„Diese Menge ist schon verrückt“
Die TV-Zuseher haben perfekte Bilder ins Haus geliefert bekommen. Fans, VIPs und Ehrengäste wurden aufs Beste verwöhnt, und jene Fans, die kein Ticket für das Stadion ergatterten, konnten per Public Viewing das Finale verfolgen. Was ihnen allen verborgen blieb, sind die Planungen hinter den Kulissen, die bereits zwei Jahre vor dem Endspiel der Champions League ins Rollen gekommen waren.
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Der wertvollste Pokal im Clubfußball
Der Aufwand, der für ein einziges Fußballspiel getrieben wird, ist seitens der UEFA enorm - höher als bei einem WM- oder EM-Finale. Die Tatsache, dass in diesem Jahr auch noch der Gastgeber im Endspiel stand, verschärfte die Situation zusätzlich. „Dieses Finale ist durch die Teilnahme der Bayern schon etwas ganz Spezielles. Sozusagen die Kirsche auf der Torte“, erklärte UEFA-Eventdirektor Martin Kallen im Zuge einer von der tipp3-Bundesliga und adidas organisierten Führung durch das Finalstadion.
62.500 Fans im Stadion, 65.000 beim Public Viewing im Olympiastadion und noch einmal 30.000 auf der Theresienwiese - mit solchen Ausmaßen wie in München war auch der erfahrene Kallen, der seit 1998 für das Finale zuständig ist, noch selten konfrontiert. „Die Deutschen lieben es, solche Feste zu feiern. Aber diese Menge ist schon verrückt“, gestand der erfahrene Schweizer, der dadurch mit seinem 150 Personen umfassenden Team auch vor neue Herausforderungen gestellt wurde. Insgesamt trugen 8.500 Personen ihren Teil zum Gelingen des Endspiels bei.
Viel Arbeit in der Allianz Arena
Obwohl die 2005 eröffnete Allianz Arena zu den modernsten Stadien Europas zählt, war die Bayern-Heimstätte noch längst nicht von Haus aus fit für ein CL-Finale. Laut Kallen kratzt man wegen der Fans mit der Kapazität an der Untergrenze, 80.000 Sitzplätze wären schon besser. 17.000 Karten bekamen beide Clubs zur Verfügung gestellt. 4.000 Karten gingen an VIPs, 5.000 an Sponsoren und 2.000 wurden von Journalisten belegt. Der Rest ging in den freien Verkauf. Allerdings war der Erwerb bei einer Million Anfragen ein echtes Glücksspiel.
Auch die Pokalübergabe machte die UEFA-Verantwortlichen nicht unbedingt glücklich. Der Weg, den die Siegermannschaft vom Rasen zu UEFA-Präsident Michel Platini zurücklegen mussten, war zu lange. Auch im Medienbereich musste improvisiert werden, denn 160 Fotografen, 700 schreibende Journalisten und 130 TV-Kommentatoren wollten untergebracht werden. „Selbst die besten Stadien Europas, wie zum Beispiel das Wembley, können es mit diesem Ansturm nicht aufnehmen“, sagte Projektleiter Daniel Ribeiro.

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Die UEFA nutzt im riesigen Areal rund um das Stadion jeden Quadratmeter
Überdies stellte das Finale eine Herausforderung und große Belastung für das Stromnetz dar. Insgesamt gab es drei Absicherungen, damit ja nichts passiert. Obwohl München diesbezüglich gut aufgestellt ist, sorgt die UEFA auch in diesem Bereich für zusätzliche Kilowatt. Einzig in der Chelsea-Kabine musste die UEFA nicht Hand anlegen. Da diese ursprünglich von 1860 München belegt ist und die Vereinsfarbe der „Löwen“ blau ist, musste sie für die „Blues“ aus London nicht extra umgestaltet werden.
Flughafen als wichtiges Kriterium
Im Stadion und in der Stadt brachte die UEFA indes Unmengen von Branding-Material an. Unter anderem wurden 205 Flaggen und 405 Posters an Bus- und U-Bahn-Stationen, auf Bahnhöfen und auf dem Flughafen angebracht. Der Flughafen ist überhaupt neben dem Stadion ein entscheidendes Kriterium für einen Austragungsort. Beim Finale 2005 zwischen Liverpool und Milan in Istanbul wäre es beinahe zum Kollaps gekommen. Aus der Vergangenheit wurden auch Lehren gezogen, denn eigene UEFA-Spezialisten helfen, den Verkehr abzuwickeln.
Die Probleme auf dem Flughafen waren auch mit ein Grund, warum das Finale von Mittwoch auf Samstag verlegt wurde. Am Wochenende finden weniger Geschäftsreisen statt. Eine Verlegung auf Samstag wurde außerdem deshalb durchgeführt, da er familienfreundlicher ist. Überdies kommen die Fans nicht nur für einen Tag, sondern bleiben auch übers Wochenende. Dieser Umstand freut natürlich auch die Hotellerie. Die Bettenkapazität in München ist allerdings nicht so hoch wie die Nachfrage, weshalb die Preise in den letzten zwei Wochen auch explodierten und fünfmal höher waren als normal.

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Die Chelsea-Profis landeten vor Ankunft der Tausenden Fans aus London
Kosten im zweistelligen Millionen Bereich
Die Abwicklung des Finales hat natürlich auch für die UEFA ihren Preis. Die Kosten liegen im zweistelligen Millionenbereich - geschätzt werden zwölf bis 15 Millionen Euro. Der europäische Verband ist daher darauf bedacht, dass vor allem die elitären Skyboxen an den gut betuchten Mann oder Frau gebracht werden. Firmen oder Privatpersonen konnten eine der insgesamt 106 Boxen, die unterschiedliche Größen haben, anmieten. Allerdings waren dafür pro Person 3.450 Euro hinzublättern. Dafür gab es allerdings auch einen Fußball als Andenken.
Eine Stufe darunter waren Tickets für den VIP-Bereich, aber auch dort musste mit 2.600 Euro ordentlich in die Tasche gegriffen werden. Die Karten im normalen Verkauf waren dagegen mit bis zu 370 Euro fast ein Schnäppchen. Aber immerhin bekam man dann live das geboten, was 200 Millionen Zuseher in 200 Ländern im TV verfolgten. Aber auch hier ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. „Es wird jedes Jahr ein bisschen mehr, das Interesse steigt stetig“, sieht Ribeiro für die Zukunft noch mehr Arbeit.
Christian Wagner, ORF.at aus München
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