer Louis van Gaal.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Ich habe sehr großes Vertrauen, dass er das schafft“, erklärte der 59-jährige Niederländer. „Nur wenn man einem Spieler eine Chance gibt, weiß man, ob er das kann.“ Einen Freibrief habe er Kraft damit allerdings nicht ausgestellt. „Ich bin ein Leistungscoach“, betonte Van Gaal. „Wenn er das nicht schafft, wird Butt wieder Nummer eins. Das weiß man aber nicht nach nur einem Spiel.“

dapd/Oliver Lang
Das Tormanntalent Kraft hat Routinier Butt in die zweite Reihe verdrängt.
Alaba in der Warteschleife
Mit einer Leistungssteigerung könnte sich auch ÖFB-Teamspieler David Alaba ab Herbst wieder zurück in die Bayern-Elf spielen. Der 18-Jährige, der im Frühjahr auf Leihbasis in Hoffenheim aktiv ist, wird dort intensiv beobachtet. „Wir haben ihn verliehen und nicht verkauft“, stellte Van Gaal klar. „Alaba ist ein großes Talent. Das Problem ist, dass er bei Bayern München zurzeit keine Spielzeit bekommt. Und das ist nicht gut für ein großes Talent.“
Dass man als jugendlicher Legionär den Weg zurück nach München schaffen kann, bewies zuletzt Toni Kroos mit seinem Gastspiel bei Bayer Leverkusen. Um Spielpraxis zu sammeln, wurde der damals 19-Jährige Ende 2009 verliehen, nach überragenden Leistungen im Juli 2010 aber wieder zurückgeholt.

Reuters/Gustau Nacarino
Bei Barca hievte Van Gaal Xavi und Iniesta mit 18 Jahren in die A-Elf.
Mut zur Jugend wird belohnt
Mut zum „Jugendstil“ bewies der Niederländer bereits in seiner Zeit als Coach von Ajax Amsterdam. Während seiner Ära in den 1990er Jahren mit drei Meistertiteln und einem CL-Triumph schöpfte der 59-Jährige bei der weltberühmten Ajax-Fußballschule aus dem Vollen und ebnete den Weg für die Karrieren von Spielern wie Edgar Davids und Clarence Seedorf. Letzteren machte Van Gaal 1992 als 16-Jährigen sogar zum bisher jüngsten Debütanten in der niederländischen Meisterschaft.
Als Barcelona-Trainer (1997 bis 2000 und 2002 bis 2003) gab er wiederum erstmals den beiden Eigenbauspielern Xavi und Andres Iniesta eine Chance, sich in der Kampfmannschaft zu beweisen. Xavi debütierte 1998 als 18-Jähriger im spanischen Superpokal, Iniesta absolvierte 2002 gleichaltrig sein erstes Pflichtspiel in der Champions League. Mittlerweile zählen die beiden Ausnahmetalente zu den besten Spielern der Welt.
Alaba schreibt Bayern-Geschichte
Auch Alaba verhalf Van Gaal bereits zu seinen ersten Einträgen in die Münchner Geschichtsbücher. Mit 17 Jahren kürte er den ÖFB-Jungstar zum jüngsten Bayern-Spieler, der im DFB-Pokal, der Bundesliga und der Champions League zum Einsatz kam. Rekorde, um die sich Alaba zwar derzeit nichts kaufen kann, die ihm aber doch Hoffnung auf die Zukunft machen.
„Ich mache das, weil ich sehr viel Vertrauen in die Spieler habe“, erklärte Van Gaal. „Hätten sie die Qualität nicht, hätte ich das nicht gemacht. Und wenn ich Spieler in die A-Mannschaft nehme, ist es immer so, dass sie auch spielen können.“ Während Alaba noch in Hoffenheim in der Warteschleife hängt, haben einige Bayern-Talente den Sprung in das A-Team bereits geschafft.
Kurz nach seinem Amtsantritt in München 2009 holte der Niederländer Thomas Müller und Holger Badstuber aus dem Jugendbereich und baute sie in die Kampfmannschaft ein. Mittlerweile zählen die beiden 21-Jährigen zu den Leistungsträgern beim Rekordmeister und schafften auch den Sprung in die deutsche Nationalmannschaft. Dazu kommt mit Diego Contento ein weiterer Spieler aus der eigenen Kaderschmiede.
Die Mischung macht es aus
Dass die Bäume mit nur jungen Spielern allerdings nicht in den Himmel wachsen, musste Van Gaal in der Hinrunde schmerzlich zur Kenntnis nehmen. Ohne die angeschlagenen Führungsspieler Franck Ribery und Arjen Robben blieben die Bayern weit hinter ihren Erwartungen zurück.
Längst hat Van Gaal, dessen Vertrag im Juni 2012 ausläuft, die Weichen für seine möglicherweise letzte Saison auf der Trainerbank gestellt. „Ich habe das meiner Frau Truus versprochen und dieses Versprechen bereits um vier Jahre überzogen“, sagte der Niederländer. Allerdings soll zum Abschied unbedingt noch ein Titel her. „Die wahrscheinlichsten Optionen sind derzeit für mich eine Vertragsverlängerung bei Bayern oder eben mein Karriereende.“
Wolfgang Rieder, ORF.at
Links: