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Auf den Spuren von Pasching und Co.

Mit St. Pölten greift am Sonntag (16.30 Uhr, live in ORF eins) im ÖFB-Cup ein Zweitligist nach den Sternen. Sollte sich der krasse Außenseiter im Finale in Klagenfurt gegen Bundesliga-Meister Red Bull Salzburg durchsetzen, wäre das freilich nicht das erste Kunststück eines unterklassigen Vereins. Im ORF.at-Überblick die größten Sensationen aus 78 Auflagen.

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Für die erste Überraschung sorgte Schwarz-Rot Wien, eine abgespaltene Fußballsektion des WAC, 1938. Im nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland vorerst letzten ÖFB-Cup-Finale setzte sich der Wiener-Liga-Verein vor 8.000 Zuschauern im Prateroval mit 1:0 über den haushohen Favoriten Wiener Sport-Club durch. Das entscheidende Tor gelang Zauner, der den Ball nach einem Fehler von Sport-Club-Schlussmann Klimosch in der 15. Minute über die Linie drückte. „Es war ein überaus populärer, wenn auch kein sonderlich eindrucksvoller Sieg“, berichtete das Wiener „Sport-Tagblatt“ tags darauf.

Screenshot aus der Reichspost vom 27. Mai 1938 zeigt ein Foto der Pokalübergabe an den Wiener AC

Österreichische Nationalbibliothek

1938 nahm mit Schwarz-Rot Wien erstmals ein Zweitligist auf dem Cupthron Platz

„Der Wettbewerb, der heuer durch eine nahezu lückenlose Kette an Sensationsergebnissen gekennzeichnet war, endete so, wie er begann: abermals blieb die als chancenreicher gewertete Mannschaft, die der Dornbacher, geschlagen“, bilanzierte die Zeitung. Wenig überraschend gehörte auch schon damals das Herz der Fans dem Underdog: „Die Zuschauer hielten es eben wieder einmal mit den anscheinend Schwächeren, feuerten die Leute von Schwarz-Rot an, wogegen sie für die Dornbacher nicht viel übrig hatten.“ Der Favorit trug dazu offenbar auch das Seine bei. „Die Hauptschuld an der Niederlage trägt die Sportclubstürmerreihe, die sich vor der Pause nicht gerade besonders anstrengte“, mokierte das „Reichsblatt“.

Krems zwingt Innsbrucker Startruppe in die Knie

Die österreichischen Fußballfans mussten sich nach Wiedereinführung des Bewerbs 1946 lange gedulden, bis wieder eine zweitklassige Mannschaft dem Slogan „Der Cup hat seine eigenen Gesetze“ alle Ehre machen sollte. Zwar konnte der LASK mit dem Double 1964 erstmals die Wiener Dominanz in beiden Bewerben durchbrechen, ein Zweitligist sollte aber erst wieder 1988 im ÖFB-Cup ganz oben stehen. Mit Siegen u. a. über die beiden damaligen Oberhaus-Clubs Wiener Sport-Club und VfB Mödling hatte sich Erstdivisionär Krems bis ins Endspiel vorgekämpft und traf dort in einem Hin- und Rückspiel auf die Innsbrucker Startruppe von Ernst Happel.

Trotz hochkarätiger Spieler wie des Deutschen Hansi Müller, Bruno Pezzey, Manfred Linzmaier, Alfred Hörtnagl und Peter Pacult hatte der FC Swarovski Tirol in der Liga als Fünfter seine Europacup-Chancen verspielt. Mit dem Titel im Cup sollte diese Scharte zumindest einigermaßen wieder ausgebessert werden. Die Startruppe hatte die Rechnung allerdings ohne die Kremser Auswahl von Ernst Weber gemacht, die die Innsbrucker angetrieben von 9.000 Zuschauern mit einem 2:0 nach Hause schickten. Ronald Otto (22.) und Thomas Janeschitz (70.) hatten die Tore für die Niederösterreicher erzielt.

Im Rückspiel wollten die Tiroler angeführt von Regisseur Müller, der nach einem Disput mit Happel in Krems noch gefehlt hatte, die Verhältnisse wiederherstellen. Nach 13 Minuten schlug aber bereits Krems in Person von Erwin Wolf zu und sorgte dafür, dass Innsbruck nun bereits vier Treffer für den Sieg benötigte. Selbst der Sturmlauf mit Toren von Robert Wazinger (46.), Andreas Spielmann (80.) und Rupert Marko (90.) war da zu wenig. Krems hatte sich als erster Zweitligist nach dem Zweiten Weltkrieg zum Cupsieger gekürt und durfte den ÖFB international vertreten. Dort war mit einem 0:5 beim DDR-Pokalsieger FC Carl Zeiss Jena und einem 1:0-Heimsieg in der ersten Runde Endstation.

