Wer macht sich zum Esel?
Die Box-WM zwischen den Titelträgern Wladimir Klitschko und David Haye in Hamburg wird in Superlativen gepriesen. Das Duell am Samstagabend in der Fußballarena des Hamburger SV ist zweifellos das spannendste im Schwergewichtkampf seit Jahren und war mit Sicherheit im Vorfeld auch das lautstärkste Duell.
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Der 30-jährige Brite Haye hat verbal so aggressiv auf den 35-jährigen Ukrainer eingeprügelt, dass das Interesse an dem Kampf so angeheizt wurde wie schon lange nicht mehr bei einem WM-Fight. Der Ukrainer sei „kein geborener Fighter“ wie er selbst, sagte Haye etwa. „Wenn wir beide Tiere wären, dann wäre ich ein Leopard und er ein beschissener Esel.“
Als Provokateur bereits Weltmeister
Der Brite gibt zu, dass er mit seinen beispiellosen Provokationen den Kampf anheizen wollte. „Ich überlege mir, wie ich aus einem Kampf ein Drama machen, wie ich Schlagzeilen produzieren kann. Die Leute sollen denken: Wer ist dieser Kerl? Und dann schauen sie sich den Kampf an, weil sie wissen wollen, ob ich was kann. Oder weil sie hoffen, dass ich verprügelt werde.“
Bezahlt gemacht hat sich die Stimmungsmache auf alle Fälle. Es wird die höchste Börse der deutschen Boxgeschichte. Rund acht bis zehn Millionen Euro werden für jeden Rivalen herausspringen, wird spekuliert. Bei hohen Einschaltquoten im britischen Bezahlfernsehen noch mehr.
Die Saat für einen heißen Kampf wurde jedenfalls gelegt. Bereits die Abwaage wurde am Freitag vor Hunderten Zuschauern und unter lauten Gesängen von englischen Fans, die Klitschko ausbuhten, vorgenommen. Zwischen den Begleitern beider Boxer kam es zu leichten Rangeleien.

dapd/Stefan Simonsen
Brisantes Duell der Muskelprotze: Auch bei der Abwaage ging es heiß her.
Schnell und wendig, aber leicht
Die Erfolgsstatistik von Haye ist zwar nicht so umfangreich wie jene von Klitschko, aber in dem Londoner mit den Rastazöpfen steckt mehr als nur Provokation: 26 Kämpfe, 25 Siege, 23 Knock-outs. 2008 war er Dreifachweltmeister im Cruisergewicht, fand keine Rivalen mehr und stieg ins Schwergewicht auf. Schon damals zählte nur eines für ihn: die Klitschkos vor die Fäuste bekommen und besiegen.
„Er hat die Schnelligkeit, die Wendigkeit, die Ausdauer und die Kraft, das zu schaffen“, sagte der einstige Weltmeister Lennox Lewis über seinen Landsmann. Haye, dem Killerinstinkt nachgesagt wird, hat bisher vier Kämpfe im Schwergewicht bestritten und gewonnen, darunter gegen den „Riesen“ Nikolai Walujew. Als ehemaliger Cruisergewichtler bringt er nur 96,5 Kilogramm auf die Waage, Klitschko wiegt 110 Kilo.
Klitschko verspricht K. o.
Wladimir Klitschko steht mit seinem Bruder Vitali dicht vor der Erfüllung eines Traumes, die Titel der vier großen Weltverbände in die Familie zu holen. 1,98-Meter-Hüne Wladimir ist WBO- und IBF-Champion, Zweimeterriese Vitali WBC-Weltmeister. Als letztes Stück der Begierde soll endlich der WBA-Gürtel ins Klitschko-Lager wechseln. Das wäre eine Einmaligkeit im internationalen Boxgeschehen.
Die meisten trauen Wladimir, der 55 von 58 Profikämpfen gewonnen hat, davon 49 durch K. o., das Kunststück zu. „Wladimir wird ihn ausknocken. Das ist für mich keine Frage“, sagt Vitali Klitschko. Sein Bruder sieht das Gefecht als Strafmaßnahme für sämtliche Beleidigungen („Hyäne“, „beschissener Esel“) und Geschmacklosigkeiten (enthauptete Klitschkos auf Shirts und in Videospielen). „Das wird mein 50. K. o.“, verspricht Klitschko.
„Außer Klitschko bekommt Herzinfarkt“
Der schnelle Haye wird versuchen, Klitschko überfallsartig zu attackieren wie einst der Südafrikaner Corrie Sanders, der Klitschko schon nach zwei Runden zu Boden schickte. „Die Niederlagen gegen Sanders und Brewster hat Wladimir aber verarbeitet. Er ist wesentlich stabiler, geradliniger und besser geworden“, urteilt Boxmanager Jean-Marcel Nartz.
Ex-Weltmeister Mike Tyson legte sich in einem TV-Interview jedenfalls fest und hatte für Haye keine guten Aussichten: „Ich sehe keine Chance für Haye, wenn ich die Situation logisch betrachte. Klitschko hat keine Schwachpunkte, es sei denn, er bekommt einen Herzinfarkt in diesem Kampf.“
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