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Schillernde Figur und harter Hund

Die National Football League (NFL) hat am Samstag mit Al Davis eine ihrer schillerndsten Persönlichkeiten verloren. Der legendäre Besitzer der Oakland Raiders schloss im Alter von 82 Jahren für immer die Augen. Davis führte über Jahrzehnte hinweg ein eisernes Regiment bei den Raiders und formte aus dem Team eine der bekanntesten Marken der Football-Welt.

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„Er hat die Raiders definiert“, sagte NFL-Commissioner Roger Goodell in einem Nachruf auf Davis, „er war eine echte Legende. Wenn er gesprochen hat, hat jeder zugehört.“ Seit 1972 hatte der am 4. Juli 1929 in Brockton/Massachussetts geborene Davis bei den Oakland Raiders das uneingeschränkte Sagen. Bis zuletzt führte er die Geschicke des Clubs. Unter seiner Leitung gewann das Team dreimal die Super Bowl. Zuletzt standen die Raiders 2003 im Endspiel um den NFL-Titel.

Erfolg von Beginn an

Davis kam 1963 im Alter von 33 Jahren als Trainer und General Manager zu jenem Verein, der heute sein Vermächtnis darstellt. Der ehrgeizige Manager verpasste den Raiders in einer ersten Amtshandlung gleich jene Farben (Silber und Schwarz) und jenes Logo (Piratenkopf mit Säbeln), die das Team noch heute kennzeichnen. Gleich in seinem ersten Jahr feierte Oakland mit zehn Siegen und nur vier Niederlagen die erste „Winning Season“ seiner Geschichte.

Al Davis

AP/Paul Sakuma

Al Davis kreierte das berühmte Erscheinungsbild der Raiders

Davis formte die Raiders, unter Mithilfe von Trainerlegenden wie John Madden, zu einem der erfolgreichsten Teams der NFL-Geschichte. Zwischen 1967 und 1985 schafften es die Raiders 15-mal in das Play-off, 13-mal davon als Division-Sieger, und feierten ihre drei Super-Bowl-Titel. Außerdem krönten sich Davis’ Mannen 1967 zum Sieger der American Football League (AFL) - der damaligen Konkurrenz zur NFL.

Schauplatz Gericht

Der AFL, der heutigen American Football Conference (AFC) der NFL, stand Davis 1966 auch als Commissioner vor. Der im selben Jahr beschlossenen Fusion der beiden Ligen stand Davis in Opposition gegenüber, da er überzeugt war, dass die AFL die besser geführte Organisation war. Nach der hinter seinem Rücken betriebenen Funktion trat er als AFL-Boss zurück, kehrte aber später als eine der treibenden Kräfte der Neuorganisation der NFL auf die Bühne zurück.

Den Ruf als Rebell wurde Davis aber in der Folge nicht mehr los - und trug das Seinige dazu bei. 1980 klagte er die NFL, da sie es ihm untersagt hatte, sein Team nach Los Angeles zu übersiedeln. 1982 bekam der streitbare Raiders-Boss recht und spielte künftig in der „Stadt der Engel“. 1995 zog Davis aufgrund des veralteten Stadions in LA jedoch wieder zurück nach Oakland. Nicht ohne zuvor die NFL wegen fehlender Unterstützung erneut zu klagen.

Kuriose Personalentscheidungen

Auch mit seinen Personalentscheidungen sorgte Davis immer wieder für Schlagzeilen in der US-Presse. 1980 gab der Raiders-Boss seinen Star-Quarterback Ken Stabler, der das Team 1976 zum bis dahin einzigen Super-Bowl-Titel geführt hatte, nach Gehaltsstreitigkeiten an die Houston Oilers ab. Davis Sturheit, die ihm den Zorn der Raiders-Fangemeinde einbrachte, entpuppte sich am Ende als Glücksgriff. Denn Quarterback Jim Plunkett, der zur Mitte der Saison übernahm, führte Oakland zu zwei weiteren Titeln.

Seinen Hang zu schwer nachvollziehbaren Entscheidungen behielt Davis auch im fortgeschrittenen Alter bei. Nach der Saison 2001 gab der Raiders-Besitzer seinen aufstrebenden Trainer Jon Gruden für zwei hohe Picks im College-Draft an die Tampa Bay Buccaneers ab. Eine Entscheidung, die Davis im folgenden Jahr auf den Kopf fiel. In der Super Bowl 2003 wurden die Raiders ausgerechnet von den Buccaneers und Gruden mit 21:48 gedemütigt.

Niedergang seit 2003

Davis, dessen Credo stets „Just win it, baby“ lautete, war neben den vielen Erfolgen auch für den Niedergang der Raiders in seinen letzten Lebensjahren verantwortlich. Vor allem sein Geduldsfaden bei Misserfolg wurde nach der Finalniederlage 2003 immer kürzer. Hue Jackson, aktuell Headcoach des Teams, ist der fünfte Trainer in den vergangenen acht Jahren. Sieben Jahre in Folge feierten die Raiders nie mehr als fünf Siege pro Saison. Erst im vergangenen Jahr gelang mit acht Siegen und acht Niederlagen wieder eine ausgeglichene Bilanz.

Al Davis am Spielfeld

AP/Scott Anger

Al Davis war über Jahrzehnte hinweg das Gesicht der Raiders

Neben dem sich ständig drehenden Trainerkarussell sorgte Davis mit der Auswahl von JaMarcus Russell als ersten Spieler im College Draft 2007 für Aufsehen. Der Oakland-Boss stattete seinen Wunschspieler mit einem Vertrag über 61 Mio. US-Dollar (rund 45 Mio. Euro) aus - und wurde bitter enttäuscht. Russell brachte es in drei Jahren nur auf sieben Siege, bei 18 Niederlagen, und wurde 2010 mit Schimpf und Schande aus Oakland wieder vertrieben. Russell gilt als die größte Enttäuschung unter den Top-Picks der NFL-Geschichte.

Zum sportlichen Tiefschlag nach dem Russell-Fiasko gesellten sich in den letzten Jahren auch Krankheiten, die an der Kraft des Raiders-Zampano zehrten. „Ich kann fast alles kontrollieren, nur mit dem Tod funktioniert das nicht“, meinte Davis vor Jahren mit Hinweis auf seine angeschlagene Gesundheit. Trotzdem suchte er im Draft 2011 noch selbst alle Spieler aus und verhandelte auch die meisten Verträge selbst.

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