Vieldiskutierte Entwicklungshelfer
Am 15. April beginnt nicht nur die WM der Division I in Ljubljana, sondern auch eine neue Ära im heimischen Eishockey. Nicht der Umstand, dass Österreich wieder einmal um den Aufstieg in die A-Gruppe kämpft, sondern dass dies erstmals ohne die Hilfe von eingebürgerten Spielern passiert, ist bemerkenswert. Denn erstmals seit 32 Jahren steht kein „Austro“ im Kader der Nationalmannschaft.
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Der erste Spieler der Spezies „Austro-Kanadier“ war Adelbert St. John, der bereits 1961 zusätzlich zum kanadischen den österreichischen Pass bekam. Richtig „modern“ wurde die Einbürgerung von Spielern aber erst 20 Jahre später. Bei der C-WM 1981 in China unterstützten mit Jeff Geiger und Rick Cunningham zwei eingebürgerte Kanadier mit rot-weiß-roten Vorfahren Österreich beim Kampf um den Aufstieg im Welteishockey. Seit damals gehörte zumindest immer ein „Austro“ zu einem WM-Aufgebot dazu.
Erfolgreiche Ära
Selbst 2011 bei für Österreich wenig erfolgreichen Titelkämpfen in der Slowakei stand mit Darcy Werenka ein eingebürgerter Spieler für Rot-Weiß-Rot auf dem Eis. Ab heuer ist die Ära der „Austros“ vorläufig zu Ende. Eine Ära, in der Österreich den Sprung zurück aus der Versenkung ins Konzert der Großen fand. Bis zu sieben, zum überwiegenden Großteil, eingebürgerte Kanadier bildeten in der Vergangenheit das Gerüst des Nationalteams.

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Simon Wheeldon (54 Länderspiele) war einer von 39 „Austros“ bei einer WM
1981 gelang mit Geiger und Cunningham gleich der Aufstieg in die B-Gruppe, 1992 schaffte Österreich dank der Dienste seiner „Austros“ wieder den Sprung in die A-Gruppe. Insgesamt 39 eingebürgerte Spieler, 38 Kanadier und ein US-Amerikaner (Kent Salfi), streiften den rot-weiß-roten Dress bei einer WM über. Seit der Jahrtausendwende ging die Hilfe aus Nordamerika allerdings zurück. Seither waren nur einmal (B-WM 2006) mehr als drei Austros bei einer WM mit dabei, im Vorjahr nur noch Werenka, der aus Mangel an Verteidigern noch einmal zum Zug kam.
„Viel profitiert“
Rechtlich hat sich in Österreich seit den 90er-Jahren nichts geändert, der Internationale Eishockey-Verband (IIHF) hat dem raschen Nationenwechsel allerdings seit Jahren einen kleinen Riegel vorgeschoben. Spieler, die die Nationalität gewechselt oder eine zusätzliche angenommen haben, müssen mindestens zwei Jahre ununterbrochen bei einem Verein ihrer neuen Heimat spielen, ehe sie für die Nationalmannschaft spielberechtigt sind.
Hat ein Spieler für seine alte Heimat bereits an einem WM- oder Olympiaturnier, oder auch nur an der Qualifikation dafür, teilgenommen, verlängert sich die Wartezeit auf vier Jahre. Die „Austros“ waren vieldiskutierte Entwicklungshelfer in Sachen Eishockey und der Jugend Vorbild. „Österreich hat von den Austros viel profitiert. Im Spiel, von der Sprache, von Kontakten. Sie haben viel bewegt, hätten aber vielleicht noch mehr helfen können. Leider haben viele nicht die Chance bekommen“, sagte einst Verbandskapitän Mion.
Österreicher auf Zeit
Waren die „Austros“ zuletzt oft nur noch Mitläufer, bildeten sie zu Beginn noch das Herz und die Seele des Teams. Torhüter Brian Stankiewicz war in 125 Länderspielen und zehn WM-Turnieren Rückhalt des Teams und ist damit „Rekord-Austro“. Ed Lebler ist mit 69 Toren in 111 Spielen zweitbester Torschütze in der Geschichte der österreichischen Nationalmannschaft. Nur KAC-Legende Rudolf König (105 Tore) hat mehr Treffer als Lebler für das Nationalteam erzielt.

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Viveiros läutet die neue Ära im heimischen Eishockey ein
Die meisten eingebürgerten Spieler waren Österreicher auf Zeit, nur wenige blieben im Land. St. John, der erste „Austro“, heiratete in Kärnten die Schwester des ehemaligen Teamspielers Sepp Puschnig. St. John starb im Dezember 2009 im Alter von 78 Jahren in Klagenfurt. Gary Venner blieb in Wien und gibt seit Jahren einen kompetenten TV-Experten. Greg Holst war jahrelang Trainer in Österreich und zuletzt beim Südtiroler Club Ritten.
„Austro“ verzichtet auf „Austros“
Aber auch andere ehemalige Spieler blieben ihrer neuen Heimat treu. Mike Stewart war in der vergangenen Saison Trainer beim VSV, Mark Szücs Co-Trainer von Rob Daum bei Meister Black Wings Linz. Der ehemalige Linzer Torjäger Rick Nasheim war bis 2010 Assistenztrainer in Linz und ist seither Assistenztrainer in Ingolstadt. Ganz auf die Hilfe eines „Austro-Kanadiers“ verzichtet Österreich bei der WM in Ljubljana aber dennoch nicht. Teamchef Emanuel Viveiros absolvierte 21 Länderspiele, darunter die Heim-WM 2005, für Österreich.
„Es war mir schon als Spieler eine besondere Ehre“, sagte der gebürtige Kanadier, der nun als Trainer den Neuaufbau des Nationalteams schaffen soll. Viveiros wurde im vergangenen Jahr mit einem Dreijahresvertrag ausgestattet und geht mit einer stark verjüngten Mannschaft in die B-WM. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet der erste „Austro-Kanadier“ als Teamchef erstmals seit 32 Jahren keinen „Austro“ im Kader hat.
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