Stockerau verhindert ersten Krankl-Titel

Nur drei Jahre später sorgte dann erneut ein vermeintlicher Fußballzwerg für die nächste Sensation. Trainer Willy Kreuz hatte Stockerau bis ins Endspiel geführt und traf mit seiner Truppe dort Ende Mai 1991 im Duell David gegen Goliath auf Rapid. Die in der Liga viertplatzierten Grün-Weißen standen gehörig unter Erfolgsdruck, wollten sie doch unbedingt im Europacup dabei sein und Hans Krankl seinen ersten Titel als Trainer einfahren. Daraus wurde allerdings nichts, und Stockerau setzte sich vor 12.000 Zuschauern im Praterstadion verdient mit 2:1 durch. Michael Wenzel (30.) und Peter Pospisil (52.) drehten die Partie zugunsten des Außenseiters. Stefan Reiter hatte Rapid bereits in der achten Minute in Führung gebracht.

Jubel von Stockerau mit Pokal

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Willy Kreuz ließ Rapid mit Stockerau im Cup 1991 alt ausschauen

„Das Unglaubliche ist geschehen, unsere Niederlage war gerecht,“ sagte Krankl, der mit Rapid auch im Jahr davor im Endspiel gestanden und der Austria nach Verlängerung 1:3 unterlegen war. „Das ist der enttäuschendste Moment, seit ich bei Rapid Trainer bin. Wenigstens hat mit Kreuz ein Freund von mir gewonnen.“ Stockerau wurde dank des Erfolgs mit einer Europacup-Reise belohnt und schlug sich auch dort überraschend gut. Gegen Tottenham Hotspur konnten beide Duelle lange offengehalten werden. Letztlich musste man sich Gary Lineker und Co. jeweils mit 0:1 nur knapp geschlagen geben.

Schachner führt Kärnten zum „Minidouble“

Zehn Jahre später sollte dann das Jahr des FC Kärnten werden. Walter Schachner führte den Club nach zwölfjähriger Absenz nicht nur wieder zurück in die Bundesliga, sondern durch ein 2:1 nach Verlängerung gegen Meister FC Tirol Innsbruck auch zum Triumph im ÖFB-Cup. Den Siegtreffer vor 7.000 Zuschauern im Ernst-Happel-Stadion erzielte der erst 18-jährige Mario Steiner in der 113. Minute der Nachspielzeit. Während Schachner damit den ersten nationalen Titel an den Wörthersee holte, verpasste Tirol-Trainer Kurt Jara sein Ziel, das vierte Double für Tirol und das erste seit der Happel-Ära (1989) zu holen.

Jubel von FC Kärnten mit Pokal

GEPA/Johannes Kernmayer

Walter Schachner gelang 2001 mit dem FC Kärnten das „Minidouble“

„Unglaublich, ich werde noch einzige Zeit brauchen, bis ich das alles realisiere“, sagte Schachner, dem fast die Worte fehlten. International verliefen die Auftritte der Kärntner indes dann nicht ganz nach Wunsch. Hielt man die rot-weiß-roten Farben im Heimspiel mit einem ehrenvollen 0:0 gegen PAOK Saloniki noch hoch, zeigten die Griechen den Kärntnern im Rückspiel vor heimischem Publikum die Grenzen auf und fertigten die Schachner-Mannschaft mit 4:0 ab.

Pasching zerstört Austrias Double-Träume

Die bisher letzte und größte Überraschung in der 94-jährigen Cupgeschichte gelang im Vorjahr Regionalligist FC Pasching, der sich als Riesentöter präsentierte und nach Siegen gegen die drei Bundesliga-Topvereine Rapid (Viertelfinale), Salzburg (Halbfinale) und im Finale gegen den frischgebackenen Meister Austria zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte den Pokal in die Höhe stemmen durfte. Daniel Sobkova machte den nicht unverdienten Coup des Underdogs, der damit auch die Double-Träume der „Veilchen“ zunichte machte, in Minute 47 vollkommen.

Jubel von Pasching mit Pokal

GEPA/Philipp Brem

Im Vorjahr düpierte Regionalligist Pasching gleich drei Bundesliga-Topvereine

Das Abenteuer Europacup war für den Drittligisten - wenn auch nach einer beachtlichen Leistung - bereits nach dem Play-off vorbei. Nach einem 0:2 bei Estoril ging auch das Rückspiel im Linzer Stadion gegen die Portugiesen mit 1:2 verloren. Im ÖFB-Cup setzte der Drittligist indes seinen Erfolgslauf u. a. mit einem Sieg über Wacker Innsbruck auch in dieser Saison fort. Das Aus kam für die Paschinger dann aber im Achtelfinale gegen den WAC. Beinahe hätte sich auch der fünfte Bundesligist dem Titelverteidiger geschlagen geben müssen, die Kärntner schafften allerdings in der Verlängerung mit zwei Toren zum 4:2-Sieg noch den Aufstieg.

Wolfgang Rieder, ORF.at

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