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Provokationen bleiben aus

Polen hat im zweiten Spiel der Gruppe A den Sturmlauf des russischen Expresses gebremst. Die Gastgeber erkämpften sich am Dienstag vor 58.000 Zuschauern im ausverkauften Nationalstadion von Warschau nach 0:1-Rückstand zur Pause noch ein 1:1-Remis und wahrten damit ihre Chance auf das Viertelfinale. Alan Dsagojew bzw. Jakub Blaszczykowski sorgten für die Tore im Schlager.

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Die aufgeheizte Stimmung, die sich schon vor dem Spiel in einigen Zusammenstößen zwischen polnischen und russischen Fans entlud, war auch im ausverkauften Nationalstadion zu spüren. Die befürchteten Provokationen von russischen Fans während der polnischen Hymne blieben jedoch zum Glück aus. Beide Teamchefs vertrauten auf ihre Aufstellungen vom Auftakt, einzig Polen war im Tor zu einer Veränderung gezwungen. Przemyslaw Tyton ersetzte den gegen Griechenland ausgeschlossenen Wojciech Szczesny als Nummer eins.

Offener Schlagabtausch

Tyton, gegen die Griechen mit einem gehaltenen Elfmeter der große Held, hatte zumindest in den ersten Minuten einen ruhigen Abend. Beide Teams belauerten sich, die Gastgeber überließen den Russen vorerst die Initiative. Die polnischen Fans hatten trotzdem in der 7. Minute den Torschrei auf den Lippen. Ludovic Obraniak zirkelte eine Freistoßflanke fast auf den Kopf von Sebastian Boenisch, doch der Verteidiger verfehlte unter Bedrängnis den Ball, und Russlands Schlussmann Wjatscheslaw Malafejew konnte klären.

Riesige russische Fahne mit Krieger über den Zuschauerränken

APA/EPA/PAP/Bartlomiej Zborowski

Ein riesiges Transparent blieb die einzige Provokation der russischen Fans

Die Partie nahm nach verhaltenem Beginn an Fahrt auf. Die Polen trauten sich nach dem ersten Beinahe-Erfolgserlebnis mehr und waren dem Führungstor in der Anfangsphase deutlich näher als die Russen. In der 11. Minute nahm sich Robert Lewandowski aus 18 Metern volley ein Herz, das Leder zischte aber knapp am linken Kreuzeck vorbei. Im Gegenzug reklamierte Russland nach einer Rettungsaktion von Damien Perquis gegen Alexander Kerschakow Elfmeter, doch die Pfeife des deutschen Referee Wolfgang Stark blieb stumm.

Dsagojew schlägt wieder zu

In der 18. Minute riss es die polnischen Anhänger erneut von den Sitzen. Eugen Polanski tauchte alleine vor Malafejew auf und schob den Ball in die Maschen. Es blieb allerdings beim 0:0: Der Mittelfeldspieler war aus klarer Abseitsposition gestartet. Ein Vergehen, das Starks Assistent an der Seitenlinie zum Leidwesen der Polen nicht übersehen hatte. Die Russen wurden zunehmend in die Defensive gedrängt, von einem Angriffswirbel wie gegen Tschechien war vorerst nichts zu sehen.

Erst gegen Ende der ersten 45 Minuten fanden die Russen wieder ihren Zug zum Tor - und wurden in der 37. Minute mit der Führung belohnt. Andrej Arschawin drehte eine Freistoßflanke von links punktgenau auf den Kopf von Dsagojew und von dort sprang der Ball, anders als noch bei Boenisch in der Anfangsphase auf der Gegenseite, ins Tor. Für den 21-Jährigen war es bereits der dritte Treffer im Turnier. Kurz vor der Pause hatte Polen Glück: Boenisch rempelte im Strafraum Dsagojew, doch Referee Stark verzichtete auf einen Elfmeterpfiff.

