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Bayern entschlossen, Dortmund lauert

Wochenlang haben nicht nur die deutschen Fußballfans dem ersten deutschen Finale der Champions League zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern entgegengefiebert. Am Samstagabend um 20.45 Uhr (MESZ) steht in der Fußball-Kultstätte Wembley-Stadion in London endlich der Tag der Wahrheit an. Mit David Alaba wird auch ein Österreicher mit von der Partie sein.

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Champions League, Finale

Samstag, 20.45 Uhr:

Dortmund - Bayern München

London, Wembley-Stadion, SR Rizzoli (ITA)

Mögliche Aufstellungen:

Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Bender, Gündogan - Blaszczykowski, Reus, Großkreutz - Lewandowski

Bayern: Neuer - Lahm, Boateng, Dante, Alaba - Martinez, Schweinsteiger - Robben, Müller, Ribery - Mandzukic

Für den FC Bayern soll sich nach dem Finalschock aus dem Vorjahr mit der Niederlage im Elferschießen gegen Chelsea und einer Saison der Superlative der Kreis des Erfolges schließen. Wenn nicht jetzt, wann dann soll der zweite Münchner Champions-League-Triumph nach 2001 her? 16 Jahre nach dem denkwürdigen Sieg der Borussia spüren aber auch die Schwarz-Gelben wieder einen Hauch von Geschichte. „Wembley wird einer der größten Momente in unserem Leben. Jetzt ist die Zeit gekommen, Träume zu erfüllen“, frohlockte BVB-Coach Jürgen Klopp.

Wer darf Samstagnacht die 107 Stufen zur königlichen Loge hinaufschreiten und dort den 8,5 Kilogramm schweren Pokal im Konfettiregen in den Abendhimmel recken? 86.000 Zuschauer werden im Stadion dabei sein. In Deutschland fiebern Hunderttausende beim Public Viewing mit, weltweit werden mehr als 300 Millionen an den TV-Bildschirmen erwartet. Bayern-Trainer Jupp Heynckes wirkte, wie seine Spieler, entschlossen: „Wir haben eine außergewöhnliche Mannschaft, die im Kollektiv einen wunderbaren Fußball spielt. Wenn wir das abrufen können, werden wir das Spiel gewinnen.“

Super Saison gibt Bayern Kraft

Der Rucksack zweier Finalniederlagen soll beim FC Bayern nicht so schwer wiegen wie der unerschütterliche Glaube an die eigene Stärke nach einer bisherigen Fabelspielzeit. „Die Mannschaft ist in diesem Jahr sehr stabil, hat total fantastischen Fußball gespielt“, hob Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hervor. Der frühere Bayern-Star Paul Breitner formulierte die forscheste Finalprognose: „Wenn unsere Mannschaft Normalform erreicht, hat Dortmund keine Chance.“

11:0 in den vergangenen vier Königsklassen-Spielen gegen Barcelona und Turin, 25 Punkte vor Dortmund in der Liga, in 34 Ligaspielen 98 Tore geschossen und nur 18 bekommen, dazu ein 1:0-Sieg im Pokalviertelfinale gegen den BVB. Mitverantwortlich dafür ist David Alaba. Der 20-jährige Wiener spielte als linker Außenverteidiger eine sensationelle Saison und ist vor allem im Duett mit Franck Ribery ein wichtiger Bestandteil des Erfolges. „Ich weiß, welche Stärke wir haben“, tönte Bastian Schweinsteiger. Auch Heynckes glaubt an einen perfekten Tag: „Wir sind so gut drauf.“ Es wäre sein zweiter Sieg nach 1998 mit Real Madrid.

David Alaba und Mario Gomez (Bayern)

GEPA/David Rodriguez

David Alaba (li.) und Mario Gomez (re.) sind im Abschlusstraining voll konzentriert

Bayern wissen, was zu tun ist

Man betrete das Stadion „nicht arrogant, auch nicht hochmütig oder überheblich“, versicherte Rummenigge: „Wir wissen, was in einem Finale möglich ist.“ Der Bayern-Boss erwartet „90 oder 120 schwere Minuten“, sogar auf ein Elfmeterschießen haben sich die Bayern vorbereitet. „Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendjemand sich in die Hosen scheißt“, sagte Nationalspieler Thomas Müller.

