Schwarzer Sonntag für Jamaika
Die Welt der schnellsten Männer der Leichtathletikwelt ist am Sonntag von einem heftigen Erdbeben erschüttert worden. Mit dem Amerikaner Tyson Gay und Asafa Powell aus Jamaika flogen zwei Topstars der Sprinterszene rund einen Monat vor der am 16. August beginnenden Weltmeisterschaft in Moskau als Dopingsünder auf. Vor allem für Jamaikas Leichtathletik war es ein schwarzer Sonntag.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Gay, der heuer bei den US-Meisterschaften mit 9,75 Sekunden die bisher schnellste Zeit des Jahres über 100 m erzielt hatte, bestätigte in einer Telefonkonferenz aus Amsterdam Journalisten, dass er am Freitag von der US-Anti-Doping-Agentur (USADA) über eine positive A-Probe informiert worden sei. Der Test sei im Mai außerhalb von Wettkämpfen vorgenommen worden, über die gefundene verbotene Substanz wollte der 30-Jährige nichts sagen.
„Irgendeine Art von Unfall“
„Ich darf darüber nicht sprechen. Ich weiß genau, was passiert ist, aber ich kann jetzt nicht darüber reden.“ Seine Familie wisse, dass es „irgendeine Art von Unfall“ gewesen sei. Die B-Probe wurde noch nicht geöffnet, das soll schnellstmöglich erfolgen. Gay sagte bereits seine Starts beim Diamond League Meeting in Monaco und den Welttitelkämpfen in Russland ab. „Ich habe keinen Bericht über Sabotage. Ich habe jemandem vertraut und wurde im Stich gelassen“, sagte Gay mit tränenerstickter Stimme.

AP/Mark Baker
Bei der WM 2007 in Osaka hatte Gay (r.) gegen Bolt (Mi.) noch die Nase vorne
Er habe nie wissentlich eine leistungssteigernde Substanz zu sich genommen. „Ich habe einen Fehler gemacht“, gestand er im Trainingslager in Amsterdam ein. An ein Karriereende denkt Gay indes nicht: „Ich hoffe, ich werde wieder laufen können. Aber ich werde jede Strafe wie ein Gentleman hinnehmen.“ Der 30-Jährige war als größter Konkurrent von Bolt bei den kommenden Weltmeisterschaften gehandelt worden. 2007 in Osaka war Gay noch mit dreimal Gold der Superstar der WM gewesen.
Der Amerikaner hatte sich in der Folge immer gerne als sauberer Sportler präsentiert. Gay hatte etwa 2008 in Peking eine „100-prozentige Garantie“ abgegeben, dass er nie eine positive Dopingprobe abliefern werde und seine Fans nie wie seine Landsleute Marion Jones oder Justin Gatlin mit einem positiven Dopingbefund enttäuschen werde. „Alles, was man im Verborgenen tut, kommt ans Licht. Man kommt nie damit durch, du wirst erwischt, egal, wie sehr du es zu vertuschen versuchst“, hatte der US-Amerikaner betont.
Powell bestätigt Ergebnis
Nur Stunden später wurde der positive Test Powells bei den jamaikanischen Meisterschaften in Kingston im Juni bekannt. Nach den Angaben seines Agenten Paul Doyle soll beim ehemaligen Weltrekordler die Substanz Oxilofrin gefunden worden sein. Eine Angabe, die der Läufer später bestätigte. Powell war bis zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking Weltrekordhalter über 100 m gewesen. Mit seiner Zeit von 9,74 Sekunden ist der 30-Jährige noch immer der viertschnellste Mensch über diese Distanz. Erst am 4. Juli hatte sich Powell in Lausanne knapp US-Sprinter Gay geschlagen geben müssen.

Reuters/Lucy Nicholson
Powell war von 2005 bis 2008 der schnellste Mann der Welt
„Ich kann bestätigen, dass ein Ergebnis bei den Meisterschaften im Juni auffällig war“, gab Powell in einem ersten Statement zu Protokoll. Der 30-Jährige konnte jedoch keine Erklärung für den positiven Test finden. „Das Ergebnis ist ein schwerer Schlag für mich. Ich möchte aber für meine Familie, meine Freunde und meine Fans klar festhalten, dass ich niemals vorsätzlich oder wissentlich verbotene Substanzen genommen habe. Ich bin und war nie ein Betrüger“, sagte Powell und kündigte an, er werde die Konsequenzen tragen. Der 30-Jährige räumte, ähnlich wie Gay, ein, nicht wachsam genug gewesen zu sein.
Insgesamt fünf Fälle
Powell ist aber vorläufig nur die Spitze des Eisberges. Ein weiterer von fünf mutmaßlichen Fällen betrifft 4x100-m-Olympia-Silbermedaillengewinnerin Sherone Simpson, ebenfalls eine Athletin von Doyle. „Das ist eine sehr schwierige Zeit für mich“, sagte die 28-jährige Simpson. „Als Athletin weiß ich, dass ich dafür verantwortlich bin, was in meinen Körper gelangt. Ich würde nie wissentlich eine illegale Substanz nehmen.“ Gefunden wurde bei ihr nach dem 100-m-Finale in Kingston ebenfalls Oxilofrine. Wer die mutmaßlichen weiteren drei positiv getesteten Athleten sind, ist noch nicht bekannt. Weltrekordler Bolt steht laut seinem Manager nicht unter Verdacht.
Herb Elliott von der jamaikanischen Anti-Doping-Kommission (JADCO) bestätigte lediglich, dass man Nachricht erhalten habe, dass es „von der Norm abweichende Analyseergebnisse von A-Proben“ gegeben habe. Weitere Informationen gab es nicht. Nach mehreren Medienberichten soll aber auch Staffel-Olympiasieger Nesta Carter zu den positiv getesteten Spitzenathleten aus Jamaika gehören. Er hatte erst Samstagabend beim Challenge-Meeting in Madrid die 100 m in 9,87 Sekunden gewonnen.
Campbell-Brown bereits gesperrt
Die Dopingfälle kommen nur wenige Wochen nach jenem der jamaikanischer Supersprinterin Veronica Campbell-Brown. Die amtierende 200-m-Weltmeisterin und dreifache Olympiasiegerin ist von ihrem Landesverband (JAAA) provisorisch gesperrt worden. Die 31-Jährige war im Mai in Kingston positiv auf ein Diuretikum getestet worden. Kurz zuvor war aufgrund ihres bereits zweiten Dopingvergehens deren Landsfrau Dominique Blake für sechs Jahre gesperrt worden. Der 400-m-Läuferin war die Einnahme des Stimulanzmittels Methylhexanamin nachgewiesen worden.
Links: