Chancenverwertung bleibt das Manko
Marcel Koller hat sich vor dem ersten Spiel als Teamchef zwar nicht als „Wunderwuzzi“ gesehen, gegen die Ukraine war am Dienstag jedoch der frische Wind, den der Schweizer in das ÖFB-Team gebracht hatte, bereits in Ansätzen zu spüren. Dennoch regierte nach dem 1:2 in letzter Sekunde der Frust. „Das Gegentor war unnötig“, ärgerte sich Koller.
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In der 92. Minute brachten sich die Österreicher durch ein „Blackout“ in der Abwehr um ein verdientes Remis. Der eingewechselte Marko Devic verdarb mit seinem Treffer Koller dessen bis dahin gut verlaufenes Debüt. Die ÖFB-Elf spielte mit Schwung, ging engagiert in die Zweikämpfe und versprühte in Ansätzen auch Spielwitz. Zwei Unachtsamkeiten - auch beim 0:1 durch Artem Milewski (18.) war die Abwehr nicht im Bilde - stellten den Spielverlauf jedoch auf den Kopf.
„Killermentalität“ fehlt
„Wir waren die klar bessere Mannschaft und hätten auch gewinnen können“, sagte David Alaba, der diesmal im defensiven Mittelfeld neben Julian Baumgartlinger die Fäden zog. „Es war ein großer Schritt nach vorne, auch wenn wir wieder unglücklich verloren haben“, meinte der Bayern-Legionär, „wir müssen unsere Chancen einfach nutzen.“ Alaba sprach damit an, was auch Koller den Spielern in seinem ersten Trainingscamp nicht einhämmern konnte: die Kaltschnäuzigkeit vor dem Tor.

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Ivanschitz und Co. wurden für ihre starke Leistung wieder nicht belohnt
Während die Ukrainer die sich ihnen bietenden Chancen eiskalt verwerteten, hatten die Österreicher vor dem Tor wieder große Probleme. Bezeichnend, dass der Treffer der ÖFB-Elf, auch wenn offiziell Marc Janko zugeschrieben, durch ein Eigentor von Olexandr Kutscher zustande kam. „Wir müssen mehr Killermentalität entwickeln“, forderte Sebastian Prödl, „wir sollten das Ergebnis nicht ausblenden, selbstkritisch sein und nächstes Mal ergebnisorientierter spielen.“
„Noch nicht hundertprozentig abgestimmt“
Janko, der vom norwegischen Schiedsrichter seinen zehnten Länderspieltreffer geschenkt bekam, nahm sich selbst in die Pflicht. „Wir hatten gute Chancen, aber die muss man konsequenter nutzen.“ Der Kapitän hatte selbst in der 51. Minute den Ausgleich am Fuß, doch sein Schuss fiel zu zentral aus und bereitete Torhüter Andrej Dikan damit keine Probleme.
Janko, der mit Marko Arnautovic gut harmonierte, schränkte jedoch ein: „Man hat gesehen, dass wir noch nicht hundertprozentig abgestimmt sind.“ Arnautovic, der wieder mit Undiszipliniertheiten auffiel, hätte taktisch betrachtet wohl auch ein Wechsel mit Ivanschitz von der Mitte weg auf links gutgetan.
Baustelle rechte Abwehrseite
Auch Teamchef Koller hatte das größte Manko seiner Truppe schnell erkannt. „Wir müssen noch konsequenter das Tor suchen“, sagte der Schweizer, „da müssen wir in Zukunft den Hebel ansetzen.“ Den Hebel ansetzen wird Koller auch auf der Position des rechten Außenverteidigers. Franz Schiemer war auf der für ihn ungewohnten Position augenscheinlich überfordert und sah bei beiden Gegentreffer nicht gut aus. „Wir haben die Situation vor unserem Tor nicht in den Griff bekommen“, sagte Koller.

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Auf den neuen Teamchef wartet trotz guter Ansätze noch viel Arbeit
Generell fiel das Fazit des 51-Jährigen jedoch positiv aus. „Eigentlich bin ich positiv überrascht, wie die Mannschaft gespielt hat und das umgesetzt hat, was wir in dieser kurzen Zeit erarbeitet haben“, so Koller, dem trotzdem das Ergebnis sauer aufstieß: „Ich ärgere mich schon und bin auch enttäuscht.“ Eine Enttäuschung, die der Teamchef mit seinen Spielern teilt. „Man kann auf dieser Leistung aufbauen, aber das haben wir schon viel zu oft gesagt“, sagte etwa Martin Harnik.
Der Stuttgart-Legionär will so wie der Teamchef und die Fans endlich zählbare Ergebnisse statt unnötiger Niederlagen sehen. „Ich würde lieber mit einem dreckigen Sieg hier stehen“, meinte Harnik. Die nächste Gelegenheit zu einem „dreckigen Sieg“ gibt es am 29. Februar 2012 zu Hause gegen Finnland. Und der Start ins neue Länderspieljahr soll besser gelingen als der Abschluss des alten.
Harald Hofstetter und Karl Huber, ORF.at
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