Ziele gibt es zur Genüge
Fußballerische Ländervergleiche, die vor, nach oder zwischen Qualifikationspartien ausgetragen werden, sind grundsätzlich nicht so leicht zu verkaufen. Wo Freundschaftsspiel oder Testspiel draufsteht, ist nicht immer hochklassige Spannung drin. Was das Duell der österreichischen Nationalmannschaft mit dem US-Team am Dienstag (20.45 Uhr, live in ORF eins) betrifft, gibt es im Vorfeld dennoch einige Indikatoren dafür, dass es sehr interessant werden könnte.
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Mehr als 20.000 Zuschauer werden im Wiener Ernst-Happel-Stadion nicht erwartet, wenn die in der WM-Qualifikation knapp, aber doch gescheiterte ÖFB-Auswahl in die Teamchef-Ära Marcel Koller II startet. Gerade für den Schweizer, der seinen Vertrag mit dem ÖFB nach zähen Verhandlungen um zwei Jahre verlängerte, geht es im zehnten und letzten Ländermatch des Jahres aber um reichlich Prestige. Immerhin könnte Koller der erste österreichische Teamchef seit Herbert Prohaska werden, der zwei positive Jahresbilanzen in Folge schafft.

GEPA/Christian Ort
Marcel Koller (r.) mit Kapitän Christian Fuchs vor dem Match gegen die USA
Vier Siege, ein Remis und vier Niederlagen hat Österreich 2013 bisher zu Buche stehen. Das Vorjahr hatte Koller mit vier Siegen, zwei Remis und zwei Niederlagen abgeschlossen. 2012 war das erste ÖFB-Jahr mit mehr Siegen als Niederlagen seit 2005 - Prohaska war das von 1995 bis 1998 gleich viermal in Folge gelungen. Damit nicht genug, verbindet Österreich mit dem US-Team noch eine interessante Statistik: Das 2:1 über die Amerikaner bei der WM 1990 war am 19. Juni vor mehr als 23 Jahren in Florenz der bisher letzte ÖFB-Sieg bei einem Großereignis.
Zwei A-Team-Debütanten wahrscheinlich
Die damaligen Torschützen Andreas Ogris und Gerhard Rodax können der aktuellen Generation am Dienstag nicht mehr helfen. 20 Tage nach Kollers Vertragsverlängerung will man in den ÖFB-Reihen zeigen, dass man für den nächsten Schritt nach vorne bereit ist. Dazu muss der Schweizer Cheftrainer einen gewissen Spagat vollbringen. „In der Qualifikation ist alles hektischer und angespannter. Rund um Freundschaftsspiele ist es einfacher, etwas auszuprobieren“, sagt Koller. „Wir wollen aber nicht zu viel durchmischen, um Stabilität reinzubringen.“
In der Innenverteidigung deutete Koller mit Martin Hinteregger einen wahrscheinlichen Debütanten an - er würde den angeschlagenen Sebastian Prödl ersetzen. Lukas Hinterseer spielt in den Überlegungen des Teamchefs ebenfalls eine Rolle, zumal Zlatko Junuzovic verletzt ausfällt. Worauf man beim Gegner aufpassen muss, skizzierte Koller deutlicher als seine Aufstellungsvarianten: „Sie sind sehr kompakt und lassen defensiv nicht viel zu“, so der ÖFB-Coach über die Amerikaner. „Ihr Prunkstück ist aber, dass sie in der Offensive Leute haben, die individuell stark sind und Spiele im Alleingang entscheiden können.“
„Können ihnen wehtun“
Das US-Team ist im Gegensatz zu den Österreichern für die WM 2014 in Brasilien qualifiziert. Überhaupt war man seit 1990 bei jeder WM-Endrunde dabei. Und in der Weltrangliste liegen die „US Soccer Boys“ als 13. beachtliche 40 Plätze vor Österreich. Das alles spricht nicht für die Gastgeber - genauso wenig die Bilanz unter Koller in Testspielen. Die jüngsten drei davon wurden etwa gegen die Elfenbeinküste (0:3), Wales (1:2) und Griechenland (0:2) verloren.
„Wir suchen uns die Testspielgegner schon bewusst so aus, dass sie in der Weltrangliste meistens besser sind“, erläuterte Koller dazu. „Das machen wir bewusst, damit wir an die Grenzen gehen müssen und uns so steigern können.“ Und wenn man nur die Platzierungen in eben jener FIFA-Rangliste hernehme, müsse man natürlich zu dem Schluss kommen, dass die USA in Wien Favorit seien. „Aber mit Leidenschaft, Spielwitz, Selbstvertrauen und Ruhe am Ball können wir ihnen wehtun“, betonte Koller. So wolle man die Fans in Wien noch einmal begeistern.
Gegen Schweden und Irland in der WM-Quali schafften es David Alaba und Co., den Funken von der Mannschaft zu den Zuschauern überspringen zu lassen. Das geringe Interesse an den vergünstigten Eintrittskarten für das USA-Spiel zeigt Koller aber nun, dass sich auch die Fans noch mehr Konstanz in den Leistungen des Teams erwarten. „Wir wollen die Fans so stark auf unsere Seite bringen, dass sie unabhängig vom Gegner ins Stadion kommen“, formulierte er ein weiteres Ziel. „Und zwar, weil sie uns sehen wollen und Spaß an dieser Mannschaft haben. So weit sind wir anscheinend noch nicht.“
Harald Hofstetter, ORF.at
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