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Größte Dopingaffäre der Sportgeschichte

Im vergangenen ist das Urteil in der größten Dopingaffäre der Sportgeschichte gesprochen worden. Lance Armstrong wurde seine sieben Titel bei der Tour de France endgültig los. Der Radsport-Weltverband (UCI) erkannte die Enthüllungen der US-Anti-Doping-Agentur (USADA) zum weit reichenden Dopingnetzwerk des Texaners Ende Oktober an. Der 41-Jährige wurde lebenslang gesperrt.

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Auch alle seine Ergebnisse seit 1. August 1998 wurden annulliert. Der ehemalige Rekordsieger der Tour wurde damit endgültig ein gefallener Held. „Lance Armstrong hat keinen Platz im Radsport“, betonte UCI-Präsident Pat McQuaid am 22. Oktober bei einer Pressekonferenz in Genf. Der Ire sprach von einem „historischen Tag“ für den Sport, gestand aber auch, dass dieser mit den Armstrong-Enthüllungen „der größten Krise seiner Geschichte“ gegenüberstehe.

Siegerlisten zwischen 1999 und 2005 bleiben leer

Armstrong hatte die Tour de France zwischen 1999 und 2005 siebenmal in Serie gewonnen. Die Siegerlisten für diesen Zeitraum bleiben nun leer - die UCI entschied sich dazu, die aberkannten Titel nicht neu zu vergeben. Denn gegen alle acht Fahrer, die in der fraglichen Zeit neben Armstrong in Paris auf dem Podest standen, wurde zumindest wegen Dopings ermittelt. Der Großteil der „Kronprinzen“ Armstrongs bei der Frankreich-Rundfahrt war oder ist gesperrt, darunter etwa der Deutsche Jan Ullrich, der dreimal Zweiter geworden war.

Lance Armstrong mit gesenktem Kopf

APA/EPA/Shawn Thew

Armstrong selbst schweigt beharrlich zu den Anschuldigungen

Das Beweismaterial, das die USADA gegen Armstrong angesammelt hatte, war erdrückend. Mehr als 1.000 brisante Seiten hatte die Behörde Mitte Oktober veröffentlicht und damit das „ausgeklügeltste, professionellste und erfolgreichste Dopingprogramm, das der Sport je gesehen hat“ nachgewiesen. Jahrelang und systematisch habe Armstrong mit EPO, Testosteron, Kortison und Blutdoping betrogen - und seine Teamkollegen ebenfalls dazu genötigt.

Mehrere frühere Gefährten in den Rennställen US Postal bzw. Discovery Channel, die vom „Chef“ höchstpersönlich zum Doping angestiftet worden waren, hatten unter Eid gegen Armstrong ausgesagt. „Was ich im USADA-Bericht gelesen habe, macht mich krank“, erklärte McQuaid, der es bedauerte, „dass wir nicht alle von ihnen erwischen und aus dem Sport werfen können“. Mit „ihnen“ waren die Sportbetrüger gemeint.

Tour-Chef will Preisgeld zurück

Tour-de-France-Chef Christian Prudhomme geht davon aus, dass Armstrong nach der Aberkennung seiner sieben Siege auch das Preisgeld zurückgeben muss. „Das Reglement der UCI ist deutlich: Wenn einem Fahrer der Platz aberkannt wird, der Geld einbringt, muss er (das Preisgeld, Anm.) zurückzahlen“, sagte Prudhomme Ende Oktober in Paris. Nach Berechnungen der Sportzeitung „L’Equipe“ hatte Armstrong bei seinen Tour-Erfolgen insgesamt knapp drei Millionen Euro Preisgeld gewonnen.

Neben der Rückzahlung des Preisgeldes drohen dem Texaner weitere Millionenforderungen. Die US-Versicherungsfirma SCA Promotions etwa hatte dem US-Amerikaner während dessen Karriere nach eigenen Angaben rund zwölf Millionen Dollar an Prämien ausgezahlt und erwägt nun rechtliche Schritte gegen den früheren Radprofi. Zudem beendeten mehrere Sponsoren ihre Zusammenarbeit mit Armstrong, darunter Sportartikelhersteller Nike, die US-Großbrauerei Anheuser-Busch und der Brillenhersteller Oakley.

Armstrong spricht von Hexenjagd

Armstrong selbst hatte zu den Urteilen kaum Stellung genommen und von einer Hexenjagd gesprochen. Der US-Amerikaner bestreitet weiterhin, jemals verbotene Mittel benutzt zu haben. Am 1. November provozierte der gefallene Radheld mit einem im Kurznachrichtendienst Twitter veröffentlichten Bild. Der Texaner zeigte sich dabei auf seiner Couch liegend mit seinen sieben Gelben Trikots der Tour de France.

Einen Tag später legte Armstrong alle offiziellen Ämter seiner Krebsstiftung Livestrong zurück. Der Texaner war bereits am 17. Oktober als Vorsitzender der von ihm 1997 ins Leben gerufenen Stiftung zurückgetreten, aber vorerst noch im Vorstand verblieben. Er entschied sich dazu, sich komplett zurückzuziehen, „um der Organisation die negativen Auswirkungen der Debatten rund um seine Radsportkarriere zu ersparen“, teilte der neue Livestrong-Chef und Armstrong-Nachfolger Jeff Garvey mit.

Kein Einspruch gegen Urteil

Wie erwartet legte Armstrong keinen Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) gegen die Aberkennung seiner Tour-Siege und die lebenslange Sperre ein. Nach CAS-Angaben ging bis zum Ablauf der 21-tägigen Widerspruchsfrist gegen das UCI-Urteil kein Einspruch des US-Amerikaners ein. Die UCI hatte Armstrong ihre Begründung für die Bestätigung des USADA-Urteils am 6. Dezember übermittelt.

Damit dürfte das Internationale Olympische Komitee (IOC) Armstrong auch seine olympische Bronzemedaille im Zeitfahren aus dem Jahr 2000 aberkennen. Das IOC müsse aber die Einspruchsfrist abwarten, hatte IOC-Präsident Jacques Rogge zuvor erklärt.

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