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Nullnummer macht Lust auf mehr

„Marktwert spielt nicht Fußball“: Ried-Verteidiger Max Karner hatte vor dem Europa-League-Hinspiel gegen den niederländischen Spitzenclub PSV Eindhoven angedeutet, dass der Letzte der heimischen Bundesliga nicht bereit war, sich dem großen Namen bereits im Vorfeld zu beugen.

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Mit dem erkämpften 0:0 am Donnerstagabend vor 5.700 Zuschauern stellten die Kicker aus dem 12.000-Einwohner-Ort die Fußballwelt dann wieder einmal auf den Kopf, wie bereits in der letzten Runde gegen den dänischen Traditionsclub Bröndby IF. Mit ihren Tugenden Kampfkraft und Einsatz führten die junge Rieder Mannschaft die Marktwerte der Gegner ad absurdum. Eine Ein-Million-Abwehr hielt dem 20-Millionen-Sturm des Gegners stand.

Daniel Royer (Ried) und Giorginio Wijnaldum (PSV)

APA/Rubra

Die Hausherren verkauften sich gut

Auch in Österreich wird Fußball gespielt

Auch wenn Eindhoven in den Anfangsminuten das Spiel machte, zu Chancen kam und zu Unrecht ein Tor wegen vermeintlichen Abseits aberkannt bekam, waren es die Rieder, die die letzten 15 Minuten vor der Pause dominierten und durchaus in Führung gehen hätten können, wäre nicht Eindhoven-Tormann Andreas Isaksson in Hochform gewesen.

Anel Hadzic, der dabei das 1:0 auf dem Fuß hatte, wusste, warum Ried dem Topklub Paroli bot: „Wir sind eine Mannschaft und wir haben gezeigt, dass auch in Österreich Fußball gespielt wird.“ Routinier Stefan Lexa pflichtete Hadzic bei: „Wir haben ein super Spiel gemacht. Für diese Leistung brauchen wir uns nicht verstecken.“

„Eine richtige Mannschaft“

Dieser Meinung war auch der Gegner. Eindhoven-Trainer Fred Rutten wirkte zu Beginn der Pressekonferenz gereizt, zitierte UEFA-Vorschriften, weil er bei seiner Matchanalyse kurz unterbrochen worden war. Dennoch nahm er die Vorstellung seiner Mannschaft gefasst hin und zollte dem Gegner Respekt. „Ried ist ein richtiges Team“, lobte der 48-jährige Niederländer die Oberösterreicher und deren Auftreten als Einheit.

„Sie gehen gut in die Zweikämpfe. Hinten hat die Abwehr gehalten und wir konnten in der zweiten Hälfte die Chancen nicht mehr so leicht herausspielen, wie zu Beginn.“ Für das Rückspiel ist der ehemalige Schalke-Coach dennoch zuversichtlich. „Natürlich ist das Ergebnis für uns enttäuschend, aber wir haben kein Tor bekommen. Deshalb bin ich zufrieden und es schaut gut für uns aus, die Gruppenphase zu erreichen.“

Royer hat noch nicht genug

Da wollen die Rieder noch zumindest das eine oder andere Wörtchen mitreden. Das 0:0 hat der Mannschaft Lust auf mehr gemacht, die Möglichkeit, in die Gruppenphase einzuziehen, lässt die zwar junge, aber dafür umso leidenschaftlichere Gludovatz-Elf träumen. „Wir freuen uns alle auf das Rückspiel“, sagte Daniel Royer. „Auch da ist was drinnen für uns. Dafür müssen wir aber wieder so auftreten wie heute.“

„Wir haben gezeigt, dass wir auch mit so einem Gegner mitspielen können. Wenn uns keiner etwas zutraut, rücken wir als Mannschaft noch enger zusammen“, wusste der ÖFB-Teamspieler und war sogar etwas enttäuscht: „Vor dem Spiel hätte ich mich über ein 0:0 gefreut, nachher muss ich sagen, leider nur 0:0.“ Was den Riedern zum vollen Erfolg fehlte? „Wir müssen vor dem gegnerischen Tor noch selbstbewusster werden“, forderte der Steirer.

Ried-Trainer Paul Gludovatz

AP/Andreas Schaad

Verdienter Applaus vom Trainer

„Ein toller Abend“ nicht nur für Ried

Lexa sah den Ball im Rückspiel hauptsächlich bei Eindhoven liegen: „Die sind jetzt mehr unter Druck, müssen im Heimspiel etwas zeigen.“ So weit wollte Trainer Gludovatz noch nicht denken. Für ihn war wichtig, dass Ried kein Tor bekommen hat. Auch wenn der Plan nicht aufgegangen war, nach dem sein Team aus einer Standardsituation einen Treffer erzielen wollte.

„In der zweiten Hälfte haben wir gegen ein niederländisches Spitzenteam nur zwei Halbchancen zugelassen“, bilanzierte er zufrieden. „Es war ein toller Abend für das gesamte Innviertel.“ Weniger zufriedenstellend verliefen für den Burgenländer die Stunden davor. Gludovatz war über den unerwarteten Wechsel von Florian Mader zur Austria, der Donnerstagvormittag bekannt wurde, verärgert. Vor allem für die Art und Weise, wie der Transfer über die Bühne ging, hatte er klare Worte.

Gludovatz von Mader enttäuscht

„Flo Mader hat uns hinters Licht geführt“, wurde Gludovatz deutlich. Die gesamte Vorbereitung hätte Mader auf das Eindhoven-Spiel mitgemacht, sei fixer Bestandteil der Taktik und des Konzepts gewesen. Erst Donnerstag, nach drei Trainings für das Eindhoven-Match, habe er den Verein mit seiner gültigen Ausstiegsklausel verlassen. „Da musste ich dann zu Mittag in 20, 30 Minuten alles umstellen. Das war eigentlich das Schwierigste an dieser Partie.“

Ein Beweis mehr, wie viel Teamgeist in der Rieder Mannschaft steckt, wie das Kollektiv der eigentliche Star der Oberösterreicher ist. Und auch ein Beweis dafür, das Geld zwar sehr wohl gut Fußball spielt, aber nicht jedes Spiel gewinnen kann. Zumindest nicht an diesem Abend. In einer Woche steht der Spruch wieder auf dem Prüfstand, so wie die SV Ried.

Martin Wagner, ORF.at aus Ried

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