„Dieses Mal war es viel einfacher“
Während der Verlierer seine weinende Tochter tröstete, brachte der Weltmeister seinem legendären Trainer Emanuel Steward ein Geburtstagsständchen dar. Wladimir Klitschko war zum Singen zumute, Tony Thompson eigentlich nur noch zum Aufhören. „Wenn ich den Champion nicht schlagen kann, was soll das Ganze dann noch?“, fragte sich der US-Amerikaner nach seiner Niederlage vor einer Woche in Bern.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Klitschko hatte im zweiten Duell um den Weltmeisterthron im Schwergewicht mit dem 40-Jährigen leichtes Spiel und siegte in der sechsten Runde durch K. o. Vor vier Jahren in Hamburg hatte Thompson immerhin noch elf Runden gegen den Ukrainer durchgehalten. „Dieses Mal war es viel einfacher. Ich hatte die Kontrolle“, betonte WBA-, IBF- und WBO-Champion Klitschko nach seinem 58. Sieg im 61. Profikampf. „Ich wusste, dass ich schneller, stärker, besser bin.“

AP/Keystone/Alessandro Della Valle
Gegner wie Thompson können die Gürtelsammlung nicht gefährden
„Er ist einer der Besten aller Zeiten“
Die relativ leichten Gegner werden aber auch langsam zum Dilemma für den 36-jährigen Klitschko. Ehemalige Boxer wie Mike Tyson, Evander Holyfield und Lennox Lewis hatten Gegenspieler, mit denen sie für unvergessliche Ringschlachten sorgten. Gegner, die sie groß machten. Wladimir Klitschko hat dagegen nur boxerisch limitierte Herausforderer wie Thompson, die an der WM-Chance wohl vor allem die Gage reizt.
Vier Runden lang suchte der 36-jährige Weltmeister nach der richtigen Distanz zum Gegner. Als er sie fand, war Thompsons Widerstand gebrochen. „Wladimir hat durch seine überragende Physis gewonnen“, konstatierte Steward. „Ich habe fünf Schwergewichtsweltmeister trainiert. Wladimir wäre für jeden Champion der Geschichte eine Gefahr gewesen. Wenn wir uns seinen Rekord anschauen, ist er einer der Besten aller Zeiten“, zog Klitschkos Trainer eine Zwischenbilanz.
Bruderduell kein Thema
Und der einzige WM-Gürtel, den Klitschko sich bisher nicht im Ring erkämpft hat, ist dennoch im Familienbesitz. Den WBC-Titel verteidigt sein vier Jahre älterer Bruder Vitali am 8. September in Moskau gegen den Deutschen Manuel Charr. Nur wenn Witali im Anschluss wegen seiner politischen Ambitionen das Boxen aufgeben sollte, könnte Wladimir um den letzten verbliebenen Titel kämpfen.
Bis dahin muss sich Klitschko den Gegnern stellen, die er in der Weltrangliste vorfindet - auch wenn er sie schon einmal besiegt hat. Thompson hatte sich nach dem ersten Duell mit fünf Siegen in Folge zum Pflichtherausforderer der IBF zurückgekämpft.
Zwei ungeschlagene Briten im Visier
Klitschkos Manager Bernd Bönte bastelt nun an Duellen gegen die bisher unbesiegten Briten David Price und Tyson Fury. „Das wären Riesenkämpfe für 2013“, meinte Bönte. Ein Angebot, zum ersten Mal nach vier Jahren wieder in den USA zu kämpfen, schlugen Klitschko und Bönte dagegen aus, denn für den Weltmeister gibt es in Europa mehr Geld zu verdienen. Es fehlt schließlich ein schlagkräftiger US-Herausforderer. Und seit einer Woche gibt es wieder einen weniger.
Link: