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„Keine Namen genannt, nichts verraten“

Lance Armstrongs Dopingbeichte im US-TV-Interview mit der Talk-Moderatorin Oprah Winfrey in der Nacht auf Freitag hat die Wahrheit hinter seinen sieben Tour-de-France-Siegen ans Licht gebracht. Recht offen sprach der 41-jährige US-Amerikaner über seine sportliche Vergangenheit und seine Erfolge, die er als Betrug entlarvte. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich.

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Positive Zustimmung erntete Armstrong vor allem vom Weltradverband (UCI), der im Zuge der Armstrong-Ermittlungen unter massiven Druck und Korruptionsverdacht geraten war. „Armstrongs Entscheidung, sich der Vergangenheit zu stellen, ist ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg zur Wiederherstellung des Vertrauens in den Sport“, sagte der selbst heftig umstrittene und mehrfach zum Rücktritt aufgeforderte UCI-Präsident Pat McQuaid am Freitag.

Armstrong hatte den Dachverband vom Verdacht der Korruption und Einflussnahme bei den Dopingkontrollen ausdrücklich freigesprochen und die Effektivität der heutigen Anti-Doping-Maßnahmen gelobt. „Armstrong hat bestätigt, dass es keine Verschwörung und keine Absprachen zwischen ihm und der UCI gegeben hat“, so McQuaid, der sein Amt 2005 von Hein Verbruggen übernommen hatte, weiter.

Verstimmung bei der WADA

Beim Präsidenten der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) sorgte Armstrongs Geständnis eher für Verstimmung. John Fahey übte vor allem an der Aussage des Ex-Radprofis, er habe durch den jahrelangen Dopingkonsum lediglich faire Voraussetzungen schaffen wollen, heftige Kritik. Dieser Kommentar sei „ein bequemer Weg, zu rechtfertigen, was er getan hat - nämlich betrügen“, sagte Fahey der AP am Freitag.

Durch solche Aussagen werde Armstrong „völlig unglaubwürdig“, fügte Fahey hinzu. Der WADA-Boss zeigte sich von Armstrongs TV-Auftritt bei Winfrey enttäuscht. „Er hat keine Namen genannt, hat nicht verraten, wer ihn (mit Dopingmitteln, Anm.) versorgt hatte, welche Funktionäre involviert waren“, bemängelte Fahey und ergänzte: „Falls er auf Erlösung aus war, war er nicht erfolgreich.“

„Schritt in die richtige Richtung“

Immerhin als „kleinen Schritt in die richtige Richtung“ bezeichnete das Geständnis der Chef der US-Anti-Doping-Agentur (USADA), Travis Tygart. Der durch seine Behörde längst als Doper überführte Armstrong habe „endlich zugegeben, dass seine Radsportkarriere aus einer kraftvollen Kombination aus Doping und Betrug“ bestanden habe, sagte der USADA-Chef. Wenn es Armstrong ernst damit sei, „seine Fehler zu korrigieren, muss er unter Eid ein vollständiges Geständnis seiner Dopingaktivitäten“ ablegen, so Tygart weiter.

Der deutsche Radprofi Jens Voigt monierte vor allem eine gewisse Laxheit Armstrongs bei seinen angebotenen Entschuldigungen. „Ich habe gegen ihn nur ein, zwei Rennen verloren. Das war nicht schlimm. Aber es gibt sicher andere, die haben viel mehr unter ihm gelitten. Die Leute mögen Geständnisse, aber es wird für Lance sicher noch ein langer Weg. Da wird noch mehr nötig sein als ein kurzes Sorry über den Bildschirm“, sagte Voigt.

„Er hat keine Reue gezeigt“

Dopingkronzeuge Jörg Jaksche bemängelte, dass Armstrong „keine Reue gezeigt hat“. „Das war die Pflichtaufgabe, um sein Image aufzupolieren“, sagte Jaksche, der vermutet, dass für das Interview viel Geld geflossen sein muss. „Vielleicht hat er so viel bekommen, wie er im Prozess gegen sein ehemaliges US-Postal-Team angeboten hat“, sagte Jaksche der dpa. Der Texaner hatte laut US-Medienberichten für die Einstellung des Verfahrens fünf Millionen Dollar geboten.

Der dopinggeständige Ex-Profi Rolf Aldag setzt große Hoffnungen „auf den dritten Teil“ der Armstrong-Ausführungen. „Das war der erste Teil, am Samstag kommt der zweite und hoffentlich bald der dritte, nicht öffentliche, vor der Polizei, der Justiz, der USADA oder WADA“, sagte der im Management der Omega-Quickstep-Teams arbeitende Aldag nach dem ersten Part des zweigeteilten Interviews. „Das Allerschwierigste ist das Zugeben - ich weiß, wovon ich rede“, sagte Aldag, der 2007 eine Fernsehbeichte abgelegt und Doping gestanden hatte.

Drastische Worte von Djokovic

Drastischere Worte kamen vom Tennis-Weltranglistenersten Novak Djokovic. „Ich finde, es ist eine Schande für den Sport, einen solchen Athleten zu haben“, sagte Djokovic in Melbourne nach seinem Einzug ins Achtelfinale der Australian Open. „Er hat den Sport betrogen. Er hat viele Menschen auf der ganzen Welt mit seiner Karriere und seiner Lebensgeschichte betrogen“, sagte der Serbe. „Er sollte für seine Lügen über all die Jahre büßen.“

Den Tennissport hält Djokovic dagegen für sauber. „In meinen Augen sind die Anti-Doping-Regeln im Tennis gut“, sagte der 25-Jährige. „Ich glaube, Tennisspieler sind mit die saubersten Athleten auf der Welt.“ Immerhin räumte Djokovic ein, dass es bei ihm in den vergangenen sechs, sieben Monaten keine Bluttests gegeben habe. Er habe jedoch nichts dagegen. „Je mehr Urintests, je mehr Bluttests sie nehmen, desto besser. Dann bist du sicher, dass es ein sauberer Sport ist und jeder die gleiche Behandlung erfährt.“

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