„Dominanteste Leistung seit Jahren“
Viktor Szilagyi ist ein Mann klarer, nüchterner Worte. Der in seiner Deutlichkeit sensationelle EM-Auftaktsieg Österreichs über Tschechien entlockte aber auch dem ÖHB-Kapitän einige Superlative. „Man kann sagen, dass es unsere dominanteste Leistung seit Jahren war“, meinte der 35-Jährige, der am Sonntag beim 30:20 in Herning mit einem starken Auftritt und sechs Toren einer der Väter des rot-weiß-roten Erfolges war.
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„Eine große Leistung, zu der jeder Einzelne etwas beigetragen hat“, sah auch Österreichs isländischer Teamchef Patrekur Johannesson, der nur von seiner kahlgeschorenen Schädelplatte an einem 360-Grad-Grinsen gehindert wurde. In den Katakomben der Jyske Bank Boxen in Herning, die beim Österreich-Spiel von 10.000, später beim Dänemark-Match von 14.000 Zuschauern in einen Hexenkessel verwandelt wurde, ließ der sympathische Zwei-Meter-Hüne seinen Gefühlen freien Lauf.

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Patrekur Johannesson hat mit dem ÖHB-Team in Dänemark noch Großes vor
„Jeder war bereit, für den Nächsten zu arbeiten“, lobte Johannesson seine Spieler, nachdem er sie mehrfach an sich gedrückt hatte. „Jeder nimmt sein Ego zurück und gibt alles für das Team.“ Würde der ÖHB-Cheftrainer selbst sein Ego etwas mehr in den Vordergrund stellen, hätte er auch vermerken können, dass er und Assistent Erwin Gierlinger die Österreicher perfekt auf Tschechien und seine Schlüsselspieler Filip Jicha und Pavel Horak eingestellt hatten. Auf jede erdenkliche Variante des Gegners fand man so die passenden Antworten.
„Wenn man uns unterschätzt ...“
„Wir haben zehn Spiele der Tschechen analysiert - 160 Szenen pro Spiel. Wir wussten genau, was sie spielen“, war Johannesson zu entlocken. „Taktisch ist alles aufgegangen, was wir uns vorgenommen hatten. Jetzt haben wir nur das nächste Spiel im Blick“, so der Isländer. Vom zum Greifen nahen Einzug in die Hauptrunde wolle man noch nichts wissen. „Die Spieler kapieren das, wir wollen uns gegen Dänemark gut präsentieren“, ist Johannesson schon auf das Duell mit dem Gastgeber am Dienstag (20.15 Uhr, live in ORF Sport +) fokussiert.
Für Rechtsaußen Robert Weber, mit sieben Treffern der erfolgreichste ÖHB-Torschütze gegen die Tschechen, ist klar: „Auch für Dänemark gilt: Wenn man uns unterschätzt, ist alles möglich. Aber spätestens jetzt sollten alle Mannschaften vor uns gewarnt sein.“ Die Tiefe im Kader, die Johannesson mit vermehrten Einsätzen junger Spieler wie Maximilian Hermann und Dominik Schmid herbeiführte, dazu der gute Teamgeist und ein großartiger Torhüter Nikola Marinovic waren auch für Magdeburg-Legionär Weber die ausschlaggebenden Erfolgsfaktoren zum EM-Start.
In der Tiefe liegt die Kraft
Der langjährige Einserflügel auf der linken Seite, Konrad Wilczynksi, der gegen Tschechien wieder die Joker-Rolle hinter Youngster Raul Santos ausfüllte, berichtete über ein großes Kompliment der dänischen Trainerlegende Ulrich Wilbeck. „Er hat schon vor dem Spiel gegen Tschechien gesagt, dass wir in dieser Gruppe sicher weiterkommen werden.“ Dass alle Spieler ihre Aufgabe im Team bedingungslos erfüllen, ist für Balingen-Legionär und Rückraum Roland Schlinger ebenfalls der Schlüssel zum anhaltenden Aufwärtstrend im österreichischen Handball.

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Als geschlossene Einheit kam die ÖHB-Auswahl zum ersten Triumph in Herning
„Junge Spieler kommen ins Spiel und wissen genau, was zu tun ist“, verwies der sechsfache Torschütze gegen Tschechien auf Phasen, als er, Szilagyi und Vitas Ziura kurze Auszeiten brauchten. „Das hat uns vorher gefehlt, Patti (Johannesson, Anm.) hat das forciert“, fügte Schlinger hinzu. „Wir können nur als Mannschaft bestehen“, ergänzte Szilagyi, den sein verletzter Knöchel weiter schmerzte, aber nicht an einer Galavorstellung im Aufbauzentrum hinderte. „Ich hätte nicht geglaubt, dass das möglich ist“, meinte er nach dem Kantersieg.
„Die Tordifferenz könnte in dieser Gruppe wichtig werden“, so Szilagyi. „Jetzt haben wir Vorteile gegenüber Tschechien. Wir haben es selbst in der Hand.“ Die Tür in die Hauptrunde ist für den gewohnt zurückhaltenden Szilagyi jedenfalls „offener als vorher“. Für den „Hexer“ im Tor der Österreicher, Nikola Marinovic, war es ein großer Schritt. „Ich hoffe, dass die Deckung in jedem Spiel so steht“, gab der überragende Goalie das Lob an seine Vorderleute weiter. Für das Duell mit Dänemark fordert Marinovic: „Genießen! Wir haben nichts zu verlieren.“
Harald Hofstetter, ORF.at aus Herning
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