Befreiungsschlag und Grüße in die Türkei
Marcel Koller ist nicht Tolunay Kafkas - und für Österreichs Nationalteam war das am Freitag Gold wert. Der mittlerweile gefeuerte Trainer des türkischen Erstligisten Trabzonspor wäre in den vergangenen Monaten eher mit zehn Spielern angetreten als Marc Janko eine Chance zu geben. Der Schweizer ÖFB-Cheftrainer dagegen vertraute im Duell mit Schweden auf die Qualitäten seines Stürmers, der in zwei Wochen seinen 30. Geburtstag feiert.
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„Überspielt war ich nicht“, stellte Janko nach dem 2:1-Heimsieg in der WM-Qualifikation unter Beweis, dass er während der „katastrophalen Zeit“ auf dem Abstellgleis von Trabzonspor auch seinen Humor nicht verloren hat. An seine sportlichen Qualitäten habe er ohnehin immer geglaubt. „Ich weiß, was ich kann“, so Janko nach seinem herrlichen Flugkopfball zum 2:0 (32. Minute), der letztlich für die drei Punkte gegen Schweden essenziell war. Auch Koller weiß das, denn sonst hätte er Janko im Frühjahr nicht immer wieder angerufen und aufgemuntert.

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„Air Janko“ im kompromisslosen Tiefflug zum zweiten Tor der Österreicher
„Ich bin dem Teamchef wirklich sehr dankbar“, betonte der im Superman-T-Shirt zu den Interviews in die „Mixed Zone“ gekommene Angreifer. „Und ich bin froh, dass ich ihm das heute zurückzahlen konnte.“ Genugtuung sei natürlich auch dabei, daher auch „schöne Grüße“ an Kafkas, seinen früheren Admira-Mitspieler, in die Türkei. „Offensichtlich ist er mit seiner Einschätzung meiner Qualitäten nicht ganz richtig gelegen“, stellte Janko fest. Der Moment nach seinem Treffer, als er von der Jubeltraube aus Teamkollegen begraben wurde, sei jedenfalls „einer der schönsten der bisherigen Karriere“ gewesen.
Eine Maßflanke zur rechten Zeit
„Die besten Geschichten schreibt halt doch der Fußball“, brachte es der 1,96 Meter große Sturmtank auf den Punkt. Dennoch wäre es laut Janko schlimm, nach einer „unglaublichen kämpferischen Leistung der gesamten Mannschaft“ einzelne Spieler herauszuheben. Er wird es den Medien nachsehen, wenn sie es doch tun. Vor allem, weil der schon mehr als ein Jahrzehnt im Profigeschäft tätige, 35-fache Internationale genau weiß, was im Misserfolgsfall passiert wäre. „Die Kritiker hatten schon durchgeladen“, meinte Janko nach dem Befreiungsschlag.
„Die Schlagzeilen waren vorbereitet: ‚Wie kann der Koller den Janko einberufen und dann auch noch spielen lassen‘“, teilte der oft gescholtene Strafraumstürmer noch einen kleinen Seitenhieb aus. „Aber meistens kommt es dann doch anders. Ich habe schon so oft solche Situationen erlebt“, fügte er hinzu. Unglaublich gut fühle es sich jedenfalls an, nach so einer schweren Zeit so zurückzukommen. Die Maßflanke von Martin Harnik kam für Janko in jeder Hinsicht zur rechten Zeit. „Ohne Rücksicht auf Verluste“ ist er daher regelrecht in sie hineingetaucht.
Jankos Zukunft erscheint wieder rosiger
In der WM-Qualifikation sieht Janko die Österreicher nun ebenfalls auf einem guten Weg. Gleichzeitig weiß er, dass die nächsten Partien in Deutschland (6. September) und dann zu Hause gegen Irland um nichts leichter werden als der offene Schlagabtausch gegen die Schweden: „Das war ein wichtiger Schritt in Richtung Brasilien, aber wir sind noch lange nicht am Ziel“, meinte er. Seine Verletzung, die ihn zur Pause am Weitermachen gehindert hatte, könnte ein Muskelfaserris sein. „Hoffentlich nichts Schlimmeres“, so Janko, der sich nun auf Urlaub freut.

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Janko im Glück: Überwältigt von den Gefühlen und dem Jubel der 50.000 Fans
Spätestens danach werde man mit Trabzonspor eine Lösung ausarbeiten. Eine „Bewerbungsleistung“ wie am Freitag könne dabei oder bei einer Suche nach einem neuen Club sicher nicht schaden, meinte Janko. Das alles sind Überlegungen, die David Alaba eher nicht berühren. Sein hoch dotierter Vertrag mit den Bayern läuft noch lange, und weil die Münchner klug sind, werden sie ihn bald noch einmal verlängern wollen. Als Elfmeterschütze hat Alaba auch schon im Bayern-Trikot geglänzt. Gegen Schweden zeigte er einmal mehr, dass er als 20-Jähriger schon Nerven wie Stahlseile hat.
Alabas würdiger Schlusspunkt hinter Traumsaison
„Ich bin als Elferschütze auf dem Zettel gestanden, hab mir den Ball genommen und ihn reingehaut“, lautete die Analyse des Jungstars. Für ein Heldenepos müsste sie umgetextet werden, aber das wäre nicht Alaba. „Sicher ist man ein bisschen nervös. Aber sobald du vor dem Elfer stehst, ist die Nervosität weg“, schilderte der Wiener die entscheidenden Momente. „Man versucht, sich nur zu konzentrieren.“ Dass er bei den Bayern als linker Verteidiger und im Team im zentralen Mittelfeld eingesetzt wird - für Alaba weiter kein Problem.
„Als linker Verteidiger laufe ich die Linie rauf und runter. Im Mittelfeld versuche ich, das Spiel zu lenken und an mich zu reißen. Der Teamchef stellt mich gut darauf ein, und ich versuche das umzusetzen. Mir macht diese Position viel Spaß“, betont Kollers Schlüsselspieler im Rennen um ein WM-Ticket. Wenn es in den verbleibenden vier Qualipartien ähnlich läuft wie gegen Schweden, ist Brasilien für Alaba vielleicht bald kein Fernreiseziel mehr. Champions-League-Sieger, deutscher Meister, DFB-Pokalsieger und Österreichs Fußballer des Jahres ist er schon.
Harald Hofstetter, ORF.at
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