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„Ich werde meine Karriere beenden“

Thomas Morgenstern hat bei einem Pressetermin Ende September im Hangar 7 seinen Abschied vom aktiven Sport verkündet - im Alter von 27 Jahren. „Ich werde meine sportliche Laufbahn beenden“, erklärte Morgenstern. „Ich habe alles darangesetzt, wieder mein Selbstvertrauen zu finden und dorthin zurückzukommen, wo ich einmal war. Das ist mir nicht gelungen.“

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Über die Entscheidungsfindung sagte der Kärntner: „Ich musste keine Entscheidung treffen, sie hat sich im Sommer einfach ergeben. Es war ein logischer Schritt für mich. Ich mache nun den Sprung in ein neues Leben. Ich freue mich darauf und bin schon gespannt, was auf mich zukommt.“ Möglichkeiten gibt es laut Morgenstern einige. Was es wird, darüber habe er noch nicht entschieden, weil bisher das Skispringen im Mittelpunkt gestanden und für diesbezügliche Überlegungen keine Zeit gewesen sei.

Thomas Morgenstern

APA/Franz Neumayr

Morgenstern wirkte erleichtert

Der Abschied des begeisterten Berufspiloten, der sich zugleich bei seinen Wegbegleitern („Vor allem bei der Mama“) herzlich bedankte, ist auch ein herber Verlust für den Österreichischen Skiverband (ÖSV), hat er in seiner Karriere doch alles gewonnen, was im Skisprungzirkus zu gewinnen war: vier olympische Medaillen, drei davon in Gold, elf WM-Medaillen, fünf Podestplätze bei der Skiflug-WM - und zudem die Vierschanzentournee. Ein Fanal für Morgensterns Karriereende waren die schweren Stürze in der vergangenen Saison, seither kämpfte er mit Motivationsproblemen, wie er am Freitag wieder bestätigte.

Kuttin: „Es ist in der Luft gelegen“

Morgenstern konnte sich auf dem Schanzentisch einfach nicht mehr überwinden. Die Gedanken an die Stürze waren allgegenwärtig. Zuletzt brach er sogar einen Trainingskurs in Innsbruck ab und bat den neuen ÖSV-Cheftrainer Heinz Kuttin um eine Auszeit. Immer noch fühle er sich bei Schlechtwetter und auf Großschanzen nicht wohl, begründete Morgenstern. Bei seinen Fans läuteten spätestens zu diesem Zeitpunkt die Alarmglocken - das Karriereende wurde konkreter. Für Morgenstern war die Entscheidung zu diesem Zeitpunkt schon gefallen.

Sanitäter betreuen Thomas Morgenstern (AUT) nach seinem Sturz

APA/Erwin Scheriau

Nach Titisee verunglückte Morgenstern in der Vorsaison auch auf dem Kulm

Kuttin hatte den Entschluss des hinter dem Salzburger Felix Gottwald zweiterfolgreichsten österreichischen Olympiasportlers im Laufe des Trainingscamps erfahren, zuvor aber schon geahnt. „Es ist in der Luft gelegen.“ ÖSV-Sportdirektor Ernst Vettori gab den von Morgenstern an alle in seinem Umkreis Beteiligten ausgesprochenen Dank gerne zurück. „Es war eine enorm tolle Zeit mit ihm. Er hat der Mannschaft einen positiven Stempel aufgedrückt.“

Horrorstürze als Anfang vom Ende

Den Anfang vom Schlussstrich hatte der schwere Sturz im Dezember in Titisee (GER) nur einen Tag nach seinem 23. Weltcup-Sieg gesetzt. Im zweiten Bewerb auf der deutschen Schanze setzte er bei 141 Metern auf, als sich die Skibindung öffnete - Morgenstern stürzte spektakulär, überschlug sich mehrmals. „Alle Lichter sind ausgegangen“, erzählte Morgenstern im Spital wenige Stunden später. Mit Prellungen und Blutergüssen war er noch verhältnismäßig glimpflich davongekommen.

Einen Monat später erwischte es Morgenstern in der Olympiasaison erneut und diesmal schwerer - diesmal beim Training für den Skiflug-Weltcup auf dem Kulm bei Bad Mitterndorf: Morgenstern verdrehte sich im zweiten Flug, schlug mit Rücken und Kopf auf und verlor danach das Bewusstsein. Diagnose: schwere Verletzungen an Kopf und Lunge - „ein durchaus kritischer Zustand“, konstatierte Josef Obrist, Primar des Unfallkrankenhauses Salzburg.

Erste Gedanken an den Abschied

Der Weg zurück war dann noch steiniger als befürchtet. Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi, bei denen er später ein überraschendes Comeback geben und sogar die Silbermedaille mit dem Team erobern sollte, hatte sich Morgenstern ein Karriereende als Option offen gehalten: „Ich muss selbst überzeugt sein, dass ich das in der Art und Weise wie bis jetzt überhaupt noch machen kann.“

Auch Monate später - nach den ersten Trainingssprüngen in diesem Juli in Villach - war Morgenstern mit seinem Sprunggefühl nur mäßig zufrieden: „Vor dem ersten Sprung war ich ziemlich angespannt. Danach ist es etwas besser geworden, das System hat schon recht gut funktioniert. Viel Spaß war jetzt noch nicht dabei, aber davon bin ich auch nicht ausgegangen. Der nächste Schritt in Richtung Fortsetzung der Karriere ist getan, und weitere werden bald folgen“, hatte sich der 27-Jährige dennoch zuversichtlich gegeben.

An eine Teilnahme an Bewerben in der laufenden Saisonvorbereitung war für Morgenstern jedoch nicht zu denken. Er ließ die Sommer-Grand-Prix-Stationen aus. Im polnischen Wisla war er nur im Publikum vertreten: „Für mich ist der Weg bis zum Winter noch ein breiter, und deshalb habe ich im Moment noch nichts verloren auf großen Schanzen wie hier in Wisla. Ich möchte mich step by step herantrainieren“, hatte Morgenstern erklärt. Seit Freitag ist damit Schluss.

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