Tor von Alan Dsagojew (RUS)

Reuters/Kai Pfaffenbach

Das russische Führungstor: Dsagojew entwischt der Abwehr und netzt ein

Verdienter Ausgleich

Polens Teamchef Franciszek Smuda verzichtete zur Halbzeit, trotz des Rückstandes, auf Veränderungen. Auch sein Gegenüber Dick Advocaat schickte die gleichen elf Spieler auf das Feld. Smuda hatte in der Kabine jedoch die richtigen Worte gefunden, denn die Polen begannen überfallsartig, hatten im Abschluss aber wieder Pech: Polanski setzte Lewandowski ideal ein, der Torjäger überspielte auch noch Torhüter Malafejew, doch der Winkel wurde für den Dortmunder Legionär am Ende doch zu spitz.

Videohighlights vom Spiel in insider.ORF.at

Nur fünf Minuten später tauchte erneut Lewandowski alleine vor dem russischen Keeper auf, doch im Luftkampf hatte Malafejew erneut die Nase vorne. Mit der Drangperiode der Hausherren wachten auch die polnischen Fans wieder auf und peitschten ihr Team nach vorne - und wurden in der 57. Minute mit einem Traumtor belohnt. Kapitän Jakub Blaszczykowski zog nach einem Konter von der Strafraumgrenze ab und der Ball schlug am chancenlosen Malafejew vorbei links im russischen Tor ein.

Jubel von Jakub Blasczczykowski (POL)

APA/EPA/Oliver Weiken

Blaszczykowski lässt seiner Freude nach dem Ausgleich freien Lauf

Polen dem Sieg näher

Das Spiel war in der Folge nicht nur auf der Anzeigentafel ausgeglichen. Die beiden Erzrivalen lieferten sich einen offenen Schlagabtausch. In der 67. Minute prüfte Dsagojew auf russischer Seite Tyton mit einem Flachschuss, im Gegenzug scheiterte Polanski aus kurzer Distanz an Malafejew - die Fans im Stadion hielt es nur noch schwer auf den Sitzen. Die Polen witterten ihre Chance, versuchten es aber allzu oft nach Blaszczykowskis Vorbild, aber ohne Erfolg, aus der Distanz.

Tor wollte in der hitzigen Schlussphase aber keines mehr gelingen. Die Gastgeber bremsten mit ihrem zweiten Remis im Turnier jedoch den russischen Express und hielten die Gruppe A vor dem letzten Spieltag völlig offen. Mit einem Sieg wäre Russland bereits als erster Viertelfinalist festgestanden. Alle vier Teams sind nun noch im Rennen um die zwei Plätze in der K.-o.-Runde. Am Samstag kommt es zwischen Polen und Tschechien und bei Russland - Griechenland zum Showdown. Die Russen benötigen zum Aufstieg allerdings nur noch einen Punkt, Polen braucht einen Sieg.

Karl Huber, ORF.at

Gruppe A, zweiter Spieltag

Dienstag:

Polen - Russland 1:1 (0:1)

Warschau, Nationalstadion, 58.000 Zuschauer, SR Stark (GER)

Torfolge:
0:1 Dsagojew (37.)
1:1 Blaszczykowski (57.)

Polen: Tyton - Piszczek, Wasilewski, Perquis, Boenisch - Dudka (73./Mierzejewski), Polanski (85./Matuszczyk)- Blaszczykowski, Murawski, Obraniak (93./Brozek) - Lewandowski

Russland: Malafejew - Anjukow, Beresuzki, Ignaschewitsch, Schirkow - Schirokow, Denissow, Sirjanow - Dsagojew (79./Ismailow), Kerschakow (70./Pawljutschenko), Arschawin

Gelbe Karten: Lewandowski, Polanski bzw. Denissow, Dsagojew

Statistik zum Spiel:

Polen Russland
9 Torschüsse 3
15 Schüsse 7
12 Fouls 13
4 Eckbälle 6
2 Abseits 2
43 % Ballbesitz 57 %

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