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„Haben es nicht verdient“

Nach Valencia (2006), Donezk (2007), Maccabi Haifa (2009) und Hapoel Tel Aviv (2010) haben sich die Fußball-Amateure von F91 Düdelingen am Dienstagabend zum fünften Team aufgeschwungen, das Red Bull Salzburg den ewigen Traum von der Champions League zerstörte. Für den dank Dietrich Mateschitz mit Abstand reichsten Club Österreichs bedeutete das Aus in der zweiten Qualirunde den sportlichen Bankrott.

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„Wir haben es nicht verdient“, brachte es der neue und jetzt schon angezählte Trainer Roger Schmidt im Anschluss an den wertlosen 4:3-Heimsieg (nach 0:1 in Luxemburg) auf den Punkt. „Wir konnten unsere Qualität nicht auf den Platz bringen.“ Von welcher Qualität der Deutsche sprach, sollte er den schwer enttäuschten Fans der „Bullen“ aber auch noch erklären. Geht man davon aus, dass Kampfgeist, Leidenschaft, Disziplin und Professionalität großen Anteil am Erfolg oder Misserfolg einer Mannschaft haben, hat diese keinerlei Qualität erkennen lassen.

Die falsche Entscheidung

Die Entscheidung von Mateschitz, besagten Schmidt drei Wochen vor Saisonbeginn als Nachfolger von Ricardo Moniz zu installieren und dessen bisherigen Assistenztrainer Niko Kovac zu übergehen, stellte sich bereits Ende Juli als grundfalsch heraus. Nachdem man heuer endlich den Fehler vermieden hatte, im Sommer vor der CL-Quali die halbe Mannschaft auszutauschen, beging man so erneut eine sportliche Todsünde. Weder der neue Sportdirektor Ralf Rangnick noch Schmidt hatten von den Launen des Teams auch nur ansatzweise eine Ahnung.

salzburg-Trainer Roger Schmidt zeigt Emotionen

GEPA/Felix Roittner, Reuters/Herwig Prammer (Montage)

Roger Schmidt erlitt mit Red Bull Salzburg totalen Schiffbruch

Auch was die Spielanlage betrifft, geht Schmidt einen anderen Weg als Moniz. Und während Kovac zu den verwöhnten Millionärskickern im überteuerten Red-Bull-Kader einen guten Draht gehabt haben soll, scheint der junge „Noname“ aus Deutschland diesen noch nicht gefunden zu haben. Ob Schmidt die nächsten Tage bzw. Wochen als Salzburg-Trainer übersteht, steht ohnehin ebenso in den Sternen wie die Fortdauer des gesamten Fußballprojekts Red Bull Salzburg in dieser Form - von der Sinnhaftigkeit gar nicht zu reden.

„Können das nicht gutmachen“

„Das wird noch lange an der Mannschaft nagen“, vermutete Verteidiger Martin Hinteregger nach dem „Waterloo“ für Österreichs Clubfußball. „Wir wissen nicht, wie wir dieses Aus verkraften sollen. Es wird schwer werden, wieder auf die Beine zu kommen.“ Dass der Torschütze zum zwischenzeitlichen 2:1 einer von acht, mehrheitlich jungen Österreichern in der Salzburger Startelf war, konnte zumindest als Zeichen dafür gewertet werden, dass der angekündigte „Weg der Jugend“ für Schmidt mehr als ein Lippenbekenntnis ist oder war.

„Wir können das nicht gutmachen“, gab sich der Trainer unmittelbar nach der Jahrhundertblamage keinen Illusionen hin. „Wir können jetzt nur versuchen, in der Meisterschaft und im Cup Charakter zu zeigen und guten Fußball abzuliefern.“ Beim 2:0-Auswärtssieg gegen Sturm Graz, zu dem die Salzbuger übrigens komfortabel im Flugzeug angereist waren, gelang das. Umso erschütternder der Rückfall gegen die Luxemburger Fußballzwerge, die zum Rückspiel in die Mozartstadt eine neunstündige Busfahrt auf sich genommen hatten.

Fassungslosigkeit in Salzburg

„Ich muss jetzt einmal meinen Chef fragen, ob er mir noch einmal frei gibt“, sprach der hauptberufliche Schwimmlehrer Aurelien Joachim, Torschütze zum 2:2, das bei Düdelingen nun auftauchende „Problem“ des Resturlaubs an. Wie sämtliche seiner Mannschaftkollegen betreibt der Matchwinner des Hinspiels Fußball nicht professionell. Vier Trainingseinheiten pro Woche reichen trotzdem für ein Weiterkommen gegen den österreichischen Meister und Cupsieger. „Fassungslos“, zeigte sich daher nicht nur Salzburg-Kapitän David Mendes.

Spieler des F91 Dudelange jubeln vor einer Fernsehkamera

GEPA/Felix Roittner

Verdienter Jubel der siegreichen Amateure von F91 Düdelingen

Auch Mateschitz erhob sich mit ungläubigem Blick aus dem VIP-Sitz, nachdem er sich das Trauerspiel tapfer in voller Länge zugemutet hatte. Dass die Salzburger Anhänger die jubelnden Gäste mit Standing Ovations verabschiedeten, machte die Demütigung für die Profis vollkommen. An die vergebene Riesenchance, als bis in die vierte Qualirunde gesetzte Mannschaft endlich in die „Königsklasse“ einzuziehen, wollten die 6.600 Zuschauer in Wals-Siezenheim in diesem Moment ebenso wenig denken wie an den Verlust des gerade erst errungenen zweiten CL-Qualiplatzes für Österreich nach 2012/13.

Harald Hofstetter, ORF.at

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