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Laute Geräusche als Ärgernis

„Aaah! Oooh! Uuuh!“ - so hört es sich heutzutage an, wenn man ein Tennis-Match verfolgt. Unter den Spielerinnen regt sich der Unmut über das zu laute Gestöhne einiger Gegnerinnen, das sie angeblich aus dem Konzept bringt. Die WTA überlegt nun ein Stöhnverbot.

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In den 90er-Jahren wurde Monica Seles nicht nur durch ihr tolles Tennis, sondern auch durch ihr lautes Stöhnen berühmt. Heute zeichnen vor allem die Australian-Open-Finalistinnen Viktoria Asarenka und Maria Scharapowa dafür verantwortlich, dass man Tennis nicht unbedingt in Ruhe genießen kann. Die Russin Scharapowa hat mit ihrem Kreischen sogar die Marke von 100 Dezibel durchbrochen und liegt damit auf Augenhöhe mit einem Presslufthammer. In Wimbledon soll man die Russin selbst eine Meile vom Center Court entfernt gehört haben.

Radwanska macht mobil

Die Polin Agnieszka Radwanska, die im Melbourne-Viertelfinale der Weißrusssin Asarenka unterlegen ist, macht nun gegen das Stöhnen mobil: „Natürlich kann jeder Geräusche machen. Das ist Tennis“, sagte sie. „Aber ich denke, es ist einfach zu laut. Das ist nicht notwendig.“

Im australischen Fernsehsender Channel 7 gibt es sogar ein eigenes Stöhn-o-Meter, „Whoo! Meter“ genannt. Dieses verzeichnete beim Match zwischen Radwanska und Asarenka Ausschläge bis zu 91,4 Dezibel. Nicht eingerechnet sind dabei die Fans, die Asarenka imitierten.

Psychische Auswirkungen des Stöhnens

Eine Studie der University of British Columbia weist die Ablenkung der Gegner durch Stöhnen nach, es macht sie langsamer. „Durch die verzögerte Reaktion empfindet ein Tennisspieler den Gegner bei einem Ball, der mit 80 km/h daherkommt, um 60 Zentimeter näher als in Wirklichkeit. Das erschwert es, einen guten Return zu schlagen“, sagte Kostudienautor Scott Sinnett. Er hält das Stöhnen für Trickserei.

Anders sieht es der britische Psychologe John Syer: „Die Spielerinnen bemerken die Geräusche meist gar nicht, weil sie viel zu sehr auf sich und das Spiel konzentriert sind. Es hat nur einen psychologischen Effekt, wenn sich die Gegnerin davon stören lässt.“

Viktoria Asarenka

Reuters/Toby Melville

Viktoria Asarenka lässt die Vorwürfe nicht auf sich sitzen

Absicht oder nicht?

Spielerin Radwanska jedenfalls lässt sich stören und findet das Gestöhne „sehr nervig“. Die Dänin Caroline Wozniacki glaubt, dass „einige Spielerinnen das absichtlich machen“. Laut Ex-Wimbledon-Turnierchef Alan Mills bringen erst die Trainer ihren Schützlingen das Stöhnen bei.

Die angegriffene Asarenka wehrt sich aber gegen diese Vorwürfe. „So bin ich einfach, das ist mein Spielstil“, sagte die Weißrussin, die noch mehr Einblick gewährt: Das Stöhnen sei Teil ihrer Atmung und ihrer Bewegungen. Mit dem lauten Gekreische habe sie begonnen, weil sie „Extrapower“ für ihre Schläge benötigt habe.

Regeländerung geplant

Eine absichtliche Störung der Gegner ist aber kaum nachzuweisen, die bisherigen Regeln greifen nicht. Im offiziellen Grand-Slam-Regelbuch heißt es lediglich: „Wenn ein Spieler durch absichtliche Aktionen seines Gegenübers daran gehindert wird, den Punkt zu machen, ist der Punkt ihm zuzuerkennen.“

Mittlerweile hat die WTA das Problem erkannt und ließ in einer Aussendung wissen, dass man Wege suche, exzessives Stöhnen vor allem beim Nachwuchs zu unterbinden. „Wir glauben, dass wir uns mit den von einigen Fans geäußerten Bedenken befassen müssen und werden unsere Regeln und Ausbildungsrichtlinien genau überprüfen.“ Von konkreten Vorschlägen oder Ideen zur Lärmreduktion ist aber nichts zu lesen. Als Trost bleibt, dass Hörschäden zwar schon bei 85 Dezibel auftreten können, aber erst bei einer Dauerbeschallung von etwa 40 Stunden pro Woche. Und so lange dauern die Matches von Scharapowa nicht.

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