Zum zweiten Mal bei Olympia
Caroline Weber ist mit ihren 26 Jahren ein alter Hase. Erstens in der heimischen Gymnastikszene und zweitens bei Olympia. Bei den kommenden Spielen in London (27. Juli - 12. August) betritt die Vorarlbergerin zum zweiten Mal nach Peking 2008 den olympischen Teppich. Das Ziel: das Resultat von 2008 verbessern. Mit patriotischen Tönen soll auch einem alten Vorurteil der Marsch geblasen werden.
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„Bei diesen Spielen will ich das Österreichische zeigen“, sagte Weber im Gespräch mit ORF.at, „der ehemalige Ostblock ist so dominant, dass das mittlerweile jeder kennt. Die österreichische Komponente kennt man noch nicht so, und das will ich präsentieren.“ Zu diesem Zweck setzt die gebürtige Dornbirnerin bei ihren Übungen mit Band, Keule, Ball, Reifen und Seil auf Musik von Hubert von Goisern und den „Radetzkymarsch“. Eine Wettkampfmontur im Dirndl-Look sorgt für zusätzliches patriotisches Kolorit bei Webers Auftritten.

GEPA/Oliver Lerch
Zuletzt präsentierte Weber beim Grand Prix in Hard ihr Olympiaoutfit
Rang 15 im Visier
Vor allem mit letzterem will Weber die englischen Zuschauer ganz nach Vorbild des Neujahrskonzerts animieren und begeistern. Und die Punktrichter auf ihre Seite bringen. 2008 in Peking belegte sie den für österreichische Verhältnisse guten 17. Platz. Diesmal ist Rang 15, das Resultat bei der WM 2011, das angestrebte Ziel der Sportsoldatin. „Ich bin jemand, der sehr viel mit Ausdruck turnt. Das habe ich auf alle Fälle weiter verbessert“, so Weber mit Rückblick auf die Spiele in Peking.
Damals war die Vorarlbergerin von den olympischen Eindrücken wie erschlagen. „Es ist alles so schnell vorbeigegangen, ich wollte die Zeit anhalten. Alleine die Eröffnungsfeier waren so viele Eindrücke, die man nicht beschreiben kann“, sagte Weber. Anders als in Peking 2008 ist Weber aber diesmal keine turnende Einzelkämpferin. Mit Barbara Gasser und Fabian Leimlehner schafften es erstmals seit 48 bzw. 52 Jahren zwei Geräteturner zu den olympischen Spielen.
Vorurteil „tut schon weh“
Ein Umstand, der auch Weber freut. „Ich bin schon sehr stolz darauf, dass wir diesmal zu dritt sind. Es steigert sicher die Wertschätzung in Österreich. Wir haben ein Zeichen gesetzt“, so die Vorarlbergerin. Mit gesteigerter Wertschätzung soll auch ein altes Vorurteil gegenüber der Rhythmischen Gymnastik speziell in Österreich abgebaut werden. „Es gibt noch die Meinung, Gymnastik ist nur Balli schupfen, und das tut schon sehr weh“, sagte Weber. Ein Vorurteil, das nicht nur wehtut, sondern auch ungerechtfertigt ist.

Reuters/Lisi Niesner
Die scheinbare Leichtigkeit ist das Resultat beinharten Trainings
Weber: „Wir trainieren hart, und es ist kein einfacher Sport. Man muss viele Stunden damit verbringen.“ Anders als bei den Branchenköniginnen aus Russland („Das System mit Schule und Training ist perfekt aufgebaut“) ist schon der Weg an die heimische Spitze in Österreich beschwerlich. „Ich habe mir schwergetan, es gab auch Widerstand von den Lehrern, weil man doch sehr viel weg ist“, so Weber. „Wenn es in der Schule nicht klappt, leidet auch das Training drunter.“
Trotzdem bestand die Dornbirnerin alle Übungen auf und abseits des Turnteppichs mit Bravour. Mit 49 Staatsmeistertiteln ist Weber die erfolgreichste heimische Vertreterin der Rhythmischen Gymnastik aller Zeiten. Auch bei WM und EM war noch nie eine Österreicherin besser. Wie nahe Weber der Weltspitze ist, bewies sie mit EM-Rang acht 2011 mit dem Band und Platz elf 2012 im Mehrkampf.
Heim-EM als Motivation
Eine Sensation in Form einer Medaille bei Olympia spielt in den Überlegungen der 26-Jährigen jedoch keine Rolle. „Man muss realistisch bleiben. Ich weiß, wo meine Grenzen liegen, ich sehe, was andere können, was ich nicht kann“, so Weber, die es ganz nach einem Werbespruch hält: „Für mich machen es auch die kleinen Erfolge aus. Für mich sind diese Erfolge groß.“ Motivationsprobleme hat die Dornbirnerin trotz der fehlenden Aussicht auf den ganz großen Wurf dennoch nicht, das Karriereende ist nicht in Sicht.
„Im nächsten Jahr ist noch die Europameisterschaft in Wien, und danach schaue ich, wie es weitergeht“, so Weber. „Ich merke es mittlerweile natürlich schon, gewisse Entzündungen am Körper gehen nicht mehr weg.“ Bei der Heim-EM im kommenden Jahr in der Wiener Stadthalle wird Weber auf alle Fälle noch einmal die Zähne zusammenbeißen. Dann kann sich der hiesige Sportfan auch selbst davon ein Bild machen, dass Gymnastik mehr als nur „Balli schupfen“ ist.
Karl Huber, ORF.at
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