Trauer um Fußballlegenden
Mit Alfredo di Stefano und Eusebio sind 2014 gleich zwei Fußballlegenden gestorben. Der gebürtige Argentinier Alfredo Di Stefano, der später auch die spanische Staatsangehörigkeit annahm, wurde 88 Jahre alt und war der unumstrittene Chef des legendären Teams von Real Madrid. Im Nachbarland Portugal trauerte man bereits zu Jahresbeginn um Eusebio, der im Alter von 71 Jahren starb.
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„Ich bedauere seinen Tod zutiefst. Ich hatte ihn gegen Ende meiner aktiven Zeit als Trainer und kannte ihn gut“, sagte Spaniens Nationaltrainer Vicente del Bosque zum Ableben Di Stefanos. Iker Casillas, Kapitän von Real und langjähriger Tormann des spanischen Nationalteams, schrieb etwa: „Ruhe in Frieden, Don Alfredo. Er war der Größte, eine Legende der Real-Anhänger und immer auf unserer Seite. Ich werde Sie immer in Erinnerung behalten, Maestro.“ Die spanische Zeitung „Marca“ (Onlineausgabe) titelte: „Goodbye an den Größten aller Zeiten.“
Der Ehrenpräsident des spanischen Clubs Real Madrid hatte zwei Tage vor seinem Tod beim Verlassen eines Restaurants einen 18-minütigen Herz- und Atemstillstand erlitten. Notärzten gelang es, ihn wiederzubeleben. Im Krankenhaus wurde er in ein künstliches Koma versetzt. Sein Zustand galt als stabil, aber ernst. Di Stefano hatte bereits 2005 einen schweren Herzinfarkt erlitten. Seither trug er einen Herzschrittmacher und hatte einen vierfachen Bypass.

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Drei Tage nach seinem 88. Geburtstag starb Di Stefano
„Adieu Maestro“
„Der Vereinspräsident von Real Madrid, Florentino Perez, und der Vorstand möchten den Kindern, den Angehörigen und den Freunden des Verstorbenen ihr tiefstes Beileid aussprechen. Die Beileidsbekundung richtet sich auch an die Real-Anhänger in der gesamten Welt, die den Verlust des besten Spielers aller Zeiten betrauern“, hieß es in der Mitteilung von Real Madrid.
Aus Brasilien twitterte die argentinische WM-Auswahl: „Adieu Maestro Alfredo Di Stefano. Die argentinische Nationalelf und der gesamte Weltfußball nehmen Abschied von ihm mit Ehren und Dankbarkeit.“ Di Stefano gilt neben Pele, Franz Beckenbauer und Maradona als einer der größten Fußballer aller Zeiten.
Fußball nahezu in Vollendung
„Fußball ohne Tore ist wie ein Tag ohne Sonne“ war einer seiner Leitsprüche. Und Di Stefano spielte nahezu in Vollendung. Er war der größte Fußballstar der 1950er Jahre, begründete als unumstrittener Chef von Real Madrid den bis heute andauernden Mythos des „weißen Balletts“. „Im Fußball verleiht Dir nur die Schnelligkeit eine höhere Dimension“, sagte Di Stefano. Und er war so schnell, dass ihm der Spitzname „La Saeta Rubia“ (Der blonde Pfeil) verpasst wurde.

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Mehr als 400 Tore erzielte Di Stefano in 600 Spielen für das „weiße Ballett“
Mit seiner spielerischen Eleganz wurde er zum Synonym für Reals „weißes Ballett“, das Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre den europäischen Fußball dominierte und fünfmal in Serie den Europapokal der Landesmeister gewann. Er spielte nominell als Mittelstürmer, aber er zog auch die Fäden im Mittelfeld. Di Stefano war auch die Hauptfigur im legendären Europacup-Finale von 1960, das Madrid 7:3 gegen Eintracht Frankfurt gewann. Er erzielte in dieser Partie drei Treffer. Auch bei den anderen vier Siegen Reals traf er ins Tor.
Karrierestart bei River Plate
Di Stefanos Karriere begann 1943 bei River Plate in Buenos Aires. Über Bogota in Kolumbien gelangte er nach Spanien. Sein Wechsel wurde zu einem Politikum. Die Erzrivalen Real und FC Barcelona lieferten sich ein erbittertes Tauziehen um den Ausnahmefußballer. Barca war zunächst schneller. Di Stefano trainierte bereits mit den Katalanen, da machte doch noch Real das Rennen. Die Barca-Fans meinen heute noch, dass die Franco-Diktatur damals ihre Finger im Spiel hatte.
1957 und 1959 wurde Di Stefano als Europas Fußballer des Jahres ausgezeichnet und belegte bei der FIFA-Wahl zum Weltfußballer des Jahrhunderts hinter Pele, Johan Cruyff und Beckenbauer den vierten Platz, noch vor Maradona und Eusebio. Doch als einziger Großer des Weltfußballs nahm Di Stefano, der Länderspiele für Argentinien, Kolumbien und Spanien bestritt, nie an einer WM teil. 1958 verpasste Spanien die Qualifikation, 1962 war der Star verletzt.
„Don Alfredo“ gewann insgesamt 14 nationale Meisterschaften und wurde zehnmal in verschiedenen Ligen und Wettbewerben Torschützenkönig. Er schoss in mehr als 600 Spielen für Real über 400 Tore und wurde mit den „Königlichen“ zwischen 1954 und 1964 achtmal spanischer Meister. Für Spanien schoss er in 31 Länderspielen 23 Tore. Zu Di Stefanos Abschiedsspiel 1967 kamen 130.000 Fans ins Bernabeu-Stadion. Im Jahr 2000 wurde er bei Real zum Ehrenpräsidenten ernannt und 2008 auch von der UEFA.
„Fußball hat mir alles gegeben“
„Der Fußball hat mir alles gegeben. Ich habe ihn immer als Mannschaftsspiel verstanden und deutlich gemacht, dass ich nicht vergöttert werden will, sondern spielen“, sagte Di Stefano. Als in Madrid eine Bronzestatue von ihm enthüllt wurde, meinte er mit Blick auf die anderen Real-Veteranen: „Sie beschämt mich. Wenn ich könnte, würde ich die Ehrung in Teile schneiden und unter ihnen verteilen.“
Als Trainer feierte er einige Erfolge, wurde mit Boca Juniors und River Plate argentinischer Meister, holte mit dem FC Valencia 1971 den Titel in Spanien und gewann 1980 den Europacup der Pokalsieger. Aber er erlebte auch bittere Reinfälle. Sein autoritärer Stil kam bei den Spielern häufig nicht gut an. Auf seiner ersten Trainerstation beim FC Elche erlitt er kläglich Schiffbruch. Bei Sporting Lissabon wurde er nach nur 40 Tagen entlassen.
Eusebio erliegt Herzstillstand
Eusebio, der mehrfache Träger des Goldenen Schuhs, Europacup-Sieger mit Benfica Lissabon und WM-Dritter des Jahres 1966, ist in der Nacht auf 5. Jänner im 72. Lebensjahr nach einem Herzstillstand gestorben.
Der aus Mosambik stammende Torjäger hatte Mitte der 1960er Jahre seine große Zeit. Im Jahr 1965 zu „Europas Fußballer des Jahres“ gewählt, sorgte er 1966 bei der Weltmeisterschaft in England für Furore. Im Viertelfinale war Portugal gegen Nordkorea bereits 0:3 zurückgelegen, ehe Eusebio seine Mannschaft mit vier Toren ins Semifinale schoss. Portugal wurde WM-Dritter, Eusebio mit insgesamt neun Treffern Torschützenkönig.
Bis zuletzt versicherte Eusebio, bei der 1:2-Niederlage im Halbfinale gegen den Gastgeber und späteren Weltmeister England sei es nicht mit rechten Dingen zugegangen. „Unser Verband hat damals das Spiel verkauft.“ Eusebio ging damals unter Tränen vom Platz. Grund zum Weinen hatte er in seiner Karriere aber sonst kaum.
Zahlreiche Titel
In 15 Jahren bei Benfica gewann er elf Meistertitel, fünfmal den Cup und einmal auch den Europacup der Meister. Im Finale 1962 in Amsterdam gegen das damals fast unschlagbare Team von Real Madrid schaffte Eusebio mit zwei Toren an der Seite der Sturmkollegen Mario Coluna und Jose Augusto Torres den internationalen Durchbruch.
Seine Torquote ist aufsehenerregend: Mit der Nationalelf traf der explosive Stürmer in 64 Spielen 41-mal, im Benfica-Trikot schoss er in 614 Pflichtspielen nicht weniger als 638 Tore. Siebenmal wurde er Torschützenkönig in Portugal. 1968 gewann der 1,77-Meter-Mann mit 42 Toren den erstmals vergebenen „Goldenen Schuh“ als bester Torschütze in Europas Ligen. 1973 wiederholte er mit 40 Treffern das Kunststück. 1965 wurde Eusebio außerdem zu Europas Fußballer des Jahres gewählt.
Großen finanziellen Profit schlug Eusebio aus seiner Karriere nicht. Lukrative Angebote aus Italien durfte er nicht annehmen, weil Diktator Salazar Portugals Imageträger nicht verlieren wollte und ein Verkaufsverbot aussprach. Bei Benfica bekam er ein Antrittsgeld von umgerechnet 1.200 Euro, und in seinem ersten Jahr 30 Euro pro Monat. „Die Leute in Portugal denken, ich sei reich. Ich lache mich tot“, sagte er im hohen Alter. Doch Geld war für ihn ohnehin nichts im Vergleich zu der „Freude, die ich spüre, wenn Kinder mich in Portugal oder Afrika noch heute bejubeln und umarmen“. Dies, so Eusebio, sei „unbezahlbar“.
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