„Wir wissen, was wir machen müssen“, erklärte Ribery - nämlich so spielen wie gegen Barcelona. Die Außenbahnen mit Ribery und Robben gehören zu den Schlüsselzonen. Dortmund ist offensiv durch den Ausfall von Mario Götze geschwächt, hat aber Rakete Marco Reus und Torjäger Robert Lewandowski (zehn CL-Treffer). „Dortmund mag gerne in der Underdog-Situation sein“, sagte Schweinsteiger zur Rollenverteilung. „Mag sein, dass wir Favorit sind, aber wir können mit dem Druck umgehen“, erklärte Rummenigge.

Dortmund setzt auf Psychologie

Der Außenseiter aus Dortmund strotzt ebenfalls vor Selbstvertrauen. Beim Aufbruch nach London trug sogar das Flugzeug die Vereinsfarben Schwarz-Gelb. Trotz des gewaltigen Rückstandes in der Bundesliga glauben die Dortmunder an ihre Chance im Finale. Vor allem in psychologischer Hinsicht wähnen sie sich im Vorteil - auch ohne ihren verletzten Star Götze.

Der Abstand der Bayern in der abgeschlossenen Bundesliga-Saison taugt nach Einschätzung von Kapitän Sebastian Kehl, der das Finale wohl nur von der Bank aus beobachten wird, nicht als Gradmesser für einen Vergleich zwischen beiden Teams: „Wir haben eine Spielweise, die den Bayern wehtun kann. Ich glaube, dass ihr Respekt vor uns groß ist.“ Der zweite Erfolg in der Champions League nach 1997 gegen Juventus winkt.

Dortmund-Trainer Jürgen Klopp

APA/EPA/UEFA

Dortmund-Trainer Jürgen Klopp gilt als Garant für eine topmotivierte Mannschaft

Mit Mut und Freude zum Erfolg

In der Bundesliga gab es im Duell der Finalisten zuletzt zwei Unentschieden, im Cuphalbfinale eine 0:1-Niederlage für die Borussia. „Wir hatten in all diesen Spielen Momente, in denen wir den Bayern richtig Probleme bereitet haben. Daran orientieren wir uns.“ Trainer Klopp sorgt außerdem dafür, dass seine junge Mannschaft mental bestens vorbereitet in das große Spiel geht. „Wenn angepfiffen wird, werden die Jungs alles für möglich halten - im positivsten Sinn“, versicherte der Motivationskünstler.

„Das Team wird gewinnen, das mit mehr Mut und Freude aufläuft. Da haben wir Vorteile“, legte Kehl nach. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der in der nervenaufreibenden Schlussphase des Halbfinales in Madrid vom Tribünensitz geflüchtet war, wirkt diesmal vergleichsweise gelassen: „Wir haben überhaupt nichts zu verlieren und empfinden totale Lust.“

„Sind nicht per Freilos ins Finale gekommen“

Gerade noch rechtzeitig kurierte Abwehrchef Mats Hummels seine Bänderdehnung im Knöchel aus. „Ich bin mit dem Schrecken davongekommen. Der Fuß ist zwar nicht wie vorher, aber es wird gehen“, sagte er wenige Minuten vor dem Abschlusstraining im Wembley Stadion. Mut schöpft der Ligazweite auch aus den bisherigen Spielen in der Königsklasse.

Schließlich schloss der BVB die sogenannte Gigantengruppe mit den Meistern Real Madrid, Manchester City und Ajax Amsterdam als Sieger ab und behielt auch im zweiten Kräftemessen mit den „Königlichen“ aus Madrid im Halbfinale die Oberhand. Der 3:2-Sieg im Nachspielkrimi gegen Malaga im Viertelfinale sorgte für zusätzliches Selbstvertrauen. „Wir sind nicht per Freilos ins Finale gekommen“, betonte Dortmund-Sportdirektor Michael Zorc, der als Spieler schon beim Endspiel 1997 dabei war.

Prinz William tippt auf Bayern-Sieg

Auch die Prominenz blickt gespannt auf den Anpfiff im Wembleystadion. „Ich wette auf Bayern München - 2:0“, erklärte Englands Prinz William einen Tag vor dem Finale. Und das Duell zweier deutscher Teams dort sorgte auch für einen Versprecher. In London fände „das DFB-Pokalfinale - äh, das Champions-League-Finale statt“, sagte UEFA-Präsident Michel Platini.

Gewinner ist seit langem der deutsche Fußball - sportlich wie finanziell. Die Konten der Endspielteilnehmer bekamen reichlich Zuwachs. Beide haben jeweils 70 Millionen Euro sicher, der Sieger bekommt 10,5 Millionen Euro.

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