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„Lieber würden wir ans Limit gehen“

Sechstes Rennen, sechster Sieger - kommt denn heuer jeder dran? Diese Frage macht nach dem Grand Prix von Monaco derzeit als „Running Gag“ im Formel-1-Zirkus die Runde. Die WM ist heuer so ausgeglichen und unvorhersagbar, dass es in dieser Tonart tatsächlich noch einige Zeit weitergehen könnte.

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Niki Lauda forderte schon ein „Ende der Sieger mit Namen, die man sich nicht merkt oder gar nicht kennt“, und nahm damit auf den Barcelona-Coup des Venezolaners Pastor Maldonado im Williams Bezug. Ganz so schlimm ist es aber noch nicht, denn in der WM liegen mit Fernando Alonso, Sebastian Vettel, Mark Webber und Lewis Hamilton vier arrivierte Fahrer an der Spitze. Mit dem Sieg von Webber am Sonntag gewann Red Bull als einziges Team zwei Rennen in dieser Saison.

Schach auf der Strecke

Tatsache ist jedenfalls, dass die Situation kein Zufall ist. Der Automobil-Weltverband FIA hat mit Sparmaßnahmen und den Einheitsreifen dafür gesorgt, dass auch die mittelständischen Teams nun mitunter ganz vorne mitmischen können. Desto wichtiger wird daher das taktische Konzept auf der Strecke und an der Box.

Beim 70. Grand Prix von Monaco am Sonntag gab es zwar kaum Rangverschiebungen, zu einem „Schachspiel“ wurde das Rennen aber dennoch. Den ersten Zug tat Mercedes-Pilot Nico Rosberg, indem er als erster zum Reifenwechsel an die Box kam. „Dadurch mussten alle anderen sofort reagieren“, sagte Webber später. Diese Phase nutze Vettel, um mit den härteren und langlebigeren Reifen an die Spitze zu fahren, die „magischen 21 Sekunden Vorsprung“ (Webber), um nach dem eigenen Stopp vorne zu bleiben, schaffte er aber nicht.

Marc Webber im Red Bull

Reuters

Webber kontrollierte von der Spitze aus das Feld

Dieses Streckenschach sei „manchmal frustrierend“, so Sieger Webber. „Lieber würden wir ans Limit gehen, alles aus den Autos rausholen“, erklärte der Routinier. „So aber musste ich zuerst von der Spitze Rosberg kontrollieren, dann schauen, was Sebastian macht, am Ende habe ich mich dann wieder auf Nico konzentriert“, summierte der Australier sein Rennen, das ihm den zweiten Sieg in Monte Carlo nach 2010 brachte.

„Alle haben abgewartet“

Im Ziel lagen die ersten sechs Autos innerhalb von nur sechs Sekunden, nachdem keiner den Mut gehabt hatte, die „Prozessionen“ vor und nach dem einzigen Boxenstopp zu sprengen. „Keiner hat sich richtig getraut, alle haben abgewartet, keiner hat einen Fehler gemacht“, so Vettel. Vielleicht hätte Regen und ein vorzeitiger Wechsel auf Intermediates noch etwas Spannung hineingebracht, vermutete Alonso. Aber nur Toro Rosso riskierte das, damit flog Jean-Eric Vergne aber im Finish aus den WM-Rängen.

Während Vettel mit Platz vier die WM-Führung an Alonso (76 Punkte) abgab und nun gleichauf mit Webber (je 73) Zweiter ist, freute sich der Australier über seine „Wiedergeburt“. Im Vorjahr war Webber vom Teamkollegen deklassiert worden. „Es ist für mich heute noch schwer zu verstehen, was damals passiert ist. Schön, dass es nun wieder anders ist“, sagte der 35-Jährige nach dem dritten Red-Bull-Triumph in Monaco in Folge.

Keine Vorhersagen möglich

Nur Alonso und der sieglos auf Platz vier liegende Lewis Hamilton haben bisher in jedem Rennen gepunktet. Ist der englische Ex-Weltmeister im McLaren in zwei Wochen in Kanada der siebente neue Sieger? „Alles ist derzeit bei uns möglich. Keiner kann derzeit vorhersagen, wer an einem Wochenende stark sein wird. Nicht einmal wir Piloten“, erklärte Webber, der in Monaco die so rennentscheidende Poleposition vom zurückversetzten Michael Schumacher „geerbt“ hatte. Der Australier war sich bewusst: „Wenn sich solche Chancen bieten, musst du sie derzeit mehr denn je mit Händen und Füßen ergreifen. In erster Linie entscheiden immer noch Siege die WM.“

Grand Prix von Monaco

Endstand nach 78 Runden (260,520 km):
1. Mark Webber AUS Red Bull 1:46:06,557
2. Nico Rosberg GER Mercedes + 0,643
3. Fernando Alonso ESP Ferrari 0,947
4. Sebastian Vettel GER Red Bull 1,343
5. Lewis Hamilton GBR McLaren 4,101
6. Felipe Massa BRA Ferrari 6,195
7. Paul di Resta GBR Force India 41,537
8. Nico Hülkenberg GER Force India 42,562
9. Kimi Räikkönen FIN Lotus 44,036
10. Bruno Senna BRA Williams 44,516
11. Sergio Perez MEX Sauber 1 Runde
12. Jean-Eric Vergne FRA Toro Rosso 1 Runde
13. Heikki Kovalainen FIN Caterham 1 Runde
14. Timo Glock GER Marussia 1 Runde
15. Narain Karthikeyan IND HRT 2 Runden
16. Jenson Button GBR McLaren 8 Runden

Out: Michael Schumacher (GER/Mercedes), Romain Grosjean (FRA/Lotus), Pastor Maldonado (VEN/Williams), Kamui Kobayashi (JPN/Sauber), Daniel Ricciardo (AUS/Toro Rosso), Witali Petrow (RUS/Caterham), Charles Pic (FRA/Marussia), Pedro de la Rosa (ESP/HRT)

Schnellste Runde: Perez 1:17,296

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