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Kein Neid beim entthronten Speed-Duo

Nicht Lindsey Vonn oder Maria Riesch, die gemeinsam 27 Weltcup-Siege in der Abfahrt gefeiert und sich seit 28. Februar 2009 jeden Sieg in dieser Disziplin untereinander ausgeschnapst haben, heißt die neue Weltmeistern, sondern Elisabeth Görgl. Obwohl die Steirerin in ihrer Karriere noch keine Abfahrt gewinnen konnte, erkannte das entthronte Speed-Duo neidlos die Leistung ihrer Konkurrentin an.

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Dass ausgerechnet im WM-Rennen die Serie gerissen ist, war nicht so schlimm, die Glückwünsche für Görgl ehrlich. „‚Lizz‘ ist ein super, super Rennen gefahren. Sie ist so sauber und doch voller Attacke gefahren. Ich habe sofort gewusst, dass das ein sensationeller Lauf von ihr war. Dafür muss man ihr einfach gratulieren. Sie ist hervorragend gefahren und hat Gold verdient“, erklärte die US-Amerikanerin und strich auch Görgls Entwicklung heraus: „Sie hat wirklich einen Schritt vorwärts gemacht, das ist wirklich cool. Sie arbeitet sehr hart und ist eine nette Person. Ich freue mich wirklich für sie.“

Auch Riesch schloss sich den Gratulationen an und machte Görgl, die bei der Eröffnungsfeier ihren eigenen WM-Song „You’re a Hero“ zum Besten gab, ein noch persönlicheres Kompliment. „Ich gönne es ihr sehr, dass sie hier so zuschlägt. ‚Lizz‘ singt so gut, wie sie Ski fährt“, war die 26-Jährige voll des Lobes für die Doppelweltmeisterin. „Sie hat ein sensationelles Timing auf die WM. Dass sie gut drauf ist, hat sie uns schon oft gezeigt. Aber dass sie uns da so brutal um die Ohren fährt - Respekt.“

Keine Ausrede auf Handicaps

Die im Vorfeld der Abfahrt breitgetretenen Probleme von Vonn (Gehirnerschütterung) und Riesch (Grippe) ließen beide nicht als Ausrede gelten, dass es nicht zu Gold gereicht hat. Beide haben laut eigenen Angaben einen sehr guten Lauf erwischt. „Ich bin mit meiner Fahrt von oben bis unten zufrieden. Im unteren Teil bin ich viel besser gefahren als im Training. Auch nach dem Start war ich nicht zu vorsichtig. Ich habe gute Kurven erwischt und eine gute Geschwindigkeit gehabt. Das war schon fast die normale Lindsey“, fasste Vonn zusammen.

Riesch gab an, oben zwar einen kleinen Fehler gehabt zu haben, alles in allem aber ein sehr gutes Rennen gefahren zu sein. Lediglich die FIS-Schneise habe sie etwas verschlafen. „Da habe ich vielleicht nicht die letzte Konsequenz gehabt. Ansonsten habe ich voll attackiert und hatte eine gute Linie und guten Speed“, erklärte Riesch. Sowohl die Deutsche als auch Vonn sahen daher nicht Gold als verloren, sondern Bronze und Silber als gewonnen an.

Vonn wehrt sich gegen Vorwürfe

Vor allem für Vonn war Platz zwei eine Genugtuung, hatte sie doch zuletzt nicht nur mit ihrer Gehirnerschütterung, sondern auch mit Vorwürfen an ihrer Person zu kämpfen. Eine Stimmungslage, die sie doch mitnahm. „Meine Kritik ging wegen der Pistenpräparierung Richtung FIS. Das hatte nichts mit Garmisch, der Strecke oder der Organisation zu tun. Ich hoffe, dass die Leute das verstehen“, verteidigte sich die 26-Jährige, die sich von den Medien nicht „nett“ behandelt fühlte.

Für Vonn ist die WM bereits zu Ende, sie erklärte am Montagabend ihren Verzicht auf weiter Starts. Die Entscheidung fiel aber nicht wegen des gekränkten Ehrgefühls, sondern aus gesundheitlichen Gründen. „Mein Plan ist, eine Auszeit zu nehmen und zu versuchen, wieder hundertprozentig gesund zu werden.“

Riesch will „ausruhen und lange schlafen“

Weitere Chancen, ihr Medaillenkonto noch zu erhöhen, wird hingegen Riesch haben. Am Teambewerb nimmt sie zwar nicht teil, am Riesentorlauf und Slalom aber schon. „Ich werde mich jetzt einmal viel ausruhen und lange schlafen, damit ich für die weiteren Rennen fit bin. Danach gilt die volle Konzentration dem RTL-Training. Die Technik ist durch mein Programm zu kurz gekommen“, sagte Riesch.

Im vorletzten Damen-Bewerb bekommt es Riesch wieder mit Görgl zu tun. Und die Österreicherin kündigte auch im RTL, wo sie vor der WM eigentlich als größere Medaillenkandidatin gehandelt wurde als in den Speed-Bewerben, schon einmal an: „Jetzt kann ich wirklich gelöst sein. Ich werde das voll genießen und freue mich schon riesig auf den Riesen.“

Christian Wagner, ORF.at aus Garmisch

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