Nach zwölf Jahren ist Schluss
Im Oktober 2001 hat Rudolf Edlinger das Ruder bei Rapid übernommen, seit Montag ist der 73-Jährige nach 4.409 Tagen als Präsident der Grün-Weißen Geschichte. Er übergab das Amt bei der Ordentlichen Hauptversammlung an Michael Krammer. Der ehemalige Finanzminister durchlebte in seiner Ära ein Wechselbad der Gefühle mit Triumphen und schwarzen Stunden - die meisten im Hanappi-Stadion, das möglichst bald einer neuen Arena weichen soll.
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Mit dem längst fälligen Stadionneubau in Westen Wiens überschattete ein schwieriges und heikles Thema die letzten Jahre der Edlinger-Ära. Für den Clubchef hatte der Standort Hütteldorf immer Priorität. Nachdem eine Modernisierung des Hanappi-Stadions verpasst worden war, wurden zuletzt auch die Sanierungspläne verworfen, da Kosten von rund 40 Millionen Euro für laut Rapid-Angaben „minimale“ Verbesserungen dagegensprachen.

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Das Hanappi-Stadion, das 1977 eröffnet wurde, ist längst in die Jahre gekommen
Neues Stadion unumgänglich
Sowohl Edlinger als auch sein Nachfolger Krammer bevorzugen nun einen Neubau von „St. Hanappi“ für knapp 50 Millionen Euro. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Existenz des Vereins ohne neues Stadion nicht garantiert ist“, bekräftigte Edlinger wenige Wochen vor seinem Abschied als Rapid-Präsident.
Spätestens in der neuen Arena soll dann auch der 33. Meistertitel der bereits seit fünf Jahren titellosen Grün-Weißen gefeiert werden. Die einzigen beiden Rapid-Meisterschaften in diesem Jahrtausend wurden unter Edlinger 2005 (Meister mit Trainer Josef Hickersberger) bzw. 2008 (Meister mit Coach Peter Pacult) erobert. Auf einen Cupsieg warten die Rapid-Anhänger seit 18 Jahren (1995).

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Am 20. April 2008 bejubelte Edlinger im Hanappi-Stadion den bis dato letzten Meistertitel von Rapid
Meister und Champions League
Unter Hickersberger zog Rapid nach dem Meisterschaftstriumph 2005 überraschend auch in die Champions-League-Gruppenphase ein. Nach einer einvernehmlichen Trennung mit Jahresbeginn 2006 übernahm „Hicke“ Österreichs Nationalmannschaft. Die Pacult-Ära endete dagegen im April 2011 mit einem gewaltigen Krach und der fristlosen Entlassung durch Edlinger und Manager Werner Kuhn.
Ein publik gewordenes Treffen des damaligen Rapid-Trainers mit Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz löste eine Schlammschlacht aus, an deren Ende eine außergerichtliche Einigung stand. „Das war ein massiver Vertrauensbruch“, zeigte sich Edlinger enttäuscht. Pacult ging in die vierte Liga zu Red Bull Leipzig - für den traditionsbewussten und kommerzfeindlichen Edlinger eine zusätzliche Enttäuschung.
Platzsturm und Fandemo
Pacults Nachfolger wurde damals der aktuelle Betreuer Zoran Barisic, der in seiner ersten Amtszeit ausgerechnet an seinem 41. Geburtstag ebenso wie Edlinger einen der schlimmsten Momente bei Rapid miterlebte. Der Derby-Platzsturm am 22. Mai 2011 im Hanappi-Stadion traf Edlinger mitten ins grüne-weiße Herz und leitete eine schwierige Zeit im Umgang mit der aktiven Fanszene ein. „Mit Fußballfantum hat das nichts zu tun, wenn man vermummt im Stadion ist“, tobte Edlinger.

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Der Platzsturm am 22. Mai 2011 ist ein trauriges Kapitel der Rapid-Geschichte
Der Verein griff nach den Vorkommnissen im Derby hart durch. Es folgte ein wochenlanger Stimmungsboykott der treuesten Anhänger von der Westtribüne, der die angespannte Beziehung zwischen der Vereinsführung und den Fanclubs untermauerte. Die Randale beim Europa-League-Qualifikationsmatch bei PAOK Saloniki im August 2012 waren ein weiterer herber Rückschlag für Edlinger in Sachen Fanpolitik. Als „Draufgabe“ gab es von der UEFA in der Europa League ein Geisterspiel plus 75.000 Euro Geldstrafe.
Versöhnende Worte der Ultras
Was die bei Rapid traditionell hohe sportliche Erwartungshaltung betraf, lagen Anhang und Verein nicht immer auf einer Wellenlänge. Im April 2013 kam es beim Heimspiel gegen Wiener Neustadt zur Premiere einer grün-weißen Fandemonstration vom Bahnhof Hütteldorf bis vor die Südtribüne des Stadions. Nicht nur während des Protestmarschs, sondern praktisch bei jedem Heimspiel wurde von den eingefleischten Fans der Rücktritt des gesamten Vorstands gefordert.
Auch wenn der Rapid-Boss immer wieder betont hatte, dass ihn die harte Kritik der Fans nicht treffen würde, war ein Spruchband der Ultras beim Europa-League-Heimspiel gegen Genk für den 73-Jährigen umso erfreulicher. „Trotz etlicher Krisen, danke Rudi Edlinger!“ war auf dem Transparent im Happel-Oval zu lesen und ließ so manche Rapid-Krise in seiner zwölfjährigen Amtszeit vergessen.
Rainer Titsch und Harald Hofstetter, ORF.at
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