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Fußballer ohne Ablaufdatum

Seine Karriere umspannt zwei Jahrzehnte. Dieser Umstand sagt im modernen Fußball schon alles aus. Ryan Giggs hat seinen Beitrag für Manchester United und den Fußball geleistet. Dafür erhielt er 2007 auch den Verdienstorden OBE von der englischen Krone - eine Auszeichnung von vielen.

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875 Partien, so viele wie kein anderer, hat er seit seinem Debüt am 2. März 1991 für die „Red Devils“ gespielt, und es werden noch mehr. Mit einem Treffer im Champions-League-Semifinale gegen Schalke holte er sich am 26. April auch den Titel als ältester Torschütze der europäischen Eliteliga. „Giggsy“, wie der walisische Fußball-Dauerbrenner von den United-Fans liebevoll genannt wird, war dabei 37 Jahre und 148 Tage alt.

Ryan Giggs

APA/EPA/Andy Rain

Ryan Giggs am Freitag beim Training im Wembley-Stadion.

Giggs ist noch nicht fertig

Einen Monat später kann er am Samstag (20.45 Uhr, live in ORF eins) im Champions-League-Finale gegen Barcelona im Londoner Wembley Stadion seiner glanzvollen Karriere noch einen absoluten Höhepunkt hinzufügen - den dritten Triumph in der Champions League. Für Giggs geht es dabei auch um persönliche Wiedergutmachung.

Beim 0:2 gegen die Katalanen im Champions-League-Finale von Rom am 27. Mai 2009 hatte ihn Ferguson als hängende Spitze hinter Cristiano Ronaldo eingesetzt - und machte den Waliser schließlich namentlich für die Niederlage verantwortlich. Jahrelang hatte Giggs mit seinen Flankenläufen für Gefahr gesorgt, aber sein Ablaufdatum schien erreicht. Doch Ferguson erkannte schließlich die Zeichen der Zeit noch rechtzeitig und setzte der großen Karriere kein Ende. Der Schotte gab dem Linksfuß eine neue Aufgabe im zentralen Mittelfeld und Giggs startete neu durch.

Ein Leben für den Fußball

Der Waliser bedankte sich mit einer grandiosen Saison und bewies erneut seine Klasse. Giggs verblüffte Freund und Feind gleichermaßen. „Er rennt mehr als jeder andere und entscheidet die Spiele“, staunte United-Verteidiger Patrice Evra, der nun überlegt, vielleicht auch mit Yoga zu beginnen.

Der 1,79 m große Giggs, der Vorfahren aus Sierra Leone hat, schwört auf meditative Übungen, verzichtet auf Alkohol und ernährt sich bewusst. „Er lässt nicht nach, der Mann ist unglaublich. Ich wünsche, er könnte noch Jahre spielen“, sagte Trainer Alex Ferguson über einen seiner „unverzichtbaren“ Akteure.

Der Mann vor Beckham

Giggs’ Unvergänglichkeit paart sich mit großer Demut. Als er Mitte der 1990er als junger Spieler zum begehrten Fotoobjekt der bekannt anhänglichen britischen Klatschpresse wurde, entschied er sich gegen ein Leben im Rampenlicht. Er war der „Beckham“ vor Beckham. Der Posterboy des englischen Fußballs.

Er hatte lukrative Werbeverträge in aller Welt, sein Gesicht zierte jedes Fußballmagazin in England, und er hatte Beziehungen zu Starlets. Der Rummel um ihn war nicht das, was er wollte. „Ich sagte Nein. Der Fußball ist mein Leben. Er muss und wird immer an erster Stelle stehen“, so Giggs.

Ryan Giggs (Manchester), Michael Konsel (Rapid) im UEFA Champions League Spiel 1996

GEPA/Franz Pammer

CL 1996: Ein junger Ryan Giggs lässt Rapid-Goalie Michael Konsel alt aussehen.

Der Größte aller Zeiten

Mit seiner seiner professionellen Einstellung und dem Heißhunger nach Titeln setzt er exakt die Werte von Trainer Ferguson auf dem Rasen um. Wer von den beiden Evergreens den anderen überdauert, ist nicht abzusehen. Der Vertrag von Giggs läuft noch bis 2012. Dann ist wohl Schluss. „Vor drei, vier Jahren habe ich mir darüber keine Gedanken gemacht, jetzt schon. Ich frage mich, was ich dann machen werde“, sagte der Oldie, für den Manchester Utd. wohl einen Platz im Verein finden wird. Vorerst treiben ihn weitere Titel an.

Er hat aber auch schon genug davon gewonnen oder verliehen bekommen. Zwölffacher Meister mit Manchester, viermaliger FA-Cup-Gewinner und natürlich zweifacher Champions-League-Sieger. Seit 2005 ist er in der englischen Fußball-„Hall of Fame“. Er ist auch der einzige aktive Fußballer in der Liste der „100 englischen Ligalegenden“. Die BBC wählte ihn 2009 zur „Sportpersönlichkeit“ des Jahres. Im Jänner 2011 wurde er bei einer Abstimmung auf der Vereinswebsite von den Fans weltweit zum größten United-Spieler aller Zeiten gewählt.

Ryan Giggs

APA/EPA/Lindsey Parnaby

607 Ligaspiele in 20 Jahren: Giggs ist in Manchester „unverzichtbar“.

Wie alles begann

Giggs’ Weg zur lebenden Manchester-Legende begann 1980, als sein Vater, ein professioneller Rugby-Spieler, von Cardiff in Wales nach Salford bei Manchester wechselte. Der dortige Rugby-Verein trägt übrigens den Spitznamen „The Red Devils“, der später auch von Manchester Utd. übernommen wurde. Der Weg für den jungen Giggs, der bis zu seinem 16. Lebensjahr noch Wilson hieß und erst später den Mädchennamen seiner Mutter annahm, war also vorgegeben.

Er spielte in Salford, und sein Talent fiel auf. Von einem Manchester-Platzanweiser wurde er Ferguson empfohlen. Der ließ ihn von Scouts beobachten, die beeindruckt von Giggs’ Können waren. Erste Vergleiche mit Englands Fußballlegende George Best kamen auf. Am 2. März 1991 gab Giggs dann als Einwechselspieler sein United-Debüt. 20 Jahre später, am 6. März 2011, absolvierte er seinen 607. Ligaeinsatz und stellte damit auch Clubikone Bobby Charlton in den Schatten. In seinen bisher 875 Spielen für die „Red Devils“ erzielte er 159 Tore, glänzte dabei immer durch seine ruhige, effiziente Art zu spielen.

Nichts bleibt geheim

Bei aller Konzentration auf den Sport hat der zweifache Vater Giggs auch ein Leben abseits des Fußballplatzes. Das wurde in den letzten Tagen deutlich, als Giggs’ Affäre mit dem englischen Big-Brother-Star Imogen Thomas in aller Öffentlichkeit diskutiert wurde. Seine Ehefrau Stacey war dem Vernehmen nach schon länger eingeweiht.

Der Waliser hatte zunächst per Gerichtsentscheid erfolgreich eine Berichterstattung verhindert, doch nach entsprechenden Meldungen auf Twitter brachen die Dämme und ein britischer Parlamentarier sowie eine schottische Zeitung veröffentlichten seinen Namen. Für das Champions-League-Finale spielt das alles keine Rolle, denn „Giggsy“ ist für Ferguson und Manchester United eben „unverzichtbar“.

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