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Der neue Stern am Springerhimmel

Von Sepp Bradl über Hubert Neuper, Ernst Vettori, Andreas Goldberger bis zu Gregor Schlierenzauer: Thomas Diethart hat sich am Montag mit seinem Erfolg bei der 62. Vierschanzentournee in eine illustre Gesellschaft namhafter ÖSV-Sieger begeben. Dass dieses Kunststück einem echten Senkrechtstarter gelang, ließ die 25.000 Fans an der Paul-Ausserleitner-Schanze toben.

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Trotz der für ihn völlig neuen Situation blieb Diethart die Souveränität in Person und zeigte keine Anzeichen von Nervenflattern. Der Jungstar zog seine Flugshow bis zum Schluss mit einer Coolness durch, die sein Vorbild, den im Endklassement zweitplatzierten Thomas Morgenstern, bei der Siegerehrung demonstrativ die Haube vor dem Niederösterreicher ziehen ließ. Sprünge mit perfekten Landungen auf 138,5 und 140,0 m machten Diethart zum neuen Stern am Springerhimmel, der für den 60. ÖSV-Tagessieg und den 15. ÖSV-Gesamtsieg sorgte.

„Froh, dass es vorbei ist“

„Es ist richtig schön. Zum Schluss hat es sich sehr hinausgezögert, und jetzt bin ich einmal froh, dass es vorbei ist“, sagte Diethart, der den Erfolgslauf bei seinem Tournee-Debüt auch mit seiner geringen Erwartungshaltung erklärte. „Ich habe sicherlich am wenigsten Druck von allen, die hier dabei waren, gehabt. Ich habe mir auch selbst nicht wirklich viel für das ganze Spektakel vorgenommen“, sagte Diethart. Er habe den Jubel vor seinem finalen Sprung einfach genossen.

Thomas Diethart, Simon Ammann, Thomas Morgenstern

APA/Barbara Gindl

Diethart ließ Morgenstern (l.) und Ammann in der Gesamtwertung hinter sich

Auch Simon Ammann, dem der Gang zur Siegerehrung ob des auch bei seiner 16. Tournee neuerlich versäumten Gesamtsieges wohl schwerfiel, lobte den Shootingstar. „Wenn man zum richtigen Zeitpunkt gewinnt, dann bekommt man einen Riesenlauf. Echt cool. Das ist eine gute Geschichte, dass es ein so junger Springer in so einem starken Team wie Österreich schaffen kann“, sagte der Schweizer, der übrigens weiterhin auf österreichischem Boden ohne Weltcup-Sieg blieb.

„Olympia ist noch weit weg“

Diethart ist erst der fünfte Tournee-Debütant nach Toni Nieminen (FIN) 1991/92, Andreas Goldberger (AUT) 1992/93, Primoz Peterka (SLO) 1996/97 und Anders Jacobsen (NOR) 2006/07, der diese bereits beim ersten Antreten gewonnen hat. Mit dem Tournee-Triumph erfüllte sich Diethart auch einen Kindheitstraum, weitere könnten folgen. „Es gibt sicherlich noch andere Ziele, die zu erreichen sind. Eines davon habe ich mir jetzt erfüllt“, sagte Diethart.

Die Frage nach den Olympischen Spielen in Sotschi lässt er zumindest mittlerweile zu. „Der Gedanke ist da, aber das nächste Ziel ist es, Skifliegen zu gehen“, meint er in Richtung Kulm am Wochenende. „Olympia ist noch weit weg. Es ist ein Kindheitstraum von jedem Springer, dass man bei dem Highlight Gold holt, aber das lasse ich jetzt noch weg“, so Diethart, der sich nach der Tournee über ein Preisgeld von insgesamt 40.000 Schweizer Franken (ca. 32.500 Euro) freuen darf.

Ins ÖSV-Team „wie die Jungfrau zum Kind“

Vor wenigen Wochen war Diethart schließlich noch im sportlichen Nirgendwo. Seinen ersten vollen Tournee-Einsatz verdankten er und der ÖSV dem Schicksal. So schickte man Michael Hayböck statt zur Tournee-Generalprobe in Engelberg in den Kontinentalcup, damit der Oberösterreicher den siebenten Tournee-Startplatz holt - was diesem auch gelang. Und durch den schweren Sturz von Morgenstern in Titisee-Neustadt fiel auch noch einer der ÖSV-Fixstarter aus.

Thomas Diethart

APA/Barbara Gindl

Youngster Diethart landete gleich seinen ersten ganz großen Coup

„Er ist zu dem Einsatz wie die Jungfrau zum Kind gekommen“, so Chefcoach Alex Pointner. Aber Diethart habe er nicht einfach beliebig aus der zweiten Trainingsgruppe herausgeholt. „Mir war klar, wir brauchen einen neuen Schwung. Diethart war zweimal Sechster im Kontinentalcup, und auch seine ersten Schneesprünge waren sehr gut. Dann kam sein Sturz beim Austria-Cup, und ich habe gedacht: ‚Den nehmen wir.‘“ Ob Glücksgriff oder Strategie - einen derartigen Erfolgslauf hatte wohl auch Pointner nicht erwartet.

Beeindruckende Absprungkraft

Der Chefcoach kennt neben der mentalen Stärke auch ein weiteres wichtiges Erfolgsgeheimnis. Diethart verfügt über eine beeindruckende Absprungkraft. „Er ist physisch von den Sprungkraftwerten her in einem Zustand, den wahrscheinlich keiner im ganzen Feld hat. Er springt 75 cm hoch. Ich habe noch keinen Athleten gehabt, der das geschafft hat“, so Pointner. Diethart springt im Trockentraining aus der Hocke mit gestreckten Füßen so hoch und lässt damit teamintern alle hinter sich.

„Wir haben vor vier, fünf Jahren die 70-cm-Marke zum ersten Mal geknackt. Damals war ein Loitzl das Maß aller Dinge, dann war Morgenstern der Zweite“, erinnert sich der seit zehn Jahren in diesem Amt befindliche Trainer. Danach habe sich dieser Wert zwischen 70 und 72 cm eingependelt. „Und jetzt kommt da einer daher - da muss man echt schauen, dass die Decke nicht zu niedrig ist, denn wir sind ja immer in den gleichen Stationen und Hotels“, scherzte Pointner.

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