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ÖSV-Pechvogel versucht es aufs Neue

Am Freitag dürfte Mario Scheiber beim Super-G-Klassiker in Gröden sein Comeback geben - rund elf Monate nach seinem schweren Trainingssturz in Chamonix, in dessen Folge der Osttiroler seine Karriere kurzzeitig beenden wollte. Nun greift Scheiber mit frischen Kräften an. Schafft er ausgerechnet in seinem 100. Weltcup-Rennen den ersten Sieg?

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Die vergangene Nordamerika-Tournee hatte der 28-Jährige wegen akuter Rückenschmerzen vorzeitig und ohne Renneinsatz abbrechen müssen, nach zwei Trainingstagen auf der Reiteralm fühlt er sich aber bereit für die anspruchsvolle Saslong. Schon vor zwei Jahren wurde er hier in der Abfahrt Zweiter, geschlagen nur vom Kanadier Manuel Osborne-Paradis. Den Super-G hatte er davor auf Platz vier beendet, im Vorjahr schied er aus.

Mario Scheiber auf Ski

GEPA/Christian Walgram

Scheiber lässt sich nicht unterkriegen

Comeback ohne Emotionen

Sein x-tes Comeback löst bei Scheiber keine allzu großen Emotionen aus. Er hat gelernt, mit Rückschlägen zu leben. „Ich habe in meiner Karriere so viel mitgemacht, deshalb kann ich mit der Situation auch umgehen“, sagte der Speed-Spezialist aus St. Jakob im Defreggental in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung“ („TT“).

Scheiber wirkt abgeklärt: „Sich darüber aufzuregen bringt nichts, es ist so, wie es ist, und du kannst es nicht mehr ändern. Das Einzige, was du zur Situation beitragen kannst: alles dafür zu tun, dass deine Verletzung schnell wieder heilt.“ Die Liste seiner Verletzungen ist lang und reicht von Kreuzbandriss über Schulterluxation bis zu Meniskuseinriss und schwerer Gehirnerschütterungen. Trotzdem brachte er es in bisher 99 Weltcup-Rennen auf neun zweite und vier dritte Plätze.

Scheibers „schönstes Gefühl“

Nur ein Sieg war ihm bisher nicht gegönnt, worüber sich Scheiber gar nicht beklagt. Er könne es nicht ändern. „Ich denke von Rennen zu Rennen, mehr kann ich nicht tun. Das gilt auch für Gröden: Ich weiß nicht, wo ich stehe, ich muss mich wieder herantasten“, dämpfte er überzogene Erwartungen. Den nötigen Rückhalt auf dem Weg zurück hatte er in Freundin Ursula und seiner fünf Monate alten Tochter Joleen, die am 23. Juni zur Welt kam.

„Die Geburt war das schönste Gefühl, das ich je erlebt habe. Kann ich jedem nur empfehlen“, hatte Scheiber gegenüber der „SportWoche“ gesagt. „Seit sie da ist, macht es noch viel mehr Sinn, jeden Tag aufzustehen.“ Positive Gedanken machen Scheiber stark - und dazu braucht er gar keinen Mentaltrainer. „Die Rolle haben meine Damen zu Hause“, ergänzte der Jungfamilienvater und begeisterte Gitarrenspieler.

„Dankbar“ für Verletzungen

Scheiber hat allerdings nicht nur gelernt, aus Rückschlägen Positives mitzunehmen, vielmehr kann er sich gar nicht vorstellen, nie verletzt gewesen zu sein bzw. ohne Schmerzen aufzustehen. „All das sind Erfahrungen, die dazugehören. Ich fühle mich wohl, so wie es ist. Es gibt so viele schlimme Krankheiten, die sich nicht durch eine Operation beheben lassen“, sagte Scheiber gegenüber der „SportWoche“, „da muss ich für meine Schulter- und Knieverletzungen ja dankbar sein.“

Und so hält sich auch Scheibers Angst vor weiteren Verletzungen - „Gedanken macht man sich schon, aber das gehört in meinem Beruf dazu“ - und damit verbundenen Zwangspausen in Grenzen. Denn in Wahrheit kann er, der noch nie gewonnen hat, gar nicht mehr verlieren. Oder, wie Scheiber sagte: „Wenn ich fit bin, darf ich Rennen fahren, was immer noch unglaublichen Spaß bereitet. Wenn nicht, kann ich länger bei meiner Tochter sein.“

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