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Schweizer Herren schlittern in die Krise

Die einst stolze Schweizer Skination ist an einem sportlichen Tiefpunkt angelangt. Auf die legendären Duelle, welche die Schweizer den Österreichern geliefert hatten, darf derzeit nur sentimental zurückgeblickt werden. Geben wird es solche zumindest in dieser Saison eher nicht. Die Zukunft verheißt für die Schweiz nichts Gutes.

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Der Rücktritt von Didier Cuche und zahlreiche Verletzte gingen an die Substanz des Swiss-Ski-Teams. Cuche war jahrelang das Zugpferd. Beat Feuz, der sich in der vergangenen Saison als Weltcup-Zweiter hinter Marcel Hirscher zum legitimen Nachfolger gemausert hatte, musste wegen einer Knieverletzung zu Beginn WM-Saison w. o. geben. Der Rest der Schweizer kann den Weltbesten und damit auch den Österreichern derzeit nicht Paroli bieten.

Jubel von Didier Cuche (SUI) aus der vorigen Saison

GEPA/Harald Steiner

Cuche ist derzeit nicht zu ersetzen

Feuz’ Probleme waren symptomatisch für die Situation der Schweizer Herren, deren letzter Weltcup-Gesamtsieger Carlo Janka nach seinem Triumph 2009 nach gesundheitlichen Problemen in der Versenkung verschwand und nicht mehr hinauf findet. Auch Jankas Zimmerkollegen Daniel Albrecht blieb das Pech treu. Vier Jahre nach seinem schweren Sturz in Kitzbühel stürzte Albrecht in Lake Louise erneut - Knieoperation. Die Saison ist für ihn vorbei, vermutlich auch die Karriere.

Ein Debakel jagt das nächste

Schon Lake Louise war kein guter Boden für die Schweizer, die in der ersten Saison nach Cuche dessen ebenfalls in die Jahre gekommenen Weggefährten Didier Defago zum Hoffnungsträger erkoren hatten. Doch der 35-Jährige hielt bisher nicht, was sich die Eidgenossen von ihm versprochen hatten - zumindest bisher nicht. Da passt eine historische Pleite nach der anderen gut ins Bild der maroden Ex-Topnation, deren Herren-Cheftrainer Osi Inglin um seinen Job nicht zu beneiden ist.

Zwar sind die Speed-Rennen in Lake Louise schon lange her, das Debakel in der Abfahrt wird den Schweizern aber noch länger in Erinnerung bleiben. Silvan Zurbriggen war als Bester 24. geworden. So weit zurück war der bestklassierte Schweizer Abfahrer in der Weltcup-Geschichte noch nie gelegen. Für den bisherigen Tiefpunkt hatte der frühere Weltmeister Bruno Kernen im Jahr 1995 mit dem 21. Rang in Kitzbühel gesorgt. „Ich bin schockiert“, wurde Trainer Inglin hernach zitiert. „Wir wissen im Moment nicht, wo wir ansetzen sollen.“

Eidgenossen „auf dünnem Eis“

Dass sich die Schweizer wie von Inglin befürchtet derzeit auf dünnem Eis bewegen, bewiesen auch die folgenden Rennen am in Beaver Creek. Weder in der Abfahrt (Defago 10.) noch im Super-G (Defago 16.) konnte deren Bester mit den Besten der Welt mithalten. Den Tiefpunkt markierte der abschließende Riesentorlauf, der mit dem in dieser Disziplin zweitschlechtesten Ergebnis der Schweizer (Janka 24.) zu Ende ging. Schlechter war im RTL nur Defago als 25. vor acht Jahren in Kranjska Gora.

Didier Defago (SUI) auf der Piste in Beaver Creek

APA/EPA/Justin Lane

Auch Defago konnte die Schweizer Erwartungen bisher nicht erfüllen

„Dürfen nicht in Panik verfallen“

Im Slalom von Zagreb schwang Markus Vogel zuletzt als bester Schweizer sogar nur als 27. ab, was die Stimmung nicht sonderlich hob. Inglin erklärte die miserable Saison seiner Herren, die bisher schlechteste in der Weltcup-Geschichte, mit fehlendem Selbstvertrauen. Auch die nötige Frechheit auf der Piste ließen seine Fahrer vermissen. Zwar wolle es jeder einzelne Fahrer so gut wie nur möglich machen. „Aber genau das führt zu einer Verkrampfung. Wir dürfen jetzt allerdings nicht in Panik verfallen“, warnte Inglin.

Janka scherzte sogar und stellte in Anspielung auf den Wunsch von US-Star Lindsey Vonn nach einem Start bei den Herren einen solchen bei den Damen in Aussicht, um eventuell wieder vorne zu landen. Im Nationencup sind die Schweizer Herren nach 16 von 36 Rennen mit 368 Punkten (Österreich 2.682) nur auf dem neunten Platz. Die Aussichten sind trüb, ein Ende der Talfahrt nicht in Sicht. Deren Höhepunkte, die Heimrennen in Adelboden am kommenden Wochenende und Wengen in zwei Wochen, bzw. die WM in Schladming im Februar kommen für die Eidgenossen wohl zu früh.

Michael Fruhmann,ORF.at

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