Perfekter Start reicht nicht für Sensation
Das nach jahrelanger Bauphase endlich fertiggestellte Wörthersee Stadion in Klagenfurt war schön herausgeputzt. 22.000 Zuschauer hatten sich eingefunden, um Österreichs Nationalteam im ersten von sieben Länderspielen 2014 zu beobachten. Und eine Stunde lang hatte es so ausgesehen, als ob gegen den WM-Vierten und Weltranglistensiebenten Uruguay eine echte Sensation möglich wäre.
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Am Ende reichte ein frühes Tor durch Marc Janko (14.) deshalb nicht zum Sieg, weil die Mannschaft von ÖFB-Cheftrainer Marcel Koller nach einer sehr guten ersten Spielhälfte viel zu stark nachließ. Der Ausgleich durch Alvaro Pereira (66.) zum 1:1 markierte gleichzeitig den Endstand in einer Partie mit zwei völlig verschiedenen Gesichtern. Die zeigten dabei auch die Österreicher, die vor dem Start der EM-Qualifikation im Herbst noch zwei Tests absolvieren - am 30. Mai in Innsbruck gegen Island und am 3. Juni in Olmütz gegen Tschechien.
Mit „Bullen“-Power von Beginn an
Koller hatte vor dem Auftakt zu seinem dritten vollen Jahr mit dem ÖFB-Team für Überraschungen in der Startelf gesorgt. So begann in der Innenverteidigung Martin Hinteregger (Salzburg) und nicht wie erwartet Sebastian Prödl (Bremen). Als zweiter „Sechser“ neben David Alaba (Bayern München) wurde Christoph Leitgeb (Salzburg) in den Test geschickt, während Veli Kavlak (Besiktas Istanbul) auf der Bank Platz nahm. Den linken Verteidiger gab diesmal Markus Suttner (Austria) statt Christian Fuchs (Schalke).

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Dragovic, Leitgeb (r.) und Co. hielten Suarez vor der Pause vom Strafraum fern
Zwei mit Selbstvertrauen vollgepumpte Red-Bull-Kicker sollten den Schwung aus der Europa League also direkt ins Team transportieren. Und wirklich war Leitgeb in den ersten Minuten gleich einer der rot-weiß-roten Aktivposten. Die Österreicher erwischten den besseren, weil spritzigeren und spielfreudigeren Start als die „Celeste“. Zlatko Junuzovic (Bremen) schloss eine schöne Kombination mit dem ersten gefährlichen Schuss der Partie (5.) knapp über das Tor ab. Auch Marko Arnautovic (Stoke/links) und Martin Harnik (Stuttgart/rechts) machten in Kollers 4-2-3-1-System über die Seiten einigen Druck.
Trabzon-Reservist Janko eiskalt
Und noch bevor Uruguays Superstars Luis Suarez (Liverpool) sowie Diego Forlan (Osaka) auch nur einmal in den Strafraum von ÖFB-Goalie Robert Almer (Cottbus) eindrangen, schlugen die beherzt auftretenden Österreicher schon eiskalt zu. Harnik brachte den Ball an die Strafraumgrenze, Junuzovic leitete elegant und direkt zu Marc Janko weiter. Die ÖFB-Solospitze zog aus etwa elf Metern Entfernung sofort mit links ab und vollendete flach zum 1:0 (14.) in die rechte Ecke. Für den bei Trabzonspor sportlich leidgeprüften Janko war sein 17. Tor im Nationalteam ein weiterer Befreiungsschlag.

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Wie schon gegen die USA durfte sich Janko zu einem Tor gratulieren lassen
Schon beim 1:0 über die USA im November hatte der lange Stürmer getroffen. Keine zwei Minuten nach Jankos Führungstor hätte Hinteregger per Kopf beinahe das 2:0 erzielt, fand nach einem Eckball von Alaba aber in Uruguays Keeper Fernando Muslera (Galatasaray) seinen Meister. Dann trat Alaba (18.) als grandioser Freistoßschütze in Aktion. Einzig einer Glanzparade von Muslera hatten es die „Urus“ zu verdanken, dass der Ball an der Querlatte und nicht im Netz landete. Arnautovic setzte den Nachschuss aus spitzem Winkel knapp vorbei. Zu diesem Zeitpunkt war mit Florian Klein statt des verletzten György Garics schon ein dritter Salzburger auf dem Spielfeld.
Viele Torszenen, kaum Stimmung
Ebenfalls von der Latte prallte fünf Minuten später auf der anderen Seite ein herrlicher 30-Meter-Freistoß von Suarez zurück - allerdings ohne dass Almer dabei seine Fingerspitzen im Spiel hatte. Kurios nach einer halben Stunde die unfreiwillige Rettungstat des unmittelbar zuvor eingewechselten Jose Gimenez. Nach einem Freistoß von Forlan, den Suarez per Kopf in Richtung ÖFB-Tor verlängerte, „klärte“ Gimenez vor der Linie. Almer wäre geschlagen gewesen. Erst danach kehrte in der tempo- und abwechslungsreichen Partie eine erste ruhigere Phase ein.
