Unglaubliche Dominanz
Novak Djokovic ist spätestens seit Sonntag der personifizierte Stolz Serbiens. Sein erster Wimbledon-Sieg könnte eine Zäsur im Herren-Tennis bedeuten. Der 24-Jährige ist die neue Nummer eins der Welt, er beendete mit seinem Triumph bei der 125. All-England-Championship die Regentschaft der langjährigen Herrscher Roger Federer und Rafael Nadal.
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Und bei seinem gewaltigen Vorsprung in der Weltrangliste, die ihn am Montag mit einem Plus von mehr als 2.000 Zählern auf Nadal auswarf, wird ihm den Platz an der Sonne so bald wohl keiner streitig machen. Wimbledon 2011 wird also den Beginn der Ära Novak Djokovic markieren. Oder doch nicht? Denn nach dem furiosen Tennishalbjahr des Seriensiegers aus Serbien rätseln Experten und Rivalen, wie lange die fast schon beängstigende Dominanz des neuen Wimbledon-Champions anhält.
Für Grand-Slam-Siege geboren
„Er hat von 49 Spielen in diesem Jahr 48 gewonnen. Das ist unglaublich. Was kommt da noch?“, fragte Boris Becker, der Djokovic nun auch beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres in New York für den großen Favoriten hält: „Er kann auch auf Hartplätzen gewinnen.“ Eines ist jedenfalls klar: Nicht mehr länger Nadal oder den langjährigen Regenten Federer gilt es in erster Linie zu schlagen, wenn die großen Titel vergeben werden. Djokovic ist es, der künftig bei den Majors im Mittelpunkt stehen wird.
Und der serbische Nationalheld gefällt sich in der Rolle des Gejagten: „Ich will ein Tennischampion werden. Ich will weitere Grand Slams gewinnen.“ Dafür sei er geboren worden, betonte der 24-Jährige voller Pathos, ehe die Jubelparty beginnen konnte. In der Heimat überschlugen sich die Zeitungen mit Superlativen. „Nole auf dem goldenen Thron. Ein Champion von klein auf. Dem König die Krone“, schrieb „Novosti“ am Montag. Für das „Sportski Zurnal“ ist „Nole“ Djokovic wahlweise „der Herzog von Wimbledon“ oder „der Wimbledon-Diamant“.

Reuters/Regis Duvignau
Die Zeiten des Privatduells Nadal - Federer sind vorbei.
„Nadal erniedrigt“
Die Zeitung „Blic“ ernannte den neuen Champion kurzerhand zum „König der Welt“. Acht Turniersiege und eine Bilanz von 48:1 Erfolgen binnen sechs Monaten haben Djokovic an die Spitze der Weltrangliste katapultiert. Gleich in fünf großen Endspielen gab der Australian-Open-Champion dem entthronten Wimbledon-Titelverteidiger Nadal dabei das Nachsehen. Fast hat es den Anschein, als sei der 24-Jährige derzeit unschlagbar. „Ich habe verloren, weil ich gegen den momentan besten Spieler der Welt gespielt habe“, brachte Nadal die Niederlage auf den Punkt.
In einem Kommentar für die serbische Zeitung „Press“ konstatierte Coach Niki Pilic: „Novak hat Nadal erniedrigt. Er spielte phänomenal und hat bewiesen, dass er definitiv der beste Tennisspieler auf dem Planeten ist. Das ist meiner Meinung nach der absolute Gipfel des Tennis.“ Aber Nadal wäre nicht der größte Kämpfer seines Sports, würde er sich mit der Ausnahmestellung von Djokovic einfach so arrangieren.

Reuters/Eddie Keogh
Novak Djokovic kostet nach dem Finale vom Belag des Triumphes.
Jubel mit Grasfressen
„Meine Erfahrung sagt mir, dass er dieses Level nicht für immer halten wird. Ich werde bereit sein und immer kämpfen, um auf meinen Moment zu warten“, kündigte der zehnfache Grand-Slam-Champion an. „Keiner gewinnt alles. Er wird in der Zukunft wieder verlieren.“ Das weiß auch Djokovic. Umso mehr genoss er schon auf dem Centre Court den „besten Tag meiner Tenniskarriere“. Kurioser Höhepunkt seiner ersten emotionalen Ausbrüche war der Moment, als der Spaßvogel wortwörtlich Gras fraß.
Djokovic schob sich einige Halme des „heiligen Rasens“ in den Mund und probierte das nicht mehr ganz so saftige Grün. „Ich fühlte mich wie ein Tier. Ich wollte sehen, wie es schmeckt. Es schmeckt gut“, sagte Djokovic lachend. Er habe nicht gewusst, was er vor lauter Aufregung und Freude tun sollte: „Das war wirklich spontan.“
Tadic bietet Amt des Staatspräsidenten an
Ebenfalls spontan bot Staatschef Boris Tadic im ersten Überschwang Djokovic sogar das Amt des Präsidenten an. „Ich würde sofort zustimmen, dass Djokovic Präsident wird. Ich kann es kaum erwarten, einem so Erfolgreichen die Arbeit zu überlassen“, zitierten die Medien am Montag den Präsidenten. „Ich weiß nicht, wie ich Novak für alles danken soll, was er für Serbien, für uns und unser Volk getan hat.“
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