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Große Chance - viele Fragezeichen

Nach der Nullnummer im vergangenen Jahr in London - mit den zweiten medaillenlosen Sommerspielen in der Geschichte - steht das Thema Olympia erneut ganz oben auf den Agenden der österreichischen Sportpolitik. Die Wiener Bevölkerung entscheidet Donnerstag bis Samstag im Rahmen einer Volksbefragung darüber, ob sich die Bundeshauptstadt um die Ausrichtung der Sommerspiele 2028 bemühen soll.

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Alleine mit einem Ja wird es aber nicht getan sein, auch wenn sich Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) für den Fall der Zustimmung siegessicher gibt. „Wenn wir uns bewerben, werden wir gewinnen“, sagte das Stadtoberhaupt in einer Pressekonferenz. Um das Internationale Olympische Komitee (IOC) bis zur Vergabe der Spiele im Jahr 2021 zu überzeugen, braucht es aber noch viel mehr.

Bei Zustimmung wartet viel Arbeit

Zunächst kann eine Bewerbung nicht durch die Stadt Wien, sondern nur durch das Österreichische Olympische Comite (ÖOC) erfolgen. Zwar stellte sich ÖOC-Präsident Karl Stoss hinter die Idee, forderte aber noch im Dezember, die Bewerbung auf die Umsetzungsmöglichkeiten hin abzuklopfen. „Grundsätzlich unterstützen wir jede Art der olympischen Initiative, sofern sie realistische Erfolgschancen verspricht und die finanziellen Mittel für die Bewerbung, die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen und die Durchführung gesichert sind“, sagte Stoss damals.

ÖOC-Präsident Karl Stoss und Wiens Bürgermeister Michael Häupl

APA/Robert Jäger

Stoss unterstützt zwar die Idee Häupls, erwartet sich aber Sicherheiten

Als eine der größten Hürden gilt die aktuell unbefriedigende Situation der Sportstätten in der Bundeshauptstadt. In Wien fehlt es an Quantität und an Qualität. Bei den vergangenen Sommerspielen in Athen 2004, Peking 2008 und London 2012 hat es nie weniger als 30 Wettkampfstätten auf höchstem Niveau gegeben. Davon ist Wien derzeit meilenweit entfernt. Die sportliche Infrastruktur der Stadt genügt auch weit geringeren als olympischen Ansprüchen nicht.

Mögliche Initialzündung

Allerdings könnte ein Inkraftsetzen des Bewerbungsprozesses eine Initialzündung für ein Sportstättenkonzept bringen. Bis zum Beginn des Vergabeprozesses im Jahr 2019 blieben immerhin noch sechs Jahre, bis zum eigentlichen Zuschlag an eine Kandidatenstadt rund achteinhalb Jahre. Im Falle des aus heutiger Sicht unwahrscheinlichen IOC-Sanctus für Wien gäbe es in Summe gar mehr als 15 Jahre Vorbereitungszeit.

Nicht zu unterschätzen allerdings ist, dass mit einer Ausrichtung von Olympischen Spielen auch die Paralympics vergeben werden. Dieses Olympia der Körperbehinderten findet in der dritten und vierten Woche nach den Spielen der Nicht-Körperbehinderten statt und erfordert zusätzliche Ressourcen. So wurde etwa das Paralympics-Tennisturnier in London in einem völlig separaten Stadion ausgetragen.

Frage der Nachhaltigkeit

Neben der Frage, ob Olympische Sommerspiele künftig noch an kleine Millionenstädte wie Wien vergeben werden, stellt sich auch jene der Nachhaltigkeit. Da die meisten der Sportstätten im Zuschauerbereich in die zigtausend gehen würden, wären sie in ihrer Größe für die österreichische Sportlandschaft nicht verwendbar. Intelligente Rückbaukonzepte und eine nur temporäre Verwendbarkeit wären da gefragt.

All das verursacht Kosten, wobei sich die Bewerbungskosten allein in überschaubarem Rahmen bewegen würden. Doch die Summe bei einer Ausrichtung liegt längst in den Milliarden. London 2012 kostete rund 11,5 Milliarden Euro, wobei die Sicherheitskosten seit den Anschlägen auf das World Trade Center in New York explodiert sind. Bis 2028 ist mit einer Fortsetzung des fortschreitenden Kostenfaktors zu rechnen.

Wiener Charme kontra Politinteressen

Sollten sich die Wiener mehrheitlich für eine Bewerbung aussprechen, könnten der gute Ruf als beliebteste internationale Kongressstadt der Welt und vielleicht sogar der Wiener Charme als Pluspunkte in die Waagschale geworfen werden. Ob das im Wettstreit um die Vergabe in der oft sehr stark auch politisch motivierten Entscheidung der IOC-Granden gegen finanzkräftige Weltmetropolen ausreicht, bliebe abzuwarten.

Jedenfalls würde ein Ja der Wiener den Ball zum Österreichischen Olympischen Comite (ÖOC) weiterspielen, von dort aus müsste die offizielle Bewerbung am Ende dieses Jahrzehnts an das IOC gehen. Grundsätzlich wäre das Ski-verrückte Österreich mit einer Bewerbung für Winterspiele jedenfalls wohl chancenreicher. Allerdings gab es da zuletzt mit Salzburg für 2010 und 2014 zwei erfolglose Bewerbungen.

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