Kurz vor der Pause kamen die läuferisch starken und insgesamt aggressiver agierenden Österreicher dann noch zu zwei guten Gelegenheiten. Harnik (39.) schoss rechts vorbei. Bei einem auf das lange Kreuzeck angetragenen Heber von Alaba (44.) von rechts war der sehr aufmerksame Muslera erneut auf dem Posten. Verdient war die Führung für die ÖFB-Elf zur Halbzeit allemal. Die eher unterkühlte Atmosphäre im Klagenfurter Stadion konnte mit der inspirierten Darbietung der Hausherren allerdings nicht mithalten. Nach dem Seitenwechsel ging es zunächst dennoch ermutigend weiter.
Nachlässigkeiten hart bestraft
Für den überzeugenden Harnik kam Andreas Ivanschitz (Levante) ins Spiel. Mit den zaghaften Angriffsversuchen der Südamerikaner hatte die von Aleksandar Dragovic und Hinteregger souverän zusammengehaltene ÖFB-Defensive weiter keine Probleme. Im Gegenteil: Der von Koller eingewechselte Heinz Lindner (Austria) hatte im Tor vorerst ebenso wenig zu tun wie zuvor Almer. Immer wieder rannten sich Suarez, Forlan und Co. in der Viererkette fest. Nach vorne lief nun zwar nicht gerade viel, aber Alaba und Junuzovic hatten das Geschehen weitgehend im Griff.
Den aufkommenden Frust aufseiten der Gäste erkannte man an einigen rustikalen Attacken. Spielerisch hatte der Geheimfavorit für die kommende WM in Brasilien herzlich wenig zu bieten. Im Gegensatz zur ersten Hälfte ließen die Österreicher den Gegner dann allerdings ohne Pressing über die Mittellinie kommen. Auch über die Außenbahnen kam in der Offensive nur wenig. Daher erhöhte sich zwangsläufig der Druck der Uruguayer. Als Suarez (65.) plötzlich alleine auf Lindner zulief, bewahrte der ÖFB-Keeper sein Team noch vor dem Ausgleich.
Unsicherheit und Hektik im Finish
Nur eine Minute später war es aber passiert. Nach einer Verkettung von Stellungsfehlern und Nachlässigkeiten in der österreichischen Hintermannschaft drückte Alvaro Pereira (San Pablo/BRA) den Ball in der 66. Minute zum 1:1 über die Torlinie. Man fühlte sich an das WM-Qualimatch in Schweden erinnert, als das ÖFB-Team nach einer starken ersten Spielhälfte immer passiver und fehlerhafter wurde. Als Suarez (75.) einen Freistoß auf die rechte Kreuzecke zirkelte, fehlte nicht viel. Von Ivanschitz war in der Offensive nichts zu sehen. Der 20 Minuten vor Schluss eingewechselte Lukas Hinterseer hing in der Luft.
Die allgemeine Verunsicherung im Spiel der Österreicher zog sich bis in die letzten zehn Minuten, als beide Trainer die letzten von insgesamt jeweils sechs Spielerwechseln vornahmen und längst jeder Spielfluss verloren gegangen war. Auch Uruguay schien nun mit dem Remis zufrieden zu sein. Als der deutsche Unparteiische Deniz Aytekin abpfiff, war niemandem im Stadion zum Jubeln zumute. Was das Ergebnis betrifft, war der Start ins Länderspieljahr 2014 dennoch in Ordnung.
Harald Hofstetter, ORF.at aus Klagenfurt
Testspiel
Mittwoch:
Österreich - Uruguay 1:1 (1:0)
Klagenfurt, Wörthersee-Stadion, 22.000, SR Deniz Aytekin (GER)
Tore:
1:0 (14.) Janko
1:1 (66.) A. Pereira
Österreich: Almer (46./Lindner) - Garics (17./Klein), Dragovic, Hinteregger, Suttner - Leitgeb (71./Kavlak), Alaba - Harnik (46./Ivanschitz), Junuzovic (68./Hinterseer), Arnautovic (81./Sabitzer) - Janko
Uruguay: Muslera - M. Pereira (63./Lodeiro), Lugano (29./Gimenez), Godin, Fucile - Stuani, Perez (46./Gargano), Rios (82./Gonzalez), Rodriguez (63./A. Pereira)- Forlan (46./Ramirez), Suarez
Gelbe Karten: Ivanschitz, Suttner, Hinterseer bzw. Rodriguez, Fucile
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