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„Beeindruckende Manipulationen“

Im Rahmen großangelegter Ermittlungen zu einem internationalen Wettskandal sind in Italien gleich mehrere namhafte Fußballprofis und frühere Spieler verhaftet worden. Besonders gravierend sind die Vorwürfe gegen den ehemaligen italienischen Teamstürmer und Lazio-Star Giuseppe „Beppe“ Signori.

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Der 43-jährige frühere Mannschaftskapitän von Lazio, der dreimal (1993, 1994 und 1996) Torschützenkönig in der Serie A war, soll eine zentrale Rolle in einer Organisation gespielt haben, die hohe Summen auf manipulierte Spiele gesetzt haben soll. Der federführende Staatsanwalt von Cremona, Guido Salvini, sprach von „beeindruckenden Manipulationen“ in großer Zahl. „Bis zu fünf Matches gleichzeitig wurden manipuliert“, so Salvini.

Der ehemalige italienische Fußballstar Giuseppe Signori auf dem Weg zur Polizeistation

APA/EPA/ANSA/Michele Nucci

Signori steht im Mittelpunkt der Untersuchungen.

Der Staatsanwalt wittert das organisierte Verbrechen hinter dem Wettskandal. Zu den Personen, die beträchtliche Summen auf die manipulierten Spiele setzten, zählten auch mutmaßliche Mitglieder der organisierten Kriminalität in Albanien. Neben dem unter Hausarrest gestellten Signori wurden 15 weitere Personen, unter ihnen ehemalige Profis der Serie A sowie noch aktive Spieler und Manager, von der italienischen Polizei vorläufig festgenommen. Darunter sind auch Inhaber von Wettbüros.

Mehrere prominente Spieler verwickelt

Ein Haftbefehl wurde gegen Mauro Bressan, einen Ex-Mittelfeldspieler von AC Fiorentina, erlassen. Ermittlungen laufen auch gegen den Kapitän des Serie-A-Aufsteigers Atalanta Bergamo, Cristiano Doni, und gegen den ehemaligen Sampdoria-Star Stefano Bettarini, der jetzt als TV-Kommentator tätig ist.

Die in mehreren italienischen Städten Verhafteten werden beschuldigt, in den vergangenen Monaten 18 Spiele der ersten, zweiten und dritten Liga manipuliert und dann im In- und Ausland hohe Wettsummen auf die Partien gesetzt zu haben. Auch das Serie-A-Spiel zwischen Inter Mailand und US Lecce vom 30. März steht unter Manipulationsverdacht, obwohl die Verdächtigten ihre Wetten in diesem Fall verloren. Ein Untersuchungsrichter stellte auch den Aufstieg von Atalanta Bergamo und AC Siena in die erste Liga infrage.

Dem für seine Spielleidenschaft bekannten Signori könnte seine Schwäche nun zum Verhängnis werden. Ihm und seinen Komplizen drohen mehrere Jahre Haft. Am Mittwoch wurde er erstmals verhört. Nach Salvinis Angaben setzte der 43-Jährige allein auf das Erstligaspiel zwischen Inter und Lecce 150.000 Euro. Anders als von Signori gewettet gewann der Titelverteidiger jedoch nicht mit drei Toren Unterschied, sondern nur 1:0.

Spielern Beruhigungsmittel verabreicht?

Bei anderen Wetten waren die mutmaßlichen Betrüger offenbar erfolgreicher. Die Behörden waren im November vergangenen Jahres in Cremona erstmals auf sie aufmerksam geworden, als in Wasserflaschen der Cremona-Spieler Beruhigungsmittel gefunden wurden. „Das war unglaublich gefährlich“, sagte Nationalmannschaftsarzt Enrico Castellacci. Im Zuge der damals gestarteten Ermittlungen rückten dann die Partien Ascoli - Atalanta, Livorno - Ascoli, Inter - Lecce, Atalanta - Piacenza, Padova - Atalanta und Siena - Sassuolo ins Visier der Fahnder.

Nicht der erste große Skandal

Beim ersten Wettskandal in Italien waren 1980 der Präsident des AC Milan, Felice Colombo, und 13 Spieler von Milan, Lazio Rom und fünf weiteren Clubs verhaftet worden. Der 1982 zum WM-Helden aufgestiegene Stürmer Paolo Rossi wurde zwei Jahre gesperrt, Lazio und Milan zum Zwangsabstieg in die Serie B verurteilt.

1986 deckte die Turiner Staatsanwaltschaft 30 manipulierte Erst- und Zweitligaspiele auf. 2000 soll das Pokalspiel zwischen Atalanta und Pistoiese manipuliert worden sein, alle Angeklagten wurden aber in letzter Instanz freigesprochen. 2004 wurde Modena mit vier Strafpunkten belegt, vier Spieler wurden gesperrt, darunter Stefano Bettarini.

Im Jahr 2006 wurde Juventus Turin zum Zwangsabstieg in die Serie B verurteilt, den Turinern wurde auch der Meistertitel 2006 aberkannt und Inter Mailand zugesprochen.

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