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„Größte Entdeckung der letzten Jahre“

„Ganso“ ist portugiesisch und heißt auf Deutsch tatsächlich einfach nur „Gans“. Aus dem Spanischen kann „ganso“ auch mit tölpelhaft, unbeholfen oder träge übersetzt werden. Gut, dass in Brasilien portugiesisch gesprochen wird. Denn Paulo Henrique Chagas de Lima, genannt „Ganso“, ist alles andere als tölpelhaft.

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Der 21-Jährige vom FC Santos ist Brasiliens große Hoffnung auf eine erfolgreiche Heim-WM 2014. 2009 wurde er zum besten jungen Spieler Brasiliens gewählt, 2010 holte er mit Santos die „Copa do Brasil“ und die Staatsmeisterschaft von Sao Paulo. In beiden Bewerben wurde er zum besten Spieler gewählt. 2010 hätte „Ganso“ auf Wunsch der Fans als Kaka-Ersatzmann zur WM nach Südafrika fahren sollen, doch der damalige Teamchef Dunga entschied sich dagegen - ein Fehler.

„Unglaublich kreativ“

„Ganso ist die größte Entdeckung, die Brasilien in den vergangenen zehn Jahren hervorgebracht hat“, meinte etwa die brasilianische Fußball-Legende Socrates, bei den WM 1982 und 1986 selbst ein durch Übersicht glänzender Regisseur. „Er ist unglaublich kreativ.“ Im ersten Spiel (2:0 gegen die USA) unter Dunga-Nachfolger Mano Menezes durfte „Ganso“ dann gleich auch in der „Selecao“ mit der Nummer zehn ran und erntete gute Kritiken.

Vor allem das Zusammenspiel mit Santos-Clubkollege Neymar funktionierte perfekt. Zusammen sollen sie Brasilien 2014 zum sechsten Titel führen. Neymar erzielte in seinen bisherigen zwei Länderspielen drei Tore. Eines gegen die USA, zwei im März in London gegen Schottland. Menezes sah sich jedenfalls bestätigt. „Das ist eine vielversprechende Generation“, betonte der Teamchef.

Die beiden Santos-Spieler Ganso und Neymar

Reuters/Paulo Whitaker

So sieht Brasiliens Hoffnung auf den WM-Titel 2014 aus.

Objekte der Begierde

„Ganso“ ist kein Torjäger oder ballverliebter Selbstdarsteller. Sein Stil wird als „geradlinig“ beschrieben. Er beherrscht den tödlichen Pass und er ist das Objekt der Begierde vieler europäischer Topteams. So sind besonders die beiden Mailänder Großclubs Milan und Inter zurzeit auf „Gänsejagd“.

Auch Bayern München, Chelsea und Manchester City sollen schon um den klassischen Spielmacher mit der Nummer zehn angefragt haben. Jetzt sieht es ganz danach aus, als könnte der AC Milan das Rennen um den „Gänserich“ machen. Laut italienischen Medien war „Gansos“ Agent vor einigen Tagen gleich drei Stunden bei Milan-Vizepräsident Adriano Galliani und Sportdirektor Ariedo Braida. Milan-Besitzer Silvio Berlusconi versprach den Fans auch Verstärkungen für die nächste Saison und der Jagd nach dem Champions-League-Titel.

Club beschwert sich, Fans schimpfen

Das wird den Santos-Fans und auch dem Verein weniger gefallen. Der Stammclub von Fußball-Ikone Pele hat bereits bei der FIFA Beschwerde gegen die Abwerbungsversuche eingelegt, die ohne die Kenntnis des brasilianischen Cupsiegers über die Bühne gegangen sein sollen.

Europa ruft, und die Fans bangen um ihren Hoffnungsträger, der wegen eines Kreuzbandrisses nach sechsmonatiger Verletzungspause erst Mitte März sein Comeback gab. So wurde „Ganso“ gemeinsam mit Stürmerstar Neymar zuletzt nach einem schwachen Spiel und einer 0:1-Niederlage gegen Palmeiras als „Söldner“ beschimpft.

Chelsea-Angebot abgelehnt

Dabei hat der 19-jährige Neymar immer beteuert, in Brasilien bleiben zu wollen. „Hier bin ich geboren, hier bin ich glücklich. Darum gibt es keinen Grund, etwas daran zu ändern. Das ist mein Land, hier lebt meine Familie“, so der nur 1,73 m große Stürmer, dem die Beleidigungen durch die Fans nahegingen.

„Das war ein fürchterlicher Moment. Die Leute wissen nicht, was sie sagen. Schließlich habe ich letztes Jahr Millionen Dollar von Chelsea ausgeschlagen, um hier zu bleiben.“ Statt die Millionen der Londoner einzustreifen hat Neymar seinen Vertrag bei Santos bis 2014 verlängert.

Unter 45 Millionen Euro geht gar nichts

Spielmacher „Ganso“ hat hingegen aus seinen Wechselabsichten nie einen Hehl gemacht. Ein bereits vermeldeter innerbrasilianischer Transfer zu Corinthians wurde wieder dementiert. Den Santos-Regisseur zieht es ins Ausland. Ein „kleiner“ Club fällt dabei als künftiger Arbeitgeber aus. Interessenten müssen eine kolportierte Ablösesumme von 50 Millionen Euro für den „Gänserich“ bezahlen. Neymar gibt es bereits um 45 Millionen.

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