Vancouver im Finale Favorit
In der Nacht auf Donnerstag ist es wieder so weit: Nach 82 Spielen Grunddurchgang und drei Runden im Play-off duellieren sich die Vancouver Canucks und die Boston Bruins um die begehrteste Trophäe im Eishockey: den Stanley Cup. Die Canucks gehen als bestes Team der „Regular Season“ als leichter Favorit in die Endspielserie.
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Maximal sieben Spiele dauert das Duell um die silberne Trophäe, die seit 1927 an den Sieger der National Hockey League (NHL) vergeben wird. Spätestens am 15. Juni steht der Nachfolger der Chicago Blackhawks fest. Die hatten vor einem Jahr die Philadelphia Flyers mit 4:2 in der „Best of seven“-Serie besiegt und damit erstmals nach 49 Jahren wieder den NHL-Titel geholt. Auch für Vancouver und Boston würde die Meisterschaft das Ende einer langen Durststrecke bedeuten.
Vancouver hofft auf Premiere
Die seit 1970 zur NHL gehörenden Canucks standen zwar bereits zweimal (1982 und 1994) im Endspiel, mussten sich aber jeweils den New York Islanders bzw. den New York Rangers geschlagen geben. Die Chancen, im dritten Anlauf den begehrten Cup endlich in die Olympiastadt von 2010 zu holen, stehen heuer so gut wie noch nie. Vancouver beendete den Grunddurchgang als bestes Team, erzielte die meisten Treffer (262) und kassierte im Gegenzug die wenigsten (185).
![© Reuters/Ben Nelms Boston Bruins Johnny Boychuk wird von Vancouver Canucks Henrik Sedin vor dem Tor von Goalie Tim Thomas zu Fall gebracht.](../../../static/images/site/sport/20110522/eishockey_nhl_vancouver_boston_body_r.2074094.jpg)
Reuters/Ben Nelms
Auch im Finale im Mittelpunkt: Henrik Sedin (l.) und Goalie Tim Thomas
Hauptverantwortlich für den Höhenflug der Canucks sind die Zwillinge Henrik und Daniel Sedin. Die 30-jährigen Schweden sind das Rückgrat im Angriff Vancouvers. Daniel beendete den Grunddurchgang mit 41 Toren und 63 Assists und war damit Topscorer der Regular Season. Bruder Henrik, im vergangenen Jahr wertvollster Spieler der Liga, steuerte 19 Tore und 75 Vorlagen im Grunddurchgang bei. Mit 21 Zählern (zwei Tore, 19 Assists) ist Henrik derzeit bester Scorer im Play-off.
„Hexer“ auf beiden Seiten
In der Defensive setzt man auf Torhüter Roberto Luongo, der schon vor einem Jahr Olympiagold für Kanada festhielt. Der Kanadier strafte im bisherigen Play-off seine Kritiker Lügen und rehabilitierte sich für schwache Leistungen in entscheidenden Spielen in den Jahren zuvor. Jetzt soll Luongo den ersten Stanley-Cup-Sieg eines kanadischen Teams seit 1993 fixieren. Damals setzten sich die Montreal Canadiens gegen die Calgary Flames durch und holten letztmals den begehrten Cup ins Mutterland des Eishockeys.
Das Finale wird überhaupt zum Showdown der „Hexer“. Denn Luongo gegenüber steht mit Tim Thomas ein Anwärter auf den Titel Torhüter des Jahres. Der 37-jährige US-Amerikaner erlebte heuer seinen x-ten Frühling und führte die Bruins in ihr erstes Finale seit 1990. Den bisher letzten von fünf Titel holte das Gründungsmitglied der NHL („Original Six“) bereits 1972, damals noch mit Größen wie Bobby Orr. Seit damals floss viel Wasser den Charleston River Richtung Meer - und so manche Träne enttäuschter Eishockey-Fans in Boston.
![© Reuters/Andy Clark Vancouver Canucks Goalie Roberto Luongo während dem Training](../../../static/images/site/sport/20110522/eishockey_nhl_vancouver_boston_box_r.2074095.jpg)
Reuters/Andy Clark
Canucks-Goalie Luongo trainiert mit dem großen Ziel vor Augen.
Bostons „Stiefkind“
Denn während im Football (New England Patriots), Basketball (Boston Celtics) und Baseball (Boston Red Sox) in den vergangenen zehn Jahren zumindest einen Titel in die Hauptstadt von Massachusetts holen konnten, herrschte im Eishockey tote Hose. Fünfmal nach 1972 standen die Bruins zwar im Finale, ebenso oft mussten sie aber dem Gegner beim Jubeln zusehen. Dafür sorgen, dass es im sechsten Anlauf endlich wieder mit dem Titel für das „Stiefkind“ der Stadt klappt, soll u. a. Verteidiger Zdeno Chara.
Der 2,06 m große Slowake besticht allein durch seine körperliche Präsenz auf dem Eis. Aber nicht nur vor dem eigenen, auch vor dem gegnerischen Tor gilt der Riese, dank seines waffenscheinverdächtigen Schlagschusses, als Trumpfass der Bruins. Die eigenen Stärken sind es auch, worauf man sich bei Boston konzentrieren möchte. „Der Schlüssel zum Erfolg ist, wie man selber spielt“, so Bruins-Altmeister Mark Recchi. Der 43-Jährige weiß wovon er spricht: Bereits zweimal, 1991 mit Pittsburgh und 2006 mit Carolina, durfte er den Stanley Cup stemmen.
Olympia als Canucks-Omen?
Die meisten Experten gehen von einer engen, über sieben Spiele gehenden Serie aus. So wie bei den letzten Auftritten kanadischer Teams im Finale 2004 und 2006. Eine statistische Spielerei sieht jedoch die Canucks als logische Sieger: Ein Jahr nach den Olympischen Spielen in Montreal 1976 gewannen die Montreal Canadiens die NHL. Ein Jahr nach den Olympischen Spielen 1988 in Calgary holten die Calgary Flames den Stanley Cup. Im Vorjahr fand Olympia wie bereits oben erwähnt in Vancouver statt.
Dass der Aberglaube eine wichtige Rolle spielt, bewiesen beide Teams bereits nach dem gewonnenen Conference Finali gegen die San Jose Sharks (Vancouver) und Tampa Bay Lightning (Boston). Sowohl Henrik Sedin als auch Chara wagten es nicht, die „Prince of Wales Trophy“ bzw. die „Clarence S. Campbell Bowl“ für den jeweiligen Conference-Sieger anzufassen. Denn das bringt, wie jeder NHL-Spieler weiß, Unglück.
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