Zwischen den Fronten
Letztes Jahr war das Formel-1-Rennen in Bahrain wegen Zusammenstößen zwischen Royalisten und Demonstranten abgesagt worden. Diesmal soll der Grand Prix stattfinden. Doch friedlich ist es in dem Golfstaat noch lange nicht.
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Wenige Tage vor dem Rennen in Sachir (Sonntag, 14.00 Uhr, live in ORF eins und im Livestream) ist es in dem Golfemirat erneut zu gewaltsamen Zusammenstößen der Polizei mit Demonstranten gekommen. Augenzeugen und Aktivisten berichteten am Dienstag, die Polizei habe während der Ausschreitungen in dem Dorf Salmabad südlich der Hauptstadt Manama am Montagabend Tränengas eingesetzt.
Demonstranten gegen Grand Prix
Einige Demonstranten protestierten dagegen, dass der Grand Prix der Formel 1 trotz des seit mehr als einem Jahr andauernden innenpolitischen Konfliktes nicht abgesagt wurde. Sie riefen: „Euer Wettbewerb findet auf unseren Leichen statt.“

APA/dpa/Gero Beloer
Ein Bild aus vergangenen Tagen, als die Formel 1 in Bahrain noch gefeiert wurde
Bahrain ist ein gespaltenes Land, in dem die Formel 1 in den nächsten Tagen trotz aller Warnungen zu Gast sein wird. Das Herrscherhaus von Bahrain betont zwar, es seien während des vierten Saisonrennens der Motorsport-Königsklasse keine Krawalle und Anschläge zu befürchten. Doch friedlich ist das Klima in dem arabischen Golfstaat nicht.
„Kein Risiko“ für Fahrer und Fans
Seit Beginn der Proteste im Februar 2011 sind durch die Konfrontation zwischen der mehrheitlich von Sunniten unterstützten Staatsmacht und der von Schiiten dominierten Opposition fast 50 Menschen ums Leben gekommen. Die meisten von ihnen starben bei Straßenschlachten zwischen Demonstranten und der Polizei. Immer wieder kommt es zu blutigen Zusammenstößen.
Der vom bahrainischen Innenministerium angeheuerte britische Sicherheitsberater John Yates hat derweil angekündigt, man werde die Sicherheitsmaßnahmen während des Rennens „unauffällig und diskret“ halten. Für Fahrer, Rennställe und Fans bestehe kein Risiko. Die Sicherheitskräfte seien auch darauf vorbereitet, mögliche Aktionen von Demonstranten auf der Rennstrecke zu verhindern.

APA/EPA/Franck Robichon
Für FIA-Präsident Jean Todt ist die Lage in Bahrain offiziell kein Thema
FIA interessiert sich „nur für Sport“
„Vereint: Eine Nation feiert“, lautet das Motto der bahrainischen Behörden für den Grand Prix. Er drückt jedoch eher das Wunschdenken des Königshauses aus als die Realität. Denn viele Anhänger der Protestbewegung hatten sich dafür ausgesprochen, das Rennen erneut ausfallen zu lassen. Ihnen geht es darum, nicht den Eindruck zu erwecken, als herrsche in Bahrain wieder Alltag.
Doch der Automobil-Weltverband FIA beugte sich den Forderungen nach einer Rennabsage nicht. Er sieht sich schlichtweg nicht in der Verantwortung, auf die politische Lage einzuwirken. „Die FIA ist eine Sportorganisation. Wir interessieren uns für den Sport“, erklärte FIA-Präsident Jean Todt kühl. Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone stellte derweil die Unabhängigkeit der Urteile von Menschenrechtlern infrage, die zu einem Bahrain-Boykott aufgerufen hatten.
Konflikt seit Februar 2011
Worum geht es bei dem Konflikt im Golfstaat, der im Februar 2011 mit friedlichen Demonstrationen für Reformen begonnen hatte? Ermutigt von der Revolution in Tunesien hatten Oppositionelle im vergangenen Jahr im „arabischen Frühling“ versucht, mit Protesten die Umwandlung des Königreiches in eine konstitutionelle Monarchie durchzusetzen, in der nicht mehr der König, sondern das Parlament die Regierung bestimmt.
Das würde einen großen Machtverlust für die Familie von König Hamad bin Issa al-Khalifa bedeuten, der zur Minderheit der bisher privilegierten sunnitischen Muslime gehört. Denn die meisten Oppositionellen gehören der schiitischen Bevölkerungsmehrheit an. Als die Polizei im vergangenen Februar begann, die Proteste mit Gewalt zu beenden, wurden die Forderungen der Demonstranten radikaler.
Situation für Sky „zu gefährlich“
Daher gibt es bereits auch Absagen im Umfeld der Formel 1: Der Fernsehsender Sky wird aus Sicherheitsgründen keine Mitarbeiter zum Rennen schicken. „Die Situation ist zu unübersichtlich und zu gefährlich“, begründete Dirk Grosse von der Sky-Sport-Kommunikation am Montag den Verzicht auf Personal am Rennort. „Die Sicherheit der Mitarbeiter geht vor.“
Die Sky-Kommentatoren werden das Rennen aus dem TV-Studio in München übertragen. Der ORF wird mit seinen Mitarbeitern - darunter die Kommentatoren Ernst Hausleitner und Alexander Wurz - planmäßig im Land sein. Auch der deutsche Privatsender RTL schickte seinen Reporterstab nach Bahrain. Allerdings hat auch RTL Probleme mit der politischen Situation. Der Auslandsreporterin Antonia Rados wurde nach eigenen Angaben das Einreisevisum verweigert.
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