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Rarität im heimischen Fußball

Wenn das ÖFB-Team im Testspiel am Dienstag (20.30 Uhr, live in ORF eins) in Graz um die Bestätigung seiner guten Leistung gegen Deutschland kämpft, werden alle Augen auf einen erst 20 Jahre alten Debütanten gerichtet sein. Christopher Dibon muss sich international in der neu gebildeten österreichischen Innenverteidigung bewähren. Bisher war der Admiraner nur Unterklassiges gewohnt.

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Es gibt nur wenige Spieler aus der zweiten heimischen Spielklasse, denen die Ehre zuteil wurde, ins Teamdress zu schlüpfen. Der letzte ohne Bundesliga-Erfahrung war Matthias Dollinger (DSV Leoben), der vor neun Jahren beim 0:1 gegen Norwegen spielen durfte. 1994 absolvierte LASK-Spieler Markus Weissenberger 20 Minuten gegen Schottland. Unvergessen auch Walter „Schoko“ Schachner, der 1976 als Leobner international aufzeigte.

Den letzten A-Team-Einsatz eines Zweitligisten gab es 2005 beim 2:2 gegen Schottland. Der Spieler hieß allerdings Ivica Vastic, und nicht nur der damalige Teamchef Hans Krankl wusste, was er an dem LASK-Spieler hatte: „Es ist egal, wo er spielt. Ich weiß, was er kann.“

Durch Ausfälle ins Team

Dibon rutschte nicht wie Vastic durch seinen klingenden Namen ins Team, sondern durch zahlreiche Ausfälle. Emanuel Pogatetz, Sebastian Prödl, Aleksandar Dragovic und Franz Schiemer sind verletzt, Paul Scharner auf vorzeitigem Urlaub, und mit Martin Stranzl hat sich Teamchef Dietmar Constantini überworfen. Viel Auswahl bleibt damit in der nominell stärksten Formation der Österreicher nicht mehr, und so erhält der Admira-Kapitän seine Chance.

„Dibon ist ein Hoffnungsträger für die Zukunft“, sagte Constantinis Kotrainer Manfred Zsak zum Debüt des 20-Jährigen. Unterstützung in der Innenverteidigung erhält der Kapitän des U21-Teams von Austria-Routinier Manuel Ortlechner (31). „Ortlechner und Dibon haben so viel Klasse, dass am Dienstag nichts Negatives passieren wird“, ist Zsak überzeugt.

Christopher Dibon mit Admria-Trainer Dietmar Kühbauer und dem Meisterteller

GEPA/Mario Kneisl

Admira-Trainer Dietmar Kühbauer ist voll des Lobes für seinen Kapitän.

„Alles, was ein Abwehrspieler braucht“

Wenige kennen den Niederösterreicher so gut wie sein Trainer Dietmar Kühbauer, der die „sehr schnelle und überraschende“ Nachnominierung Dibons als Honorierung seiner Leistungen sieht. Sorgen, dass der Youngster die Umstellung von der Ersten Liga auf internationales Tempo nicht schafft, hat er keine: „Admira hat zwar in der Ersten Liga gespielt, aber vom Potenzial her hätten wir schon in der Bundesliga spielen können. Auch Dibon hat das Potenzial dazu, und wenn er spielt, wird er es beweisen.“

Nicht umsonst machte Kühbauer ihn zum Kapitän. Gegenüber ORF.at beschrieb der Trainer die Stärken seines Abwehrchefs: „Er ist taktisch sehr gut, sehr kopfballstark, ein guter Zweikämpfer, kann Situationen gut vorausahnen und ist schon sehr reif und weit.“ Kurz: „Dibon hat alles, was ein guter Abwehrspieler braucht.“ Verbessern müsse er vor allem seine Kommunikationsfähigkeit. „Er ist noch zu leise“, schilderte Kühbauer.

„Youngster der Saison“

Die nüchternen Fakten bestätigen Kühbauers Aussagen. Trotz seiner Jugend hält der Admiraner schon bei 104 Erste-Liga-Spielen. Vergangene Saison war er mit 3.206 Einsatzminuten in 36 Spielen gar der „Eiserne“ des Meisters. Trotz vieler Zweikämpfe kassierte Dibon, der Real-Madrid-Star Sergio Ramos als Vorbild angibt, dabei nur vier Gelbe Karten und keine einzige Rote. Auch Andreas Herzog hält große Stücke auf den „Youngster der Saison“ der Ersten Liga und machte ihn zum Kapitän des ÖFB-U21-Teams.

Ob der 1,82-Meter-Mann den Vorschusslorbeeren gerecht wird, wird sich erstmals am Dienstag gegen den lettischen Angriff zeigen, der bisher in sechs EM-Qualipartien auf fünf Tore kam. „Dibon hat jetzt ein Etappenziel erreicht“, sagte Kühbauer, „aber er muss sich jeden Tag aufs Neue beweisen und sich weiterentwickeln. Charakterlich mache ich mir da keine Sorgen.“

Zu hoffen bleibt, dass das Debüt eines aufstrebenden Youngsters aus der Zweitklassigkeit erfolgreich verläuft und somit die einzige Rarität in diesem Freundschaftsspiel bleibt. Die andere würde bei einer Niederlage Österreichs eintreten, denn außer 1946/47 hat das ÖFB-Team noch nie sechsmal in Folge verloren.

Oliver Mück, ORF.at

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