Kollegen schockiert
Ein Horrorsturz von Hans Grugger hat das Abfahrtstraining in Kitzbühel Donnerstagvormittag überschattet. Der 29-jährige Salzburger verlor bei seinem weiten Satz in die Mausefalle die Kontrolle und prallte mit dem Kopf hart auf die vereiste Piste. Grugger blieb am Pistenrand bewusstlos liegen, er wird derzeit in der Uniklinik Innsbruck notoperiert.
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Die Erstdiagnose des Leiters der Innsbrucker Unfallchirurgie, Michael Blauth, war ernüchternd. Grugger erlitt bei seinem Sturz mit der Startnummer fünf auf eisiger Piste eine schwere Kopfverletzung. Er wird von einem Ärzteteam der Neurochirurgie notoperiert. Ob Lebensgefahr bestehe, könne man erst während der Operation feststellen, hieß es seitens der Ärztlichen Direktorin des LKH Innsbruck, Alexandra Kofler - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

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Die Ärztliche Direktorin des LKH Innsbruck, Alexandra Kofler
Scheiber: „Wünsche Hans gute Besserung“
Von ÖSV-Seite wollte vorerst niemand offiziell zu dem Unfall Stellung nehmen. Zu groß war der Schock. Auch bei Mario Scheiber („Der kleinste Fehler wird nicht verziehen“), der in der Folge über den zwölften Trainingsrang nicht hinauskam. Das Training wurde erst nach dreiviertelstündiger Unterbrechung fortgesetzt.
„Ich habe den Sturz genau gesehen. Das hemmt. Ich bin froh, dass ich gesund im Ziel bin, traute mich nicht, voll durchzuziehen. Ich wünsche Hans gute Besserung und hoffe, dass er bald wieder gesund ist“, sagte Scheiber. Bestzeit im Training markierte der Schweizer Didier Cuche vor dem Südtiroler Christof Innerhofer und Georg Streitberger. Als zweitbester ÖSV-Starter schwang Wengen-Sieger Klaus Kröll als Fünfter ab. Romed Baumann wurde Neunter, Michael Walchhofer („furchtbar zum Anschauen“) Zehnter.
„Kleinster Fehler hat fatale Auswirkungen“
Doch das Trainingsergebnis rückte angesichts des tragischen Sturzes ohnehin in den Hintergrund. Der zweifache Hahnenkamm- und spätere Abfahrtsolympiasieger Fritz Strobl, der den Unfall im Zielraum verfolgte, war wie Gruggers Teamkollegen, Betreuer und Zuschauer schockiert. „Tragisch, aber das kann hier jedem passieren“, bedauerte Strobl. „Die Mausefalle ist eben schwierig und eine Herausforderung, weil es vom Start so schnell weggeht. Da hat der kleinste Fehler fatale Auswirkungen“, analysierte Strobl.
Eine mögliche Ursache für Gruggers Sturz ortete Hans Knauß. „Die Anfahrt ist schneller und schwieriger, und die Vorbereitungszeit auf den Linksschwung dadurch kürzer als in den vergangenen Jahren. Hans war beim Sprungansatz zu spät dran und konnte nicht mehr ausreichend Richtung machen. Dann versuchte er, in der Luft mit Gewalt die Ski zu drehen. Das war in diesem Fall fatal“, sagte Knauß, Sieger der Hahnenkamm-Abfahrt des Jahres 1999.

AP/Kerstin Joensson
Grugger wird ins Spital geflogen.
Gruggers Verletzungsmisere
Grugger wurde in seiner Karriere schon mehrmals von Verletzungen zurückgeworfen. 2005 musste er die Saison im Dezember wegen einer Beckenverletzung vorzeitig beenden, im April 2007 erlitt der Salzburger bei Skitests einen Kreuzbandriss im linken Knie, der im Dezember eine weitere Operation nach sich zog.
Das geplante Comeback verzögerte sich später durch eine bakterielle Entzündung im blessierten Knie, ehe er sich unmittelbar vor der Rückkehr in den Weltcup-Zirkus im Jänner 2009 das Kreuzband im rechten Knie riss und die zweite komplette Saison in Folge pausieren musste. Seither konnte der vierfache Weltcup-Sieger (je zwei in Abfahrt und Super-G) an seine früheren Erfolge nicht mehr anschließen. Nun droht sogar das Karriereende.
„Es ist ein Wahnsinn“
ÖSV-Teamkollege Streitberger dazu: "Es ist ein Wahnsinn, alle zwei Jahre verletzt er sich. Dabei war er wieder gut in Form, und dann passiert so etwas. Den Sturz habe ich nicht angesehen, das wäre nicht gut. Denn ich muss noch einmal hinunterfahren. Über die Mausefalle sagte Streitberger: „Die ist heuer ein extremer Bock, man ist sehr hoch, hat einen extremen Luftstand. Wer den richtigen Punkt versäumt, hebt gleich extrem ab. Und zum Rennen hin wird es auch sicher noch schneller.“
Der Trainingsschnellste Cuche sagte: „Der Sprung könnte etwas abgegraben werden, ob man zehn Meter kürzer springt, ist eigentlich egal. Man muss in Kitzbühel den Berg besiegen und dann darf man auf die Zeit schauen. Wer nicht so schnell ist, sollte sich nicht ärgern, immerhin ist er gesund im Ziel.“ Walchhofer ergänzte: „Man fragt sich schon: Warum tue ich mir das überhaupt an? Aber solche Dinge muss der Rennläufer sofort auf die Seite schieben, sonst könnte er es gleich bleiben lassen.“
Michael Fruhmann, ORF.at aus Kitzbühel
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