„Ziehe mich zurück“
Noch nie zuvor ist ein Mensch aus so großer Höhe (39.045 m) und mit so hoher Geschwindigkeit Richtung Erde gefallen: Felix Baumgartner hat bei seinem Stratosphärensprung über der Wüste von New Mexico (USA) als erster Mensch im freien Fall die Schallmauer durchbrochen und dabei 1,24 Mach - anders ausgedrückt eine Geschwindigkeit von 1.342,8 km/h oder 373 Meter pro Sekunde - erreicht.
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2,2 Millionen Menschen verfolgten das Ereignis im ORF - eine Marke, die zuletzt 2006 erreicht wurde, als Natascha Kampusch über ihre Leidensgeschichte sprach. Acht Millionen Menschen sahen den Livestream des Sprungs außerdem auf der Videoplattform YouTube. Auf den Social-Media-Plattformen waren der Salzburger und sein Sprung das Hauptthema, ebenso im Debattenforum von ORF.at.

AP/Ross Franklin
Der ehemalige Rekordhalter Joe Kittinger (li.) gratuliert Felix Baumgartner
Hubschrauberpilot in den Alpen
Die meisten Zuschauer waren sich einig: Gut, dass Baumgartner wieder heil gelandet und das Projekt Stratos eine einmalige Show war. Diese hat sich Sponsor Red Bull nach Schätzungen rund 50 Millionen Euro kosten lassen, allein der zum Aufstieg verwendete Ballon kostet pro Stück 250.000 Dollar - Summen, die sich aber durch den enormen Werbewert des Projekts locker amortisieren. Die Frage nach der wissenschaftlichen Wertigkeit der Aktion, die vom Sponsor betont wurde, geriet angesichts der starken Bilder ins Hintertreffen.
Doch was kommt danach? Was macht jemand, der von so ziemlich allen bekannten Gebäuden und Objekten dieser Welt gesprungen ist, der in 100 m tiefe Höhlen gefallen und mit Flügeln auf dem Rücken über den Ärmelkanal gerast ist? „Ich ziehe mich vom Extremsport zurück“, meinte der 43-jährige Salzburger. „Ich möchte einen anständigen Job als Rettungshubschrauberpilot finden, ein halbes Jahr in den Alpen und ein halbes Jahr in Kalifornien arbeiten, Feuer bekämpfen und Leute retten.“
Der ehemalige „Daredevil“ (engl. für Draufgänger) stellt sich dabei auch auf ein ruhigeres Leben ein - „keine E-Mails, keine Telefonate“.
Vertrauen in Technik und eigenes Können
Aufregung hatte Baumgartner mit Sicherheit in seinem Leben genug. Als sich der Salzburger am 14. Oktober um 20.07 Uhr MESZ aus der Kapsel stürzte, verfolgten Millionen Menschen seinen Sprung ins Leere. Die Szenen des Absprungs waren dramatisch, Baumgartner geriet ins Trudeln. „Zum Teil war das schon sehr heftig. Kurz habe ich sogar gedacht, ich würde das Bewusstsein verlieren“, beschrieb er später diese gefährlichen Momente. An einen Abbruch der Mission dachte er nie, er wollte das Projekt und den Überschallflug nicht gefährden.
Sein Leben setzte er dabei nach eigener Auffassung nicht aufs Spiel. Baumgartner vertraute nach sieben Jahren Vorbereitung der Technik und seinem Können. Er habe sehr viel ausprobiert, um in eine stabile Flugposition zu gelangen und war schließlich auch nach rund 90 Sekunden damit erfolgreich. „Sobald ich die Luft gespürt habe, hatte ich den Flug wieder unter Kontrolle." Im Mission Control Center brach Jubel aus, und die modernen Kommunikationsmittel standen unter Strom.

AP/Red Bull Stratos, Predrag Vuckovic
Als Baumgartner sicher landete, war der Erfolg der Stratos-Mission Gewissheit
„Felix you legend, Mach 1,24“
So gratulierte etwa Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer via Facebook zum Sprung: „Österreich ist stolz auf Ihre Leistung.“ Auch Arnold Schwarzenegger meldete sich zu Wort. „Gratulation an Felix Baumgartner für eine herausragende, inspirierende Leistung“, schrieb der Hollywood-Star und kalifornische Ex-Gouverneur auf Twitter.
„Akzeptiere nie deine Grenzen, denn es gibt keine Grenzen - viva Felix“, twitterte der brasilianische Bestsellerautor Paulo Coelho. „Unglaublich“, schrieb der spanische Fußballstar Gerard Pique im Kurznachrichtendienst, und Red-Bull-Formel-1-Pilot Mark Webber twitterte: „Felix you legend, Mach 1,24.“
Das lange Warten beginnt
Vorläufig muss Baumgartner aber auf die offizielle Auswertung der gesammelten Daten warten. Bis diese anerkannt werden, wird es noch einige Wochen dauern. Erst müssen sie nämlich als österreichische Rekorde bestätigt werden, um in weiterer Folge von der Federation Aeronqautique Internationale (FAI) - dem internationalen Luftsportverband - auch als internationale und offizielle Rekorde geführt zu werden.
Alleine die Übermittlung der Daten nach Österreich wird einige Zeit in Anspruch nehmen - sie müssen nämlich auf postalischem Weg erfolgen. Nach der Prüfung und Anerkennung als österreichische Rekorde gehen die Daten wieder zurück in die USA an die FAI. „Bei seinen vorherigen Versuchen hat es rund zweieinhalb Monate gedauert, bis alles anerkannt war“, erläuterte Petra Huber von der Sektion Fallschirmspringen des Österreichischen Aeroclub, dem nationalen Mitglied der FAI.
Aber wahrscheinlich erfolgt alles noch rechtzeitig, zumindest bis zum März 2013 wenn Baumgartners Buch „Himmelsstürmer - Mein Leben im freien Fall“ auf den Markt kommt, wie sein Verlag verlauten ließ.
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