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Scheibers Kampf um die Vorjahresform

Die Wunden der Vergangenheit sind noch nicht ganz verheilt. Trotzdem kehrt Mario Scheiber ein Jahr nach dem schweren Sturz nach Chamonix und damit zu jener Abfahrt zurück, die seine Karriere im Vorjahr beinahe beendet hätte. Im Interview mit ORF.at spricht der 28-jährige Osttiroler über den harten Weg zu alter Stärke, die Folgen des Sturzes und seine Ziele für den Rest der Weltcup-Saison.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

ORF.at: Herr Scheiber, was fällt Ihnen zum bisherigen Verlauf Ihrer Comebacksaison ein?

Scheiber: Dass sie schlecht ist. Im Moment läuft nicht alles ganz nach Wunsch. Ein neunter Platz im Super-G und ein 15. in der Abfahrt waren das Höchste der Gefühle, damit kann ich nicht zufrieden sein. Ich wusste aber, dass es ein schweres Jahr werden würde. Es fehlt noch einiges zur Weltspitze. Ich muss kleinere Brötchen backen und in kleineren Schritten denken.

ORF.at: Was nervt Sie momentan am meisten?

Scheiber: Derzeit ist einfach alles mühsam, auch vom Wetter her. Auf dem Weg nach Chamonix kehrten wir wieder um, weil das Training abgesagt wurde. Zu viel Schnee anscheinend. Die verkürzten Abfahrten waren auch ein Problem, weil wir uns auf einen Start von ganz oben eingestellt hatten. Mental eine Herausforderung. Und zuletzt war überall, egal wo wir hinkamen, Schlechtwetter. Aber was soll’s. Man muss sich damit abfinden, auch wenn es ab und zu schwer fällt. Da geht es jedem Fahrer gleich.

Mario Scheiber

GEPA/Hans Simonlehner

Scheiber bei der Sprint-Abfahrt in Kitzbühel

ORF.at: Was genau fehlt Ihnen aktuell zur Weltspitze?

Scheiber: Der Erfolg vom letzten Jahr, als ich von Start weg super in Form war. Mit guten Ergebnissen kam das Selbstvertrauen, und dann ging alles wie von allein. Jetzt ist alles nur Kampf und Krampf. Aber ich versuche, locker zu bleiben und trotzdem Spaß an der ganzen Sache zu haben. Dann kommt der Erfolg eines Tages vielleicht wieder zurück.

ORF.at: Immerhin sind Sie in dieser Saison von weiteren Verletzungen verschont geblieben.

Scheiber: Das sowieso. Dass ich gesund bin und bleibe, ist das Wichtigste überhaupt. Einmal keine Wehwehchen, einen fitten Körper zu haben, ist angenehm. Das ist die Voraussetzung. Wenn ich mental auch noch fit werde bzw. es dorthin schaffe, wo ich im Vorjahr war, sollten die Leistungen wieder passen. Ich muss mich von Rennen zu Rennen nach vorne tasten, die Vorjahresform ist mein Ziel. Es liegt sowieso nur an mir, gleichzeitig darf man von mir nicht zu viel erwarten. Spaß haben und locker bleiben, so wird es funktionieren, glaube ich.

ORF.at: Mit welchem Gefühl kehren Sie nach Chamonix zurück?

Scheiber: Ehrlich gesagt, mit gemischten Gefühlen. Ich habe gute und genauso schlechte Erinnerungen. Aber dass diesmal nur ein Training ist, könnte für mich von Vorteil sein, weil ich im zweiten immer gut gefahren bin. Das zweite Training ist heuer schon das Rennen. Und die Strecke liegt mir. Gleich bei meiner ersten Abfahrt hier war ich Vierter, danach war ich verletzt oder die Rennen wurden abgesagt. Bei den Abfahrten am Wochenende werde ich versuchen, nur die guten Erinnerungen im Kopf zu haben.

ORF.at: Trotz des Sturzes im Vorjahr also volles Risiko?

Scheiber: Ja klar, obwohl der Sturz mental schon noch eine große Rolle spielt. Ich werde jedoch wieder hundert Prozent und mein Bestes geben, um keine Fehler zu machen. Das Unglück ist eben passiert, das kann ich auch nicht mehr ändern. Da war ein bisschen Pech dabei. Von daher sollte es heuer vielleicht wieder passen.

ORF.at: Insgesamt blieb der Weltcup von schweren Stürzen in dieser Saison bisher zum Glück verschont. War es nur Glück?

Scheiber: Im Vorjahr war sicher auch Pech dabei. Der Unterschied ist, dass heuer die Athleten mitentscheiden, ob gefahren wird oder nicht. So wie in Beaver Creek. Die Fahrer werden vorher gefragt, das ist gut so. Denn wir sind es, die den Berg hinunterfahren und sehen, ob ein Sprung zu hoch oder zu weit ist. Dann wird er sofort korrigiert - oder nach den ersten Vorläufern wie in Bormio. Spät, aber doch. Abfahrten sollen zwar spektakulär sein, aber nicht zu gefährlich. Das wurde beherzigt. Deshalb gab es auch noch keine schweren Verletzungen.

ORF.at: Wie lauten Ihre Ziele für den Rest der Saison?

Scheiber: Es gab schon Abfahrten, die mir liegen. Und es kommen noch welche. Abwarten. Ich werde den nächsten Schritt setzen. Unter die besten fünf oder aufs Stockerl zu fahren, wäre super. Wichtig ist, wieder in die erste Gruppe zu kommen - in Abfahrt und Super-G. Dafür brauche ich Ergebnisse. Im Moment wäre ich aber schon mit den Top Ten mehr als zufrieden.

Das Gespräch führte Michael Fruhmann, ORF.at

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