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Löw hat noch viel vor

Joachim Löw hat nach kurzen Geheimverhandlungen seinen Vertrag als Trainer der deutschen Nationalmannschaft überraschend schon jetzt bis zur WM 2014 in Brasilien verlängert. Der 51-Jährige ist damit von dem sich immer rasanter drehenden deutschen Trainerkarussell abgesprungen und scheidet damit als möglicher Bayern-Coach nach der EM 2012 aus.

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Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) konnte sich mit dem Vertragscoup die Dienste des derzeit begehrtesten deutschen Trainers neben Jürgen Klopp, der mit Borussia Dortmund vor dem Gewinn der Meisterschaft steht, sichern. Löw verlängerte am Dienstag in der Frankfurter DFB-Zentrale gemeinsam mit Teammanager Oliver Bierhoff, Kotrainer Hans-Dieter Flick und Tormanncoach Andreas Köpke vorzeitig um zwei Jahre.

DFB-Praesident Theo Zwanziger, Bundestrainer Joachim Löw und Generalsekretär des (DFB), Wolfgang Niersbach

dapd/Ralph Orlowski

Ein Lächeln im Gesicht: Joachim Löw (Mi.) bei der Vertragsverlängerung

„Reizvolle Aufgabe“

Die gesamtliche sportliche Leitung habe „unglaublich viel Spaß“ an der Arbeit mit der jungen deutschen Nationalmannschaft, begründete Löw den gemeinsamen Schachzug mit dem DFB. Der ehemalige Austria- und Tirol-Trainer sprach von einer „reizvollen Aufgabe“ auf dem Weg zur EM 2012 und WM 2014: „Wir glauben an die Qualität unserer Spieler und sehen für unser Team gute Perspektiven. Deshalb haben wir gerne das Angebot der DFB-Führung angenommen, vorzeitig zu verlängern.“

Löw hatte die erstaunliche Entwicklung in der „Sport Bild“ (Mittwoch-Ausgabe) angekündigt. DFB-Chef Theo Zwanziger habe ihm schon vor Wochen deutlich gemacht, „dass er gerne mit uns bis 2014 verlängern würde“. Als Gründe für die frühzeitige Zukunftsregelung nannte Löw neben den hervorragenden sportlichen Perspektiven mit dem Team um Jungstars wie Mesut Özil und WM-Torschützenkönig Thomas Müller auch die Erfahrungen des vergangenen Jahres.

Aller Ärger ist vergessen

Nach einer unter großem Getöse und mit gegenseitigen öffentlichen Vorwürfen geplatzten vorzeitigen Verlängerung vor der WM 2010 mit dem Verband war Löw mit seinem Team mit einer ungeklärten Vertragssituation ins WM-Turnier gegangen.

Eine „ähnliche Situation wie 2010“ habe man vermeiden wollen. „Damit konnten zwar alle Beteiligten umgehen, trotzdem war dieses Thema ständig präsent während des Turniers. Wie gesagt: Das möchten wir bei der EM 2012 vermeiden“, sagte Löw der „Sport Bild“.

Ein Titel ist fällig

Mit der frühzeitigen Verlängerung hat es der Verband auch vermieden, dass Löw womöglich aus der Bundesliga abgeworben werden könnte. Der frühere Coach des VfB Stuttgart wurde in der vergangenen Woche auch als möglicher Bayern-Trainer nach der EM 2012 ins Spiel gebracht. Eine Doppelfunktion als Bayern- und Nationaltrainer schloss Löw aus: „Das kommt für mich nie infrage.“

Löw fühlt sich als Verbandstrainer wohl. Sein Ziel mit der Nationalmannschaft ist bei den kommenden Turnieren der große Wurf. „Man strebt nach dem Titel“, hatte er zu Jahresbeginn erklärt. Er bescheinigte seinem aktuellen Team eine Titelreife schon 2012. Der letzte deutsche Turniertriumph liegt schon 15 Jahre zurück: 1996 wurde Deutschland in England Europameister. Wenn es nicht schon 2012 klappen sollte, hat sich Löw frühzeitig eine weitere Chance 2014 gesichert: Die EM sei „auch ein Zwischenschritt zur WM in Brasilien“.

Erfolgreicher Klinsmann-Nachfolger

Löw ist seit 2006 ausgesprochen erfolgreich als Bundestrainer tätig. Seine Popularität und Anerkennung in der deutschen Öffentlichkeit sind groß. In der Qualifikation zur EM 2012 ist die DFB-Auswahl in der Österreich-Gruppe nach vier Siegen wieder klarer Spitzenreiter - das Erreichen der Endrunde in Polen und der Ukraine scheint lediglich eine Frage der Zeit zu sein.

Der Nachfolger von Jürgen Klinsmann führte das DFB-Team ins EM-Finale 2008 und im vergangenen Jahr zu Platz drei bei der WM-Endrunde in Südafrika. Löw arbeitet seit 2004 für den DFB. Bis zur WM 2006 in Deutschland war er zunächst Assistent von Klinsmann. 2001/02 betreute er den FC Tirol, 2003/04 war er bei der Austria in Wien engagiert. In der Ära von Mäzen Frank Stronach musste Löw den Verein aber März 2004 trotz Tabellenführung verlassen. Sein Nachfolger wurde Lars Söndergaard.

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