„Freue mich auf die nächsten Rennen“
Mit einem Schlag war alles anders, die WM in Garmisch und sogar die weitere Karriere kein Thema mehr. Mario Scheiber war am Ende. Sein Sturz im Abfahrtstraining von Chamonix, einer von vielen im Verlauf seiner Karriere, die immer wieder von schweren Verletzungen gestoppt worden war, brachte ihn zum Nachdenken. Nun hat der 28-Jährige seine Freude am Sport wiederentdeckt.
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Im Jänner stand seine Karriere noch auf der Kippe. So wollte Scheiber nicht weitermachen - Schlüssel- und Nasenbein gebrochen, ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma beraubte ihn wenigstens seiner Erinnerung an die schrecklichen Sekunden des Unfalls in Chamonix. Schlimm genug war auch die Zeit danach, das abrupte Ende der WM-Saison, der neuerliche Rückschlag auf dem Weg zu seinem ersten Weltcup-Sieg. Scheiber dachte ans Aufhören.

APA/EPA/Nicolas Bouvy
Bange Momente in Chamonix
Was er am besten kann
„So interessiert mich das nicht, es macht keinen Sinn mehr. Konkret wie jetzt habe ich noch nie ans Karriereende gedacht. Ich lasse mir einfach ein paar Monate Zeit, schaue, dass ich wieder richtig gesund werde, und entscheide dann, ob ich den Hut draufhaue oder weiterkämpfe“, sagte er damals. Denn seine zahlreichen Verletzungen innerhalb kürzester Zeit seien mental nur schwer zu verkraften. Ob er noch einmal die nötige Motivation dazu finde, wusste er zu diesem Zeitpunkt nicht.
Drei Monate später sind die Wunden verheilt. Der Osttiroler scheint seine Motivation wiedergefunden zu haben. Scheiber wird seine Karriere fortsetzen. „Skifahren ist das, was ich am liebsten tue und auch am besten kann. Auch in Zukunft“, begründete der ÖSV-Allrounder während der Präsentation einer Atomic-Aktion zugunsten der japanischen Bebenopfer in Zauchensee. Scheiber ist guten Mutes und bereit für neue Höhenflüge in der nächsten Saison, die zwar wieder nur eine Combacksaison, aber wegweisend für die WM-Saison 2013 wird. Schladming ruft.
Spaß beim Skifahren
Die Vorbereitungen laufen schon wieder auf Hochtouren. Sogar auf den Skiern ist Scheiber bereits gestanden - auf der Brunnalm in seiner Heimatgemeinde St. Jakob im Osttiroler Defereggental. Das Gefühl war ausnahmslos gut. Es taugte ihm richtig. Und schon in zwei Wochen wird Scheiber mit dem Aufbautraining beginnen. Auch die Angst davor, sich nicht mehr voll überwinden „und riskieren zu können“, dürfte er abgelegt haben.
Positiv wirkte freilich die Nachricht über seinen Freund Hans Grugger, der nach dem folgenschweren Unglück in Kitzbühel vor wenigen Tagen das Spital verlassen durfte und sich wieder auf dem Weg zu vollständiger Genesung befindet. Scheiber hatte ihn im Spital oft besucht, mit ihm gescherzt. Beide konnten wieder lachen. Denn irgendwie hatten sie Glück im Unglück - der eine mehr, der andere weniger. Beide dürfen zuversichtlich in die Zukunft blicken. Wenngleich wohl nur Scheiber wieder Skirennen bestreiten wird. Bei Grugger kann darüber nur spekuliert werden.
Schwierige Entscheidung
Auf ORF.at-Nachfrage stellte Scheiber klar, dass die Entscheidung auch ihm nicht leichtgefallen sei. „Nach allem, was im vergangenen Winter bis zu meinem Sturz schon passiert war, und den bösen Folgen meines eigenen Sturzes in Chamonix war die Stimmung natürlich am Tiefpunkt“, sagte Scheiber, der mit Freundin Ursula ein Baby erwartet und auf schwierige Wochen zurückblickt. „Ich habe mir die Sinnfrage gestellt. Und einige Zeit war ich mehr weg vom Skisport als mittendrin.“
„Doch dann habe ich die WM-Rennen im Fernsehen gesehen und in mir gespürt: Es kitzelt. Und irgendwann war ganz klar: Skifahren ist das Einzige, was ich wirklich gut kann, und das, was ich am liebsten tue. Ich bin körperlich wieder voll fit, ich weiß, dass ich im Speed-Bereich erst jetzt in das Alter komme, wo ich die wertvolle Routine ausspielen kann, und ich freue mich jetzt schon auf die nächsten Rennen.“ Auch zur Freude von ÖSV-Herren-Chef Mathias Berthold, der dazu sagte: „Mario ist ein harter Hund. Er hat schon oft gezeigt, dass er ein Kämpfer ist. Er wird noch stärker zurückkommen.“
Michael Fruhmann, ORF